Herr Krummen, Ihre Unternehmenshistorie geht bis zu Ihrem Grossvater zurück. Was hat Sie damals bewogen, das Familienunternehmen fortzuführen?
Mein Bruder und ich führen das Geschäft seit zwanzig Jahren in der dritten Generation. Unser Grossvater war Viehhändler und er brauchte Lastwagen, um die Tiere zu transportieren. Als er die Lastwagen nicht mehr benötigte, fragte er meinen Vater, ob er sie übernehmen wolle. Mein Vater, damals etwa 18 Jahre alt, willigte ein, entschloss sich dann aber, die Lastwagen nur noch für Transporte zu benützen. So wurde die Firma zum reinen Transportunternehmen. Mein Zwillingsbruder und ich mussten dann vor 22 Jahren das Unternehmen