Herr Bodmer, im vergangenen Juni haben Sie die operative Führung der Faigle-Gruppe übernommen. Was hat Sie dazu bewogen, in das Familienunternehmen einzusteigen?
Die Faigle AG kenne ich schon seit dem Anfang meiner Karriere. Faigle ist ein grossartiges Unternehmen, welches sich von der elektronischen Rechenmaschine über Bürokopierer hin zum Dokumenten- und Datenspezialisten stetig weiterentwickelte und heute in diesem Bereich eine klare Marktführerschaft innehat. Stetiger Wandel und Innovation sind eine grosse Herausforderung, die mich immer wieder reizt. Ein Unternehmen fit zu halten und für die Zukunft vorzubereiten, also stets neu zu erfinden, ist meine Leidenschaft.
Sie haben bislang in ganz unterschiedlichen Branchen gearbeitet. Welche Erfahrungen aus früheren Tätigkeiten können Sie in dieser Stellung anwenden?
Bereits 1990 arbeitete ich in der Büroautomation und erlebte da die erste Welle der Digitalisierung und konkret die Entwicklung des Fotokopierers vom analogen zum digitalen Gerät. Ich hatte die Verantwortung für Farbkopierer, ein Gerät, das bereits damals zugleich Scanner als auch Drucker war und in die Netzwerke der Unternehmungen eingebaut wurde. Nachher durfte ich in meiner Karriere auch zahlreiche andere Branchen kennenlernen. Der rote Faden bei meinen Tätigkeiten war immer die Innovation und das Change Management. Auch meine letzte Aufgabe in der Finanzindustrie war geprägt vom Umbau und der konsequenten Digitalisierung alter Prozesse und des Angebots von neuen Lösungen für den Kunden. Der kommerzielle Erfolg hat sich sehr schnell eingestellt, weil die Mitarbeiter sofort verstanden haben, wohin die Reise geht, und diese aktiv unterstützt haben.
Die Faigle AG war ein Familienunternehmen. Ist sie das immer noch, und wenn ja, wie wirkt sich das auf Ihre Tätigkeit aus?
Mit über 250 Mitarbeitenden, welche ihre Dienstleistungen in der ganzen Schweiz erbringen, ist der Ausdruck «Familienunternehmen» wahrscheinlich nicht ganz richtig. Der Eigentümer, Dr. Andres Iten, hat sich schon seit Jahren auf das Verwaltungsratspräsidium konzentriert, wo er zusammen mit seiner Frau und einem sehr ausgewogenen Verwaltungsrat die Strategie definiert und das Unternehmen weiter begleitet. Die Vorteile eines unabhängigen Aktionärs hingegen, welche sich beispielsweise bei der Frage der Liquidität, kurzen Entscheidungswegen oder auch einem gewissen sozialen Engagement manifestieren, sind allerdings sehr schöne Eigenschaften, auf die wir stolz sind und die wir nicht missen möchten.
Die Faigle AG bezeichnet sich als Gesamtlösungsanbieter. Was ist darunter konkret zu verstehen?
Während früher das Kopiergerät im Mittelpunkt unserer Dienstleistung stand, ist es heute der Kundennutzen und die entsprechende Beratung. Wir begleiten mit unseren Systemen alle Abläufe betreffend Daten und Dokumenten, von der Erstellung oder Scan bis hin zur Archivierung, Weiterverarbeitung oder Prozessintegration und allenfalls dem späteren Ausdruck. Peripherie und Hardware werden dabei zu einer von vielen Komponenten in der Lösung. Ob damit noch gedruckt wird, ist langfristig weniger wichtig als das Zusammenspiel aller Komponenten.
Welche Unternehmen gehören zu den Zielgruppen der Faigle AG?
Wir sind in unserer Branche eine der grösseren Direktvertriebsorganisationen der Schweiz und verfügen über ein gut ausgebautes Fachhandelsnetz. Damit betreuen wir vom KMU bis zu grossen Unternehmen alle Kunden, welche ein Bedürfnis nach Dokumentenlösungen haben. Während dies in kleineren Unternehmen ein ganz einfaches Kopiersystem ist, sind Firmen im Bereich Treuhand, Steuern, Finanzwesen oder auch in Medizinaltechnik führend bei der Digitalisierung von Dokumenten und Prozessen. Hier unterstützen wir mit Beratung und Entwicklung von massgeschneiderten Lösungen.
Wo werden die Geräte hergestellt, die Sie verkaufen?
Das ist gar nicht mehr so einfach zu beantworten. Unsere Hauptlieferanten haben ihre Hauptsitze in Japan und produzieren auch noch dort. Wie alle Technologiekonzerne haben sie die Produktion mittlerweile allerdings nach ganz Asien verlegt. Der Markt für Hardware nimmt kontinuierlich ab und wird durch Softwarelösungen ergänzt. Hier sind unsere Produkte mehrheitlich aus Europa oder gar Eigenentwicklungen.