Herr Pestalozzi, die Pestalozzi-Gruppe besteht aus mehreren Unternehmen. Wie hängen diese zusammen?
Die Geschäftsbereiche Stahl- und Haustechnik gehören zur Pestalozzi AG. Die Gabs AG beliefert Spengler und Dachdecker und ist eine separate Tochterfirma, ebenso die Transportfirma Transstahl AG.
Wie schafft man es, ein Unternehmen 258 Jahre lang, in denen es viele schwierige Zeiten gab, erfolgreich zu gestalten?
Dafür gibt es kein Rezept, dazu haben sicher viele Faktoren beigetragen. Bestimmt hat es mit dem Baumarkt zu tun, in dem wir und die meisten unserer Kunden tätig sind. Der Bau ist eine Branche, die immer bestanden hat und auch weiterbestehen wird. Die Erstellung von Gebäuden ist ein Vorgang, der in der Vergangenheit vergleichsweise wenig Änderungen unterworfen war. Es gab im Baubereich kaum Techniken, die nur kurze Zeit überstanden haben, und betreffende Firmen, die damit untergingen, wie zum Beispiel in der Informatikbranche. Dazu ist die Schweizer Bevölkerung in den letzten zweihundert Jahren massiv gewachsen. Natürlich gab es auch Krisen, der Baumarkt ist aber im Vergleich zu anderen Branchen stabil.
Es lag aber sicher auch an der Unternehmensleitung, dass die Firma schon so lange besteht. Welche Grundsätze haben die Führungspersönlichkeiten den nächsten Generationen weitergegeben?
Wichtig ist, dass wir im Unternehmen eine Kultur der Kontinuität entwickelt haben, diese besteht auch heute noch. Wir legen Wert auf langfristige und stabile Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Und – auch wenn es paradox klingen mag – wir haben uns auch immer wieder getrennt von bestimmten Bereichen. Es ist wichtig, dass etwas ausprobiert wird, man aber auch weiss, wann es genug ist. Dann kann man sich wieder auf das Wesentliche fokussieren. Weiter war wichtig, dass der Generationenübergang immer gut funktionierte. Den Inhabern war immer bewusst, dass sie die Firma übergeben mussten, und sie hatten auch ausserbetriebliche Interessen.
Gibt es schon Pläne für die Nachfolge der zehnten Generation?
Meine Frau Muriel und ich haben vier Kinder, diese sind zwischen 22 und 11 Jahre alt, deswegen ist es für eine Nachfolgeplanung noch zu früh. Uns ist es wichtig – und das haben auch meine Eltern so gehandhabt –, dass unsere Kinder sich frei nach ihren Interessen entwickeln können. Später können wir die Nachfolge zur Sprache bringen. Wenn das für eines oder mehrere meiner Kinder passt, ist es gut, wenn nicht, finden wir auch eine Lösung. Wir können uns bei unserer Altersstruktur zum Glück etwas Zeit lassen.
Sie haben 2020 ein neues Leitbild präsentiert. Worin unterscheidet sich dieses von dem vorhergehenden?
Der interessanteste und wichtigste Aspekt war eine breite Diskussion mit unseren Mitarbeitenden. Wir haben Workshop-Teams gebildet und uns folgende Fragen gestellt: Was sind wir, was machen wir und wie machen wir unsere Arbeit heute? Wo wollen wir hin? Zuletzt haben sich nicht viele Unterschiede zum alten Leitbild ergeben, es ist jedoch ausführlicher formuliert, vor allem das Thema: Wie arbeiten wir miteinander? Die Hierarchie wurde noch flacher und das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass ich die Du-Kultur eingeführt habe. Unsere Mitarbeitenden haben das als augenfälligsten Wandel gegenüber dem Führungsstil von früher wahrgenommen.
Wie hat sich der Führungsstil überhaupt innerhalb der Generationen verändert?
Mein Vater und ich pflegen einen recht ähnlichen Führungsstil, wir gleichen uns auch im Charakter. Die Du-Kultur ist neu, aber im Kern blieb die Führungskultur dieselbe. Ein wichtiger Unterschied ist, dass mein Vater bis im Jahr 2000 einen Partner hatte, Dieter Burckhardt. Die Familie Burckhardt hat drei Generationen lang mit meiner Familie die Firma geleitet.
Sicher haben Sie auch Unternehmenstraditionen weitergeführt, welche besonders?
Wie schon erwähnt, die hohe Kontinuität der Beziehungen mit Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten, das ist gerade in Krisen ein Vorteil, zum Beispiel bei Engpässen liefert man lieber jemandem, den man gut kennt. Natürlich müssen wir uns auch der Zeit anpassen und Neuigkeiten einführen, zum Beispiel den E-Shop, und den Angestellten klarmachen, warum das jetzt nötig ist. Vieles wird schnelllebiger und kurzfristiger, wir bewegen uns in der Spannbreite zwischen Tradition und Fortschritt.
Sie sagten, dass man im Laufe der Jahrhunderte auch Bereiche aufgegeben hat, welche waren das in letzter Zeit?
In den 1990er-Jahren haben mein Vater und sein Partner das Geschäft mit dem Bauhauptgewerbe beendet, zum Beispiel mit Bewehrungsstahl. Da hatten wir damals keine zukunftsfähige Marktstellung. Diese Änderung erforderte weitreichende Umstrukturierungen, unser Personalbestand ist etwa auf die Hälfte gesunken. Von der neuen, fokussierten Basis aus sind wir wieder gewachsen. Grössere Umstrukturierungen haben wir keine mehr vorgenommen.
Ähnliches passiert ja jetzt wegen Corona in vielen Unternehmen. Wie hat Ihr Vater das damals organisiert?
Das war eine schwierige Aufgabe. Ein Ziel war, die betreffenden Geschäftstätigkeiten zu verkaufen, aber man musste auch Leute entlassen. Das war ein jahrelanger Prozess. Man stand zwar unter Druck, aber nicht so unmittelbar wie heute wegen Corona, wo man gleich die Hälfte oder noch mehr vom Umsatz verlieren kann. In den 1990er-Jahren hatte man Zeit, diese Umstellung zu organisieren und auch zu prüfen, wie man einen Bereich sinnvoll weiterführen konnte.
Aus welchen Branchen kommen Ihre Kunden?
Unsere Kunden kommen aus dem Bau-Ausbaugewerbe, das heisst, sie erstellen die Installationen an bereits gebauten Häusern, also Gebäudehüllen (Gabs), Metallbau und Haustechnik, Spengler, Dachdecker und andere mehr. Weiter haben wir Kunden aus der metallverarbeitenden Industrie. Wir sind ein Schweizer Importeur und unsere Kundschaft befindet sich hauptsächlich im Inland. Die Baubranche ist sehr lokal, das hängt damit zusammen, dass die Produkte schwer und nicht einfach zu transportieren sind.