Herr Dr. Jung, Sie sind zum Interim-Manager des Jahres 2017 gewählt worden. Was bringt einen langjährigen CEO und ETH-Ingenieur dazu, sich für das Interim-Management zu entscheiden?
In meinem Leben bin ich wie so viele andere auch mit Entscheidungen über den weiteren Weg konfrontiert worden. In solchen Fällen erarbeite ich mir in der Regel mehrere unterschiedliche Möglichkeiten, probiere die eine oder andere konkret aus und lasse dem Spiel von Erfolg, Freude an der Arbeit und den eigenen Fähigkeiten freien Lauf. Der Entscheid, Interim-Manager zu werden, war folglich eine Wahl aus verschiedenen Möglichkeiten, die mir damals konkret offenstanden.
Wie wird man Interim-Manager?
Zu Beginn habe ich in meinem Netzwerk die Information verbreitet, dass ich Interim-Manager werden wolle. So erhielt ich meine ersten Aufträge über persönliche, berufliche und private Kontakte. Es ist positiv, wenn man aus einem persönlichen Netzwerk schöpfen kann. Erst später schloss ich mich einem Provider an. Dieses Vorgehen würde ich auch anderen Leuten empfehlen, die Interim-Manager werden wollen.
Was verstehen Sie unter einem Provider?
Den Ausdruck Provider benütze ich für Unternehmen, die die Interim-Manager mit geeigneten Auftraggebern zusammenbringen. Der Provider muss zum beruflichen Profil des Interim-Managers passen und Kontakte in der entsprechenden Branche pflegen. Man arbeitet auch im Internet, aber der menschliche Kontakt ist wichtig.
Wie profitieren Sie ganz konkret als Interim-Manager vom Provider?
Der Provider bringt mich mit den Auftraggebern zusammen und unterstützt mich bei der Administration. Man berät mich auch bei der Vertragsgestaltung. Top Fifty ist ein klassischer Interim-Manager-Provider. Ich arbeite ausschliesslich mit diesem Provider zusammen, bei dem ich auch Associate Partner bin. Für mich als Interim-Manager ist es entscheidend, dass ich mit dem Provider meiner Wahl eine grosse Übereinstimmung in den gewählten Zielen habe. So ergibt sich ein Mehrwert für mich und die Kunden.
Welcher Mehrwert ist das?
Top Fifty ist mit verschiedenen Aktivitäten im Marketing tätig. Die Firma vermarktet die Dienstleistungen der Interim-Manager und sorgt für Präsenz und Bekanntmachung der Leistung im Markt. Top Fifty pflegt die Marke aktiv und ist bekannt für die besten Manager auf der Ebene der Executives, also obere und oberste Führungskräfte, und für anspruchsvolle Projekte. Der Fokus vieler Mandate bei Top Fifty ist generell die Industrie und damit auch die Elektro- und Maschinenindustrie.
Hat man auch ohne Agentur eine Chance, als Interim-Manager engagiert zu werden?
Natürlich kann man in einem persönlichen Netzwerk Aufträge akquirieren. Es kann aber Probleme geben, wenn man auf sich gestellt ist. Wenn man mitten in einem Mandat eine zweite Anfrage bekommt oder einen Auftrag, für den man nicht das notwendige Fachwissen hat, muss man absagen, was negativ wirken kann. Arbeitet man mit einer Agentur zusammen, kann der Kunde vom Netzwerk der Agentur profitieren.
Wer sind die Vertragsparteien?
Man schliesst zwei Verträge: zwischen dem Kunden und der Agentur und zwischen der Agentur und dem Interim-Manager. Die Honorare werden von der Agentur abgerechnet.
Wie würden Sie Ihre Verträge juristisch einordnen?
Die Grundlage ist ein Dienstleistungsvertrag, in dem ich eine Beratungsdienstleistung meist mit Führungs- und Projektaufgaben erfülle. Ich arbeite als Selbstständiger auf Mandatsbasis und bin selber für meine Sozialversicherung, meine Altersvorsorge und die Mehrwertsteuer verantwortlich.
Wann benötigt ein Unternehmen denn überhaupt einen Interim-Manager?
Die Gründe, weshalb Unternehmen Interim-Manager einsetzen, sind sehr vielfältig. Grob unterscheide ich zwei Gruppen: fehlende Führung und fehlende Kompetenz. Wenn dann der Handlungsdruck genügend hoch ist, dann ist Interim-Management die ideale Lösung.