Herr Meier-Honegger, Sie führen Ihr Gartencenter als Familienunternehmen bereits in der vierten Generation. Welchen besonderen Herausforderungen müssen Sie sich heute stellen?
Wir sind eine Nischenbranche, es gibt etwa 50 Gartencenter in der Schweiz. Grosse, traditionelle Gärten findet man immer weniger, weil immer dichter gebaut wird, das ist eine der grössten Herausforderungen für uns. Eine starke Konkurrenz sind auch die anderen Aktivitätsangebote, wie Reisen, Sport etc. Deswegen werden grössere Gartencenter immer mehr Ausflugsziele und erweitern ihr Angebot mit Gastronomie, Unterhaltung und allerlei weniger pflegeintensiven Zusatzsortimenten. Die Leute machen gern Ausflüge, um Pflanzen zu geniessen, und kaufen dann natürlich auch ein.
Wie behaupten Sie sich gegen Grossunternehmen?
Das Geschäft mit Pflanzen ist im Detailhandel wie gesagt eine Nische – um nicht zu sagen «Ritze» – mit sehr bescheidener Wertschöpfung. Entsprechend ist der Wettbewerb sehr «kameradschaftlich». Das Geschäft mit Pflanzen ist aufgrund der natürlichen Saisonalität, der unmittelbaren Wetterabhängigkeit und des hohen Pflegeaufwands sowie der erheblichen Platzansprüche ungenügend rentabel. Es dient vielen Mitbewerbern jedoch als wichtiger Frequenzbringer. Bei schönem Wetter ist das Geschäft in den drei Frühjahrsmonaten März bis Juni durchaus ertragreich, in diesen Monaten erzielen wir den Hauptgewinn für das ganze Jahr. Ab Juni bleibt es dann jedoch in Bezug auf Pflanzen auf mehr Aufwand als Ertrag beschränkt.
Wie bewältigen Sie die kritischen Konjunkturphasen?
Das Gartenbaugeschäft ist verglichen mit anderen Märkten eine träge Branche, die von äusseren Einflüssen nie so hart getroffen wird. Es läuft antizyklisch, die stärksten Jahre hatten wir bei schlechter Konjunktur. Das liegt wohl daran, dass die Leute dann zum Beispiel weniger in die Ferien reisen, aber dafür einen schönen Garten oder Balkon haben wollen.
Wie ist Ihre Kundschaft zusammengesetzt; gehören auch Unternehmen dazu?
Wir bedienen praktisch ausschliesslich Privatkundschaft, welche zu über 70 Prozent weiblich ist. Für das B2B-Geschäft sind unsere Strukturen nicht passend. Die Geschäftskunden haben andere Ansprüche als die Privatkunden und viele unserer Produkte sind für sie nicht interessant. Anfragen von Firmen vermitteln wir gerne an Kollegen, welche sich entsprechend spezialisiert haben.
Und welche Pflanzen sind besonders beliebt?
Viele Leute mögen pflegeleichte Pflanzen, die auch in der Wohnung oder auf einem Balkon gut gedeihen. Pflanzen sind ein Luxusprodukt. Dafür erwarten viele Kunden, dass sie sofort blühen. Die meisten Leute haben nicht mehr die Geduld, zu warten, bis eine junge Pflanze sich entwickelt, deswegen kaufen sie auch immer weniger mehrjährige Pflanzen. Das liegt wohl an unserer schnelllebigen Zeit. Auch wenn eine gewünschte Pflanze in unserem Geschäft nicht mehr erhältlich ist, haben die Leute wenig Verständnis dafür, dass Nachschub nicht auf Knopfdruck möglich ist, sondern heranwachsen muss.
Da passt es ja gut, dass Sie auch Beratungen und Kurse anbieten. Worum geht es da und welche Zielgruppen erreichen Sie damit?
Auch hier sind es ausschliesslich Privatpersonen, welche im Fokus stehen. Meiner Ansicht nach ist das Interesse an länger dauernden Kursen zu fixen Zeiten mit verbindlicher Anmeldung eher rückläufig. Onlineplattformen übernehmen einen Teil der diesbezüglichen Bedürfnisse. Als «Treffpunkt für Gartengeniesser» versuchen wir ein Ökosystem mit kurzen Workshops auf der Verkaufsfläche ohne Anmeldung zu etablieren. Themen sind Bodenproben, Pflanzenschutzberatung, Gartenplanung oder Zimmerpflanzenempfehlungen. Entsprechende Kompetenz und Erklärungen finden unsere Besucherinnen und Besucher jederzeit unangemeldet im Gartencenter.
Züchten Sie selbst auch neue Pflanzenvarianten?
Nein, die Zucht bleibt den Spezialisten vorbehalten. Das ist ein eigenes Berufsfeld und gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die hoch sterilen Zuchtbetriebe für die sogenannten «Elitepflanzen» befinden sich in Deutschland und den Niederlanden. Die bewurzelten Stecklinge oder die Stecklinge kommen dann zu uns, wo sie eingetopft und fertig kultiviert werden.
Beziehen Sie auch Pflanzen aus dem Ausland?
Obwohl wir in unserer eigenen Gärtnerei etwa drei Viertel unseres Pflanzensortiments selber lokal kultivieren, kommen faktisch alle Pflanzen – als Samen oder Stecklinge – ursprünglich aus dem Ausland. Die meisten Mutterpflanzenbetriebe sind in der Äquatorialregion von Afrika – Kenia, Äthiopien, Tansania, Uganda –, aber auch in Costa Rica. Meine Branche hat die Chance, im schwarzen Kontinent Wirtschaftsförderung zu betreiben. Diese Herausforderung wird mit viel Verantwortungssinn und Enthusiasmus angenommen. Selbstverständlich gilt es dabei viele Rahmenbedingungen zu beachten, um nicht negative Anreize zu setzen.
Worauf müssen Sie beim Umweltschutz achten?
Früher wurde der erhebliche Beratungsaufwand um die Pflege der Pflanzen durch den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln kompensiert, der Verbrauch war aus heutiger Sicht haarsträubend. Heute raten wir eher von Pflanzenschutzmitteln ab. Weil der ökologisch sinnvolle Pflanzenschutz jedoch aufwendiger ist, wird der Beratungsaufwand grösser bei gleichzeitig deutlich weniger Ertrag. Diesen Wandel zum Verkauf von Dienstleistung statt von Produkten gilt es zu meistern.