Herr Wenger, Sie sind Anfang 2012 als Geschäftsführer bei Horgenglarus eingestiegen. Wie kam es dazu?
Nach meiner Schreinerlehre absolvierte ich die Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau. Dann zog ich nach Zürich und arbeitete dort bei einem Möbelhändler. Dabei habe ich Wohnungen und Geschäfte für Auftraggeber eingerichtet und lernte die Produkte von Horgenglarus kennen. Mein Vorgänger wurde so auf mich aufmerksam und engagierte mich. Die Herausforderung hat mich angespornt.
Horgenglarus hatte um die Jahrtausendwende finanzielle Schwierigkeiten. Wie hat das Unternehmen diese überwunden?
In den 1980er-Jahren hatte das Unternehmen ein zu breites Sortiment angeboten. Dieses wurde reduziert und man konzentrierte sich auf die besonders erfolgreichen Produkte – eine Rückkehr zur Tradition. Für die ausgewählten Produkte wurde ein gut abgestimmtes Konzept entwickelt. Der Markt hat dieses gut angenommen und dadurch bekam das Unternehmen einen starken Aufwind.
Was sind die Elemente Ihrer Produktion?
Wir vereinbaren Fachwissen, Qualität und einen hohen Designanspruch. Die Produktion beginnt mit einem edlen Naturmaterial – rohen Baumstämmen. Durch Präzisionsarbeit entstehen daraus unsere Möbel. Durch unsere Biegetechnik erreichen wir höchstmögliche Qualität. Diese Technik wurde vor fast 200 Jahren erfunden: Holz wird unter Wasserdampf erhitzt, dadurch wird es biegsam und kann zu verschiedenen Formen verarbeitet werden. Dabei werden die Jahresringe nicht angeschnitten und das Holz behält seine Stabilität. Es gibt nur noch wenige Unternehmen, die diese Technik anwenden. Wir kombinieren immer traditionelles Handwerk mit modernster Technik, wie fünfachsigen-CNC-Anlagen, und so erreichen wir beste Resultate.
Wie viele Stühle produzieren Sie?
Rund hundert Stühle am Tag.
Und die stammen komplett aus Schweizer Produktion?
Ja, unsere Produktion entspricht den neuen Swissness-Kriterien. Wir produzieren alle unsere Möbel in vielen Schritten in unserer Manufaktur in Glarus. Auch die meisten unserer Hölzer stammen aus der Schweiz, vor allem aus dem Jura. Dort wachsen die Stämme besonders gerade und mit feiner Maserung. 75 Prozent des bei uns verwendeten Holzes ist Buchenholz. Wir denken dabei auch ökologisch. Unser jurassischer Lieferant, von dem wir den Grossteil unseres Holzes beziehen, setzt auf Wiederaufforstung. Aber nicht alle Materialien stammen aus der Schweiz; da hier nicht ausreichend Nussbaumholz vorhanden ist, beziehen wird es aus dem benachbarten Ausland.
Es fällt auf, dass die Webseite trotz internationalen Geschäftsbeziehungen in Deutsch geschrieben ist und kaum englische Bezeichnungen aufweist. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich.
Unser Markenclaim ist «Horgenglarus – since 1880 handcrafted in Switzerland». Auf Englisch, weil wir ein international agierendes Unternehmen sind, und daher kann man mit einem Klick die Infos auf der Homepage auch auf Englisch oder Französisch lesen. Allerdings sind unsere Firma und unsere Möbel durch und durch schweizerisch und auf unsere Herkunft sind wir auch stolz. Wir verwenden auch im Geschäft keine englischen Ausdrücke, beispielsweise bleiben wir beim bewährten deutschen Geschäftsführer statt CEO.
Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz der Billigmöbel durch?
Unsere Kunden sind sehr qualitätsbewusst. Wir produzieren Stühle mit Charakter und Qualität und können uns mit diesen Elementen von der Konkurrenz abheben. Die Kunden kaufen entweder Qualitätsprodukte, die eben ihren Preis haben, oder Billigmöbel. So kommt es vor, dass zum Beispiel ein Ikea-Tisch mit einem Horgenglarus-Stuhl kombiniert wird. Schwierigkeiten haben heute vor allem Anbieter im mittleren Preissegment.