Der Freihandel ist eine Erfolgsgeschichte. Nicht zuletzt für die Exportnation Schweiz. Hiesige Unternehmen, darunter viele KMU, verkaufen ihre Produkte in die ganze Welt. Der freie Zugang zu den globalen Märkten ist für diese Firmen fundamental. Zum Leidwesen der Schweiz – und weiter Teile der Weltbevölkerung – ist der Freihandel in den vergangenen Jahren zunehmend zum Spielball der Weltpolitik geworden. Liberalisierungsschritte auf multinationaler Ebene lassen auf sich warten. Dass die Schweiz vermehrt auf den Abschluss bilateraler Freihandelsabkommen wie jenes mit Indonesien setzt, hat mit dieser Blockadepolitik zu tun, und mit dem Bedürfnis der exportorientierten Wirtschaft in diesem Land.
Die Globalisierung ermöglichte es bis heute Milliarden von Menschen, der Armut und dem Elend zu entfliehen. Vom freien Handel mit Gütern und Dienstleistungen profitierten entgegen der linken Erzählung nicht nur die reichen Industrienationen, sondern im Wesentlichen auch die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das gilt auch für die Bevölkerung in Indonesien.
Aufschwung und Herausforderungen
Das südostasiatische Land hat sich von einem der ärmsten Entwicklungsländer der Welt zu einem prosperierenden Schwellenland entwickelt. Auch dank Handel. Und es gibt keine Anzeichen, dass sich dieser Wachstumstrend so schnell verlangsamen könnte. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC rechnet beispielsweise damit, dass Indonesien bereits 2050 zur viertgrössten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen sein wird.
Gemäss neusten Schätzungen zählen heute bereits 52 Millionen der rund 267 Millionen Einwohner Indonesiens zur Mittelschicht, das entspricht 20 Prozent der Bevölkerung. Vor fünfzehn Jahre waren es noch sieben Prozent. Gemäss dem jüngsten Bericht der Weltbank war es denn auch diese wachsende Bevölkerungsschicht, die hauptsächlich der Treiber für das wirtschaftliche Wachstum der vergangenen Jahre war. Indonesiens Wirtschaftsleistung pro Kopf verzehnfachte sich seit dem Ende der asiatischen Finanzkrise 1998. Die Konsumlust der wachsenden Mittelschicht hat die Nachfrage nach inländischen und ausländischen Gütern angekurbelt.
Gleichzeitig steht die Regierung Indonesiens vor grossen Herausforderungen. Die Infrastruktur des Landes gilt als veraltet. Will das Land weitere Schritte in Richtung eines entwickelten Industrielandes machen, wird es nicht darum herumkommen, in Zukunft massiv und nachhaltig in Infrastruktur wie Strassen, Stromnetze, Wasserversorgung und Ähnliches zu investieren.
Die Bevölkerung ist zudem jung – 44 Prozent sind unter 25 Jahre alt. Sie brauchen Arbeit und eine Perspektive, damit der multireligiöse Staat stabil bleibt. Bleiben die Jungen auf dem Land, nimmt der Druck auf die Natur zu. Wirtschaftswachstum dank Jobs in der Industrie, im Tourismus und im Dienstleistungssektor sind somit zwingend nötig, damit das Land die nachhaltige Entwicklung fortsetzen kann. Hier leistet die Schweiz mit dem Freihandelsabkommen einen Beitrag.
Dieses hilft aber auch der Schweiz: Die zunehmende Nachfrage der Mittelschicht eröffnet Schweizer Firmen und KMU vielversprechende Möglichkeiten. Heute exportieren Schweizer Unternehmen jährlich Güter im Wert von rund einer halben Milliarde Franken nach Indonesien. Es sind vor allem chemisch-pharmazeutische Produkte, Maschinen, Apparate, Elektronik, Uhren oder Bijouterie.
Freihandelsabkommen als Chance für Schweizer Industrie
Angesichts des riesigen Marktes und der hervorragenden Wachstumsprognosen ist das heutige Handelsvolumen noch bescheiden. Ein Hemmnis für einen grösseren Warenaustausch zwischen den zwei Ländern sind zweifelsohne die hohen Zölle auf Schweizer Industriegüter. Diese werden von Indonesien mit durchschnittlich acht Prozent Aufschlag belegt.
Hier schafft das jüngst abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Indonesien konkrete Vorteile für Schweizer Unternehmen. So sieht es beispielsweise einen Zollabbau für 98 Prozent aller Schweizer Exporte vor. Ein guter Teil dieser bestehenden Zölle würde sofort fallen, weitere über eine Zeitspanne von rund fünf bis zehn Jahren. Gemäss dem Bundesrat würden Schweizer Exporteure, gemessen an den heutigen Ausfuhren, rund 25 Millionen Franken pro Jahr sparen. Das Handelsabkommen, das zwischen den EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz sowie Indonesien im Dezember 2018 unterzeichnet wurde, ist das erste dieser Art in Europa. Die EU hat bis jetzt mit dem südostasiatischen Land kein ähnliches Vertragswerk unterzeichnet. Das Abkommen wird der Schweizer Exportwirtschaft somit einen initialen Wettbewerbsvorteil gegenüber der europäischen Konkurrenz bieten.
Sollte das Abkommen an der Urne scheitern, würden die Schweizer Exporteure spätestens nach Abschluss eines allfälligen Abkommens zwischen der EU und Indonesien ins Hintertreffen geraten. Bei der bevorstehenden Abstimmung über das Abkommen geht es also nicht nur darum, die Rahmenbedingungen für Schweizer Exporte zu verbessern, sondern auch um die Frage, ob Schweizer Anbieter im wachsenden indonesischen Markt mittelfristig wettbewerbsfähig bleiben können.