Verkauf erfordert heute eine vollkommen andere Strategie als noch vor einigen Jahren. Zum einen ist der Kunde heute in der Regel vor dem Kauf viel besser informiert als früher. Er weiss über die Konkurrenz-Produkte beziehungsweise -Dienstleistungen Bescheid und ist anspruchsvoller geworden. Zum anderen ist der Zweck eines Geschäfts heutzutage weniger der schnelle Abschluss. Worauf es indes immer mehr ankommt, ist, Kunden auch langfristig zu binden.
Vollkommen kundenorientiert
Wer als Verkäufer dies erreichen und erfolgreich sein will, darf nicht mehr verkaufen. Soll heissen: Er darf nicht nur an den Abschluss denken und versuchen, den Kunden manipulativ dorthin zu lenken. Der professionelle Verkäufer von heute ist vollkommen kundenorientiert: Er stellt den Kunden und seine Wünsche und Bedürfnisse immer in den Vordergrund. So agiert er als vertrauensvoller Berater, der dem Kunden motivierend bei der Kaufentscheidung zur Seite steht. Der Schlüsselfaktor ist dabei: der Beziehungsfaktor. Denn es geht darum, das Vertrauen des Kunden zu gewinnen. Einfühlungsvermögen, Zeit für den Kunden und Respekt sind dabei entscheidend.
Wie aber kommt ein Verkäufer, der vielleicht bislang völlig anders ausgerichtet war, genau dahin? Wie gewinnt er das Vertrauen aller potenziellen Kunden, die ja jeweils gänzlich unterschiedlich sind? Viele kennen das: Mit dem einen wird man sofort «warm», man spricht quasi die gleiche Sprache. Mit anderen indes kommt man einfach nicht klar – ganz egal, mit wie viel Begeisterung und Motivation man ins Gespräch geht. In der Regel liegt das daran, dass die meisten von uns nach der goldenen Regel erzogen wurden: «Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.» Im Verkauf bedeutet das: «Verkaufe an andere so, wie du selbst kaufen würdest.» Genau hier liegt das Problem: Wir erreichen nur die Kunden, die so denken, fühlen und entscheiden wie wir. Doch Menschen sind verschieden. Bei denjenigen, die anders ticken, haben wir mit dieser Herangehensweise keine Chance.
Der Merksatz für Verkäufer muss daher anders lauten: «Behandle andere so, wie sie gerne behandelt werden möchten.» Übertragen auf den Verkauf bedeutet das: «Verkaufe so, wie der Kunde gerne kaufen möchte.» Um nach diesem Motto vorgehen zu können und zu wissen, wie der jeweilige Kunde behandelt werden will, muss der Verkäufer merken und verstehen, wie sein Gegenüber tickt. Er muss in der Lage sein, den Menschen, den er berät, zu «lesen», seine Wellenlänge herausfinden. Nur so kann er ihn richtig abholen, mit ihm auf dem Kanal kommunizieren, den er nutzt, und die richtige Beziehungschemie erzeugen.
Kunden einschätzen können
Ein Verkäufer muss also auf jeden Fall ein Menschenkenner sein. Das klingt erst mal so, als wenn nur «alte Hasen» im Vertrieb mit jahrelanger Erfahrung im Umgang mit Kunden das erfüllen könnten. Dem ist zum Glück nicht so. Denn es gibt von der Persönlichkeitspsychologie abgeleitete Modelle, die dem Verkäufer helfen, Kunden vom Verhalten her besser einschätzen zu können. Zugrunde liegt dabei ein Klassifikationssystem, das Menschen gemäss bestimmten Verhaltensmustern in Persönlichkeitstypen einordnet. Den diversen Typen werden dabei Farben zugeordnet.
So werden beispielsweise bei der Persönlichkeitsbestimmung nach «Insights MDI» Menschen in rote, blaue, gelbe und grüne Typen eingeteilt. Rote Typen sind extravertiert und dominant, blaue introvertiert und sachlich, gelbe Typen sind kreativ und kontaktfreudig, grüne gelten im Allgemeinen als einfühlsam und beständig (siehe Box «Kundentypen erkennen und richtig mit ihnen umgehen»).
Der Verkäufer kann sich an einem solchen Modell gut orientieren. Denn es zeigt nicht nur die gängigen Verhaltensweisen für die verschiedenen Persönlichkeitstypen, sondern liefert auch Hinweise, wie mit den verschiedenen Typen jeweils am besten umgegangen werden sollte, um eine gute Beziehungsebene zu erreichen. Auf jeden Fall aber muss er im Umgang mit dem Kunden sehr aufmerksam und wachsam sein: Damit er den Persönlichkeitstyp des Kunden erfassen kann, gilt es für ihn, dessen Verhalten und Körpersprache zu beobachten, aktiv zuzuhören (welche Worte nutzt der Kunde?) und auch den Tonfall der Stimme des Gegenübers sehr genau wahrzunehmen. Zudem können Rückschlüsse aus der Umgebung geschlossen werden. Bei einem wohlorganisierten Schreibtisch wird es sich beispielsweise eher um einen strukturierten blauen Typ handeln, während der Arbeitsplatz eines gelben Typs in der Regel unaufgeräumt und überladen wirkt.