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Interview mit Fabian Kurzawa

«Unplanbares» gibt es im Sicherheits­management kaum

Fabian Kurzawa, CEO der Private Security Agency PSA, über Sicherheit, Schutz und Prävention bei Grossanlässen, den Umgang mit markant gestiegenen Anforderungen bei gedeckelten Kosten sowie Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl involvierter Akteure bei solchen Events.

Herr Kurzawa, Sicherheit ist gefragt wie nie. Das lockt gleichzeitig viele Anbieter an. Wie lässt sich dieser Markt umschreiben?
In der Schweiz gibt es schätzungsweise über 1000 Sicherheitsfirmen unterschiedlichster Grösse. Es ist ein Verdrängungsmarkt. Laut dem Branchenverband sind 20 000 Beschäftigte unterwegs. Aber sowohl ein Berufsbild wie einheitliche Regeln fehlen nach wie vor. PSA setzt deshalb als KMU auf durchdachte Konzeption, Qualität und Dauerhaftigkeit der Leistungen. Kontinuierliches Wachstum und langjährige Kundentreue sind Zeichen dafür, dass der Markt diese Strategie honoriert.

Was macht denn Ihre Strategie aus?
Wir bringen viel Erfahrung mit. Bereits in der Sicherheitsbranche tätig, wagten mein Geschäftspartner und ich 1999 den Schritt in die Selbstständigkeit. Das Kernteam aus der Gründerzeit hat bis heute Bestand, trifft wichtige Entscheidungen gemeinsam und setzt sie konsequent um. Wir sind zertifiziert und schlank in der Organisation. Direkte Kommunikation von der Geschäftsleitung über die Projektleiter bis zum Einsatzleiter schafft Klarheit und macht flexibel im Einsatz. Hinzu kommen langjährige vertrauensvolle Partnerschaften.

Wie weit geht Ihr Leistungsversprechen gegenüber dem Kunden?
Absolute Sicherheit gibt es bekanntlich nicht. Die Devise heisst deshalb: Alles Erdenkliche planen und vorkehren, damit Sicherheit gewährleistet werden kann. Die Basis für das projektspezifische Leistungsversprechen definiert der Kunde mit uns gemeinsam. «Ziel – Lösung – Weg» lautet die Formel, um die Bedürfnisse des Kunden ganzheitlich zu erfassen. Unser Beitrag besteht aus Pünktlichkeit, Disziplin und Präzision in der Leistungserfüllung. Daraus resultieren gute Zusammenarbeit, Vertrauen und Loyalität. Was versprochen ist, wird gehalten. Zweifelsfreie Verträge regeln das Ganze. Diese Haltung ist für PSA sowohl Eigenschutz wie Reputationsgewinn. Erfahrungsgemäss ist der Kostenfaktor die grösste Hürde bei Projekten. Hier kommen uns  die entwickelten Methoden aus dem SQS-zertifizierten Qualitäts- und Sicherheitsmanagementsystem zugute. Kundenzufriedenheits-Analysen bestätigen, dass unsere Vorgehensweise im Markt ankommt.  

Wie gehen Sie vor, wenn Sie Kunden sicherheitsmäs­sig beraten?
Sicherheitsanliegen werden von jedem Kunden unterschiedlich bewertet. So erfahren wir es in der Praxis. Aus diesem Grund führt PSA mit dem Kunden zuerst eine Bedarfsanalyse durch. Gestützt darauf wird geklärt, ob der Auftrag selbstständig oder mit Hilfe unserer Partner durchgeführt werden kann. Verfügt der Kunde bereits über eigene Konzepte, so werden diese nahtlos integriert. Gegenseitige Partnerschaft und Loyalität sind uns wichtig. Ziel ist Sicherheit aus einer Hand. Bei allen Anfragen wird eine Machbarkeitsstudie inklusive einer Risikoanalyse erstellt. Diese dient dem Schutz der Mitarbeitenden wie dem Unternehmen.

