Herr Wiesmann, Sie konzipieren und realisieren individuelle Küchen. Welche Zielgruppe sprechen Sie damit konkret an?
Unsere Kunden sind Privatpersonen, meistens Inhaber von Häusern und Eigentumswohnungen, sowie Investoren, Grosskonzerne wie die SBB und so weiter. Für Mietwohnungen sind unsere Produkte weniger gefragt.
Was hat Sie vor mehr als 40 Jahren bewogen, sich als Küchenspezialist zu etablieren?
Die Küche betrachte ich nicht als Möbel, sondern als immobilen architektonischen Bestandteil des Hauses, das fasziniert mich. Um Küchen einzurichten, benötigt man auch Kenntnisse über Architektur, sonst funktioniert es nicht. Mein Vater war Kunstmaler und hat mir ästhetisches Wissen mit auf den Weg gegeben. Andere notwendige Kenntnisse habe ich mir selber angeeignet.
Sie entwickeln innovative Konzepte, welche sind die wichtigsten und wodurch unterscheiden sie sich von denen Ihrer Konkurrenz?
Seit 15 Jahren gehört der «Everest Sky» zu unseren Hauptangeboten. Dabei handelt es sich um eine im Raum stehende Arbeits- und Kochfläche, bei der das Induktionskochfeld fugenlos integriert ist.
Wie schützen Sie Ihre Innovationen, zum Beispiel durch Patente?
Es gibt kaum Versuche, unsere Innovationen zu kopieren. Dies wäre auch schwierig durchzuführen. Patentieren kann man nur einzelne Bestandteile, wie Schrauben, Scharniere und so weiter. Patente für die ganze Konstruktion, zum Beispiel den «Everest Sky», sind aber nicht möglich. Das ist kein fertiges Möbel, wie etwa ein Stuhl. Man kann es in verschiedenen Varianten zusammenbauen und wieder auseinandernehmen.
Welche Fläche muss man mindestens zur Verfügung haben, um eine Wiesmann-Küche zu installieren?
Das hängt von den Verhältnissen in den betreffenden Häusern ab. Meiner Ansicht nach hat man aber in den letzten Jahren viel zu grosse Küchen gebaut, vor allem in den offenen Häusern. In diesen geht man viele unnötige Wege. Das Beste ist eine Schiffskombüse, da kann man auf kleinstem Raum alles zusammenstellen, was man zum Kochen braucht. Wir hatten mal ein Konzept, bei dem wir berechneten, wie viel Raum man mindestens für eine Küche braucht. Diese Küchen waren dann 1,80 Meter mal 1,20 Meter gross. Bei den Kunden fanden sie aber kaum Anklang, wir haben nur wenige davon verkauft.
Das ist erstaunlich, Raum ist doch heutzutage ein Luxus. Wie löst man das Problem sonst?
Man hat oft die Wände zur Küche geöffnet, in einigen Häusern sogar entfernt. Das lag auch daran, dass in den letzten Jahrzehnten die Kosten für Wohnraum in der ganzen Schweiz extrem gestiegen sind. Die Wohnungen wurden infolgedessen immer kleiner. Um die Räume zu vergrössern oder zumindest diese Illusion zu erwecken, wurden die Wände entfernt, eben auch die zur Küche. Zu den neuen Architekturideen gehört aber die Erkenntnis, dass Wände Spannung im Raum erzeugen, grosse Räume ohne Wände wirken langweilig. Der neue Trend geht zu Unterbrüchen, Wänden und sogar Abgeschlossenheit. Eine tolle Idee hatte einer meiner Kunden, der sich einen roten Vorhang vor der Küche einbauen liess. Das bestätigt meine Ansicht, die ich in vielen Vorträgen vertreten habe: Eine Küche ist wie eine Theaterbühne.
Welche Farben empfehlen Sie für eine Küche?
Wiesmann: Meine Haltung ist seit 30 Jahren gleich, die Küche sollte in neutralen Farben und ruhigen, erdigen Tönen gehalten sein, unsere Möbel bieten wir in diesen Farben an. Die Arbeitswelt ist so hektisch, deswegen sollte die Küche beruhigend wirken. Wenn jemand kräftige Farbe wünscht, empfehle ich die Wände farbig zu streichen, das lässt sich leichter ändern. Küchenmöbel muss man ganz austauschen, wenn einem die Farbe verleidet ist.
Wie viel Geld investiert man normalerweise in Ihre Küchen?
Die Spannweite geht von 30 000 Franken bis zu 200 000 Franken, je nach den Wünschen, die die Kunden haben.
Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz der Billiganbieter durch?
Absolut nicht, wir lassen die Billiganbieter, wo sie sind. In den letzten Jahren haben sich die beiden Küchenanbieter Bruno Piatti und Veriset Küchen AG bis aufs Blut mit Billigangeboten konkurrenziert. Piatti war der Verlierer, die AG ging 2017 in Konkurs. Das passierte in den besten Jahren des Küchenbaus, da hätte man die Preise erhöhen sollen.