Interviews

Interview mit Johan Synhaeve

«Durch aktive Forschung und Entwicklung einen Schritt voraus»

Johan Synhaeve, Geschäftsführer der Held AG, über Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor, die Pionierrolle für ökologische Wasch- und Reinigungsmittelproduktion und den ökologischen Fingerabdruck als Leistungstestat.
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Herr Synhaeve, die Held AG ist Hersteller von ökologischen Wasch- und Reinigungsmitteln. Was machen Sie denn selber im Haushalt?

Waschen, bügeln, putzen, kochen, aufräumen – das ganze Programm natürlich.

Und dabei nutzen Sie nur die eigenen Produkte?

Ja, vorwiegend Held- und Ecover-Produkte. Ab und zu teste ich natürlich auch Konkurrenzprodukte oder Produkte aus unserem Labor, die noch nicht auf dem Markt sind.

Mit welchen Argumenten überzeugen Sie Konsumenten, nachhaltig zu haushalten?

Heute sind ökologische Produkte genauso kraftvoll wie konventionelle und zudem einfach anwendbar. Man muss also keinesfalls auf Komfort verzichten und kann ohne Aufwand etwas für die Umwelt tun. Zudem sind Held-eco-Produkte unbedenklich für die Gesundheit von Mensch und Tier. Gerade Kinder und auch Haustiere halten sich oft am Boden auf und erkunden ihre Umwelt mit allen Sinnen. Umso wichtiger ist es, keine bedenklichen Rückstände zu hinterlassen.

Was genau zeichnet ein ökologisches oder nachhal­tiges Produkt aus?

Die meisten herkömmlichen Produkte bestehen fast ausschliesslich aus Erdöl. Bei uns steht Nachhaltigkeit im Vordergrund, in allem, was wir tun. Deshalb verwenden wir nur Rohstoffe auf pflanzlicher Basis und Mineralien, die zu 100 Prozent biologisch abbaubar sind.

Wie stark ist Ihr Wettbewerb in diesem Bereich?

Insbesondere im Retail gibt es mittlerweile immer mehr herkömmliche Hersteller, die auch ein grüneres Image aufbauen wollen. Im Fachhandel sind wir immer noch die meistverkaufte Öko-Marke.

Was unternehmen Sie, um sich abzuheben?

Pionier und konsequent sein, und dies auch bleiben und zeigen.

Gerade grosse Firmen geben viel Geld für Nachhaltigkeit aus – kann eine Firma wie Held mithalten?

Wir investieren vor allem in unsere Produkte und in die Nachhaltigkeit selbst. Durch stetige Forschung entwickeln wir immer bessere Öko-Rohstoffe. Bei Held bleibt jedoch definitiv weniger Geld, um aktiv zu kommunizieren und zu werben. Schliesslich wollen wir unsere Produkte zu marktüblichen Preisen anbieten. Andere haben höhere Margen auf ihren Produkten und können mehr in die Kommunikation investieren, wobei die echte Nachhaltigkeit manchmal auf der Strecke bleibt.

Die Held AG gehört zum belgischen Unternehmen Ecover. Wird auch dort produziert?

Ja, zum Teil werden Held-eco-Produkte in den ökologischen Fabriken von Ecover produziert. Das macht Sinn, denn dort herrschen die optimalen Bedingungen für eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Produktion. Durch die Fusion mit Ecover konnten Synergien genutzt werden, so zum Beispiel in der Entwicklung und Forschung.

Was sind die Bestseller in der Schweiz und was wird hier noch produziert?

Flüssigwaschmittel, Colora-Buntwaschmittel, Geschirrspülmittel, Geschirrspültabs. Produziert wird noch das, was Sinn macht. Es gibt einige Produkte, die speziell für die Schweiz hergestellt werden und hier eine gewisse Tradition haben, zum Beispiel Putz­essig, Gallseife, Geschirrspülpulver, AntiFleck und Wasserenthärter.

