Herr Bosshard, ein Management-Buy-out (MBO) war der Startblock für Ihre Unternehmertätigkeit in einem KMU. Zusammen mit Ihrem Geschäftspartner und Co-CEO Felix Meier führen Sie nun seit 20 Jahren die Unternehmensgruppe Jos. Berchtold AG / Delta Türsysteme AG in Zürich. Wie hat das damals alles angefangen?
Ich war bereits 16 Jahre im Unternehmen tätig, durchlief verschiedene Abteilungen und war zuletzt Stellvertreter von Patron Berchtold, dem damaligen Inhaber des Familien-betriebes in der dritten Generation. Anfang der 1990er-Jahre wollte ich meine berufliche Zukunft ordnen. Es ergab sich in der Folge ein Gespräch mit dem Firmeninhaber. Weil er seine Nachfolge weitsichtig abstützen wollte, bot er seinen drei Kadermitarbeitern die Chance, die Firma nach und nach zu übernehmen. Darunter befanden sich auch Kurt Schlatter, der inzwischen pensioniert ist, sowie mein heutiger Geschäftspartner und Co-CEO Felix Meier. Wir packten zusammen die Chance und konnten fürs Erste einen kleinen Anteil Aktien käuflich übernehmen.
Fürs Erste? Was folgte nachher?
Unverhofft starb Firmeninhaber Berchtold 1994 leider im Alter von erst 64 Jahren. Bedingt durch das damalige garstige Wirtschaftsumfeld und den Tod des Firmenchefs, befand sich das Unternehmen in einer schwierigen Situation. Die Hochzins-Lage drückte. Die von uns drei Kaderleuten zusammen erworbenen Aktien machten erst rund zehn Prozent des ganzen Kapitals aus. Wir mussten also 90 Prozent Restkapital beschaffen, eine schier unlösbare Aufgabe. Damals belief sich der Umsatz von rund 25 Mitarbeitenden auf knapp sechs Millionen Franken.
Und wie ist das Geschäftsvolumen heute?
Gesamthaft sind rund 100 Mitarbeitende beschäftigt; sie erbringen einen Umsatz von rund 33 Millionen Franken.
Was hat Ihrer Geschäftspartnerschaft in der Frühphase des Management-Buy-out am meisten gefehlt?
Geld und Beziehungen! Um den ersten Businessplan zu erfüllen, mussten wir rund eine Million Gewinn ausweisen. Das war richtig ambitiös. Es gab Banken, die uns das nicht zutrauten. Eine grosse Bank wagte es, allerdings mit happigen und unbequemen Auflagen (Lebensversicherungen usw.). Eine grosse Schwierigkeit war, dass unser Beziehungsnetz noch nicht sehr eng geknüpft war. Müsste ich heute jungen Start-up-Unternehmern einen Tipp geben, so riete ich dazu, viel Energie in den Aufbau eines Beziehungsnetzes zu investieren und offen auf Leute zuzugehen. Es zahlt sich aus.
Was waren im Laufe der bisherigen Unternehmensgeschichte die entscheidenden Triebfedern für den Durchbruch im Markt?
Ich sehe da zwei Aspekte. Erstens wollten wir – damals wie heute – nie durchschnittlich sein, wir wollen zu den exzellenten Firmen in der Branche gehören. Wir erkannten in den ersten Jahren bald einmal, dass wir unsere Ziele mit normalen Schreinerarbeiten wohl nicht werden erreichen können, weil man sich so nur ungenügend profilieren kann. Man muss Spezialitäten anbieten, Dinge machen, zu denen Mitbewerber nicht in der Lage sind. Und zweitens: Wir erleben in vielen Projekten, dass eine gute Chemie zum Kunden entscheidend ist. Wenn das fehlt, laufen Auftragsvergaben nur über den Preis, und das ist gefährlich. Deshalb: Es ist wichtig, dass man sich in der Öffentlichkeit engagiert und sich zeigt. Nicht zuletzt: Den Erfolg unterstützen immer auch günstige Umstände oder Ereignisse, die sich in der Zeit so ergeben.
Braucht es manchmal nicht nur unternehmerisches Geschick also, sondern auch Glück?
Wenn Sie so wollen, ja. Ende der 90er-Jahre kamen neue Brandschutzvorschriften. Das war für die Branche relativ neu. Wir erkannten die Chance. Die ersten Aufträge waren erfolgreich und wir spezialisierten uns darauf. Der erste grosse Auftrag umfasste 1500 Türen für die ETH Zürich, danach folgte von der Schweizer Rück ein ähnlich grosses Los. Die Rahmen dieser Türen waren aus Aluminium gefertigt, zugekauft von einem Zulieferer. Pech war, dass dieser Zulieferer gegen Ende des Auftrags finanziell in Schwierigkeiten geriet. Wir suchten das Gespräch mit der Firma, wollten – auch aus Eigennutz – zur Rettung beitragen, denn wir hätten unsere Brandschutz-Tests wieder mit einem anderen Lieferanten neu auflegen müssen. Es gelang uns schliesslich, die Firma käuflich zu erwerben. Heute ist das Unternehmen Delta Türen erfolgreicher Teil unserer Gruppe.
Und der Wandel von der Schreinerei zum Spezialunternehmen für Türen war damit vollzogen?
Erst als wir mit Delta zusätzlich auch noch neue Glasmodule entwickelten – Glastüren in Verbindung mit Brandschutz. Architekten erhalten so eine breit gefächerte Varianz an Brandschutzanwendungen.
Qualitative Unternehmensentwicklung und Innovation ist eine, der Kauf von Marktanteilen und Kapazität eine andere Möglichkeit, um Wachstum zu generieren. Was bevorzugen Sie?
Wir kombinieren die beiden Strategien, je nach Situation und Gelegenheit. Aber klar, wir favorisieren das innere Wachstum durch Innovation und Qualitätsarbeit.