PSA ist zweifach zertifiziert. Was bringt das im Betriebsalltag?
Die weitaus überwiegende Mehrheit der Anbieter in der Branche ist nicht zertifiziert. Obwohl in regulären Auftragsausschreibungen in der Regel vorausgesetzt, ist die Zertifizierung (noch) kein Marktargument, aber hilfreich. Mit dem System kommt unsere Stärke – die kundenorientierte Konzeption – zum Tragen. Die Mitarbeiter profitieren überdies von mehr Verantwortung und Spielraum, da die Leitplanken klar definiert sind. Wir ziehen alle am gleichen Strang, haben das gleiche Ziel im Fokus – eine hochstehende Dienstleistung, erbracht von zufriedenen Mitarbeitenden für zufriedene Kunden. Unser Managementsystem ist SQS-zertifiziert nach ISO 9001 (Prozesse) und OHSAS 18001 (Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz). Das macht Leistungen messbar, erhöht die Reaktionszeiten und führt zu spürbaren Verbesserungen. Das System trägt Früchte: Mitarbeitende profitieren vom direkten Draht zur Leitung, Kunden erhalten alles aus einer Hand, und zusätzliche Kundenwünsche können nach einheitlichen PSA-Kriterien erfüllt werden.
 
Sicherheits-Management an Events zählt zu Ihren Kernkompetenzen. Ihr Portfolio enthält bedeutende Grossveranstaltungen. Können Sie an Beispielen erläutern, welche Herausforderungen da zu meistern sind?
Als privates Sicherheitsunternehmen sind wir im Wallis eingebunden im Westschweizer Konkordat der Polizei. Das Jahr 2017 war dort durch drei grosse Anlässe geprägt, nämlich «Zermatt Unplugged» im April mit über 30 000 Besuchern an fünf Tagen. Dann das «Eidgenössische Jodlerfest» in Brig mit über 150 000 Besuchern an vier Tagen. Und schliesslich das «Open Air Gampel» in Steg mit über 100 000 Besuchern an vier Tagen. Vom Charakter und von der Topografie her könnten die Events unterschiedlicher nicht sein: Zermatt ist ein renommiertes, schmuckes Bergdorf mit kleinen, verwinkelten Strassen; das Eidgenössische Jodlerfest erstreckt sich auf Brig-Glis, das Open Air Gampel belegt ein offenes Gelände von 28 Hektar.

Also für jeden Grossanlass völlig verschiedene Sicherheitserfordernisse?
So ist es. Frühwarnsysteme in Zusammenarbeit mit der Polizei sind die Basis dafür. Zermatt kann auf ein bewährtes Konzept bauen. Oberstes Gebot sind hier Brandschutz, Sicherung der Fluchtwege, Beachtung der speziellen Situation in einem Zirkuszelt. In Gampel, das PSA seit 13 Jahren betreut, sind beispielsweise die An- und Abreise in Bussen abzuwickeln, Interventionsachsen auf dem Zeltgelände zu definieren. Starkstromleitungen zu beachten, die Zutrittskontrolle sorgfältig durchzuführen, die Diebstahl- und Überhitzungsgefahr zu beobachten und, besonders wichtig, die Wettersituation im Auge zu behalten. Das dezentrale Jodlerfest schliesslich bedarf der sorgfältigen Steuerung der Besucherströme in und zwischen den drei dezentralen Durchführungsorten.

Was sehen Sie als grösste Herausforderung für die involvierten Akteure?
Sie besteht darin, sich nahtlos in das Sicherheitsteam mit Polizei, Feuerwehr, Sanitäts- und Verkehrsdiensten zu integrieren. Im Wallis ist diese Einbindung exemplarisch gut. Die Teams sind sehr beständig und erfahren. Das schafft Vertrauen. Im extremen Ereignisfall wird überdies der regionale Führungsstab eingesetzt. Bei allen drei Events konnte sich PSA konzeptionell frühzeitig einbringen. Das ist wertvoll, denn sollte die Kommunikation schon im Vorfeld gestört sein und die Informationen nicht fliessen, kann sich dies nachteilig auf die Gesamtorganisation auswirken.