Wie definieren Sie die Zielgruppe für diese Produkte?

Unseren Kunden liegt die Umwelt am Herzen und sie denken an nachfolgende Generationen. Sie suchen kraftvolle Produkte, die schonend sind für Mensch und Natur und im eigenen Daheim keine Rückstände hinterlassen. Sie haben einen hohen Anspruch an die Qualität und möchten Produkte, die modern und einfach anzuwenden sind.

Nach welchen Kriterien testen Sie diese Produkte?

Unser einzigartiges, vom unabhängigen Zertifizierungsinstitut Vinçotte Environment überprüfte Diamantmodell bewertet die Nachhaltigkeit eines Produktes anhand von 13 Kriterien. Dabei wird der gesamte Produktlebenszyklus von der Rohstoffgewinnung über die Anwendung bis zum biologischen Abbau betrachtet. Das Ergebnis ist ein präziser ökologischer Fingerabdruck, der im Idealfall das Bild eines grossen, regelmässigen, 13-fach geschliffenen Diamanten aufzeigt. Damit können alle Produkte in Leistung und Nachhaltigkeit miteinander verglichen werden.

Ihr Portfolio umfasst 28 Produkte. Welche Segmente decken Sie damit ab?

Wir bieten ein Vollsortiment an Wasch- und Reinigungsmittel an. Für jeden Bedarf gibts das passende Produkt, sogar für die Handpflege. Dank jahrelanger Forschung und Erfahrung im Haushalt können wir heute eine breite Produktpalette anbieten.

Held bezeichnet sich als Umweltpionier, Innovationen prägen die Firmengeschichte. Welche sind die wichtigsten?

Held war schon immer Vorreiter für ökologische Wasch- und Reinigungsmittel. Als nach dem Zweiten Weltkrieg Waschmittel aus Petrochemie boomten, erkannte Firmengründer Gottfried Held schon damals die schädlichen Auswirkungen und blieb dem Rohstoff Seife treu. 1964 entwickelte Held das erste phosphatfreie Waschmittel – 22 Jahre vor dem offiziellen Phosphatverbot in der Schweiz. Bereits in den 80er-Jahren haben wir zudem unser Nachfüllsystem entwickelt, welches bis heute im Fachhandel rege genutzt wird. Nach sieben Jahren Entwicklungsarbeit ist es unseren Forschern ferner gelungen, ein Eco-Tensid in einem energieeffizienten und vollständig biochemischen Prozess herzustellen, der pflanzliche Rohstoffe und Hefe nutzt. Tests haben bestätigt, dass dessen Reinigungswirkung genauso gut ist wie bei herkömmlichen petrochemischen Marktführern, und dies bei vollständiger biologischer Abbaubarkeit und niedrigster Toxizität.

Und wo sehen Sie heutzutage die Pionierleistung des Unternehmens?

Auch heute probieren wir, immer einen Schritt voraus zu sein. Dies sind wir dank aktiver Forschung und Entwicklung. In unsere Produkte schaffen es nur hoch entwickelte Rohstoffe, die beste Abbaubarkeitswerte aufweisen und so kraftvoll sind wie herkömmliche Produkte. Seit 2011 wurde Held auch bei der Verpackung grün: Das Plastik basiert nicht mehr auf Erdöl, sondern auf zertifiziertem Zuckerrohr, einem nachhaltigen Rohstoff. Damit sind wir das erste und einzige Unternehmen der Welt mit dieser grünen Verpackung.

Wie entstehen solche Pionierleistungen?

Wir tätigen überdurchschnittlich hohe Investitionen für Pionierprojekte. Wie schon erwähnt, ist es uns wichtig, immer einen Schritt voraus zu sein. Zudem setzen wir auf Partnerschaften mit gleichgesinnten Firmen, NGOs oder Universitäten und entwickeln zusammen neue Innovationen.

Welche Innovationen sind neu oder geplant?

Wir arbeiten im Moment schon wieder an einer neuen Verpackungsrevolution. In Zukunft sollen unsere Verpackungen aus einer Mischung von grünem PE und recyceltem Plastik, welches aus dem Ozean gefischt wird, bestehen. Aktuell ist zudem das Waterless-Projekt, mit welchem wir versuchen, Produkte mit möglichst tiefem Wasseranteil herzustellen. Viele neue Schritte sind jetzt noch in der Pipeline und es ist noch zu früh, darüber zu sprechen.

Seit ihrer Gründung setzt sich die Held AG nach eigenen Angaben für eine «gesunde Zukunft» ein. Was heisst das konkret?

Seit 90 Jahren hat Ökologie oberste Priorität bei Held eco. Eine gesunde Zukunft versteht sich auf verschiedenen Ebenen. Dazu gehören eine gesunde Umwelt, Gesundheit für Mensch und Tier sowie der Verzicht auf Tierversuche. Wir verwenden nur zu 100 Prozent abbaubare Rohstoffe auf pflanzlicher Basis und Mineralien, die für die Umwelt unbedenklich sind. Bewusst verzichten wir auf unnötige Petrochemikalien wie optische Aufheller, Schaumverstärker, synthetische Duftstoffe, etc. Die meisten Produkte sind dermatologisch getestet und besonders hautverträglich. Zudem tragen die Held-eco-Produkte das Label «Leaping Bunny», welches beweist, dass die Produkte im gesamten Produktzyklus zu 100 Prozent tierversuchsfrei sind. Und wir arbeiten mit dem WWF zusammen.

Können Sie diese Zusammenarbeit konkretisieren?

Held eco und der WWF Schweiz verfolgen gemeinsame Ziele: aktiv die Umwelt schonen, auf nachhaltige Ressourcen setzen und die Biodiversität erhalten. Elf Leader-Produkte tragen seit Mai 2013 das WWF-Logo. Ein Teil des Umsatzes fliesst direkt in die Umweltarbeit des NGOs. Da der WWF nur Produkte lizenziert, die seinen hohen Anforderungen entsprechen, ist dies ein starkes Signal an Konsumentinnen und Konsumenten.

Der Gründer Gottfried Held hat das Unternehmen nachhaltig geprägt. Wie präsent ist sein Geist auch heute noch?

Insbesondere wird unsere Firma von seinem Pioniergedanken angetrieben, immer neue nachhaltige Innovationen zu entwickeln – wie er damals mit dem phosphatfreien Waschpulver, welches ihn europaweit berühmt machte.

Held feiert heuer sein 90-Jahr-Jubiläum. Was bedeutet das für Held und welche Kommunikationsmassnahmen sind geplant?

Wir sind stolz darauf, 90 Jahre Firmengeschichte feiern und seit 90 Jahren die Zukunft vorbereiten zu dürfen. Fürs Jubiläumsjahr gibts einige Goodies, da wir uns bei unseren treuen Kunden bedanken wollen. Wir haben den Handel mit Kuchen belohnt, für Endkonsumenten gibts einen Wettbewerb mit Preisen im Wert von über 10 000 Franken plus 900 Sofortpreise.

Herr Synhaeve, welches sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen, die von Wirtschaft und Gesellschaft in puncto Nachhaltigkeit noch zu meistern sind?

7,5 Milliarden Menschen leben auf dieser Welt und die Ressourcen werden knapp. Daher müssen wir in Zukunft immer vernünftiger mit ihnen umgehen. Im grossen Unterschied zu vielen herkömmlichen Produkten verzichtet Held eco jetzt schon auf nicht nachhaltige Quellen wie zum Beispiel Erdöl. In Zukunft müssen andere Firmen folgen. Nicht nur mit den Produkten, sondern auch in der Produktion, mit der Verpackung und auch mit der Abbaubarkeit und dem Recycling. Wiederverwenden und recyceln, umdenken und Ressourcen sparen heisst die Devise. «