Haben Sie denn immer auch einen «Plan B für Unplanbares» parat?
«Unplanbares» im Sicherheitsmanagement von Mega-Events gibt es kaum – höhere Gewalt ausgenommen, wie tragische Ereignisse im Ausland belegen. Wir sind sehr gut organisiert; der ständige Dialog im Sicherheitsteam funktioniert einwandfrei. Weil wir mit ausgereiften Konzepten arbeiten, enthalten diese in der Tat auch einen «Plan B». Minutiöse Analysen vergleichbarer Ereignisse andernorts sind der Schlüssel zum Problem, eine Notfallkarte die Lösung dazu. Jeder Mitarbeitende trägt diesen Leitfaden auf sich. Die Stärke der PSA-Konzepte liegt in deren Einfachheit, denn zu viel Planung ist im Notfall hinderlich.

Die Events sind gross, die Budgets knapp. Investieren Veranstalter genug in die Sicherheit?
Sicherheitskonzepte unterliegen im Markt einem starken Kostendruck. Das Verantwortungsbewusstsein für genügend Sicherheit ist aber vorhanden. Allerdings gibt es Veranstalter, die Risikobeurteilungen aus anderen Bereichen einfach ausblenden, um unnötige Bürokratie zu vermeiden. Oder sie kehren nur das Nötigste vor, damit ihr Anlass bewilligt wird. Wir sind deshalb im Zuge von Offerten bemüht, auf solch ungenügende Risikoabschätzungen hinzuweisen und unsere Lösungswege aufzuzeigen. 60 bis 80 Prozent der Aufträge werden übrigens mit einem Kostendach vergeben. Das ist uns nicht unsympathisch, weil hier unsere Flexibilität und unsere Kreativität zum Tragen kommen. Sensibel wird diese Schnittstelle allerdings, wenn das vorgegebene Kostendach einen vertretbaren Einsatz von Material und Manpower nicht zulässt. Können wir die Sicherheit der uns anvertrauten Personen oder Veranstaltungen nicht gewährleisten, so lehnen wir das Mandat ab. Engagements im Fussballbereich sind ein Beispiel dafür.

An Mega-Events ist eine Vielzahl von Akteuren involviert. Schnittstellen sind Programm. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit?
Polizei, Feuerwehr, Sanität und Security sitzen bei solchen Anlässen im gleichen Boot. Erfreulich festzustellen: Die Zusammenarbeit zwischen diesen Spezialisten vor Ort funktioniert eigentlich reibungslos und sehr professionell. Insbesondere profitieren wir von den Informationen und Lagebeurteilungen der Polizei. Natürlich können an solchen Events auch heikle Schnittstellen auftreten, wenn sich Veranstalter nicht an die vorgegebenen Planungstermine und Zeitfenster halten. Da wir in unserer Arbeit an viele Gesetze gebunden sind, legen wir grosses Gewicht auf diesen Punkt, denn unsere Dienstleistung muss ordnungsgemäss und in guter Qualität erbracht werden können.

Wie sicher sind Ihre Mitarbeitenden beim Einsatz?
Eigenschutz hat die oberste Priorität. Die SQS-Zertifizierung nach OHSAS 18001 (Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz) kommt dem zupass. Denn Sicherheitsagenten sind besonders exponiert; sie werden deshalb jährlich in verschiedenen Sektoren wie Schutzausrüstung, Verhalten in schwierigen Situationen, Rechtskunde und Kommunikation aus- und weitergebildet.

Zum Schluss, Herr Kurzawa: Wo findet man heute gute Sicherheitsleute?
Insbesondere weil das Berufsbild in der Schweiz noch nicht durchgehend anerkannt ist, legen wir spezielle Sorgfalt auf die Rekrutierung der Mitarbeitenden. Die meisten von ihnen stammen aus dem militärischen oder polizeilichen Bereich. Unser Rekrutierungssystem lehnt sich ans strenge Westschweizer Konkordat an. Verlangt werden zum Beispiel: sauberer Betreibungsauszug, sauberes Strafregister, kein Fehlverhalten als Fahrzeuglenker, Leumundszeugnis, Wohnsitzbestätigung usw. Das alles entspricht eigentlich einem Check wie bei der Polizeirekrutierung. Die PSA-Einsatz-Teams bestehen folglich zu 80 Prozent aus erfahrenen Security-Akteuren. Das zahlt sich aus. Umfragen am letztjährigen «Open Air Gampel» brachten eine über 98-prozentige Zufriedenheit der Besucher mit unserer Arbeit.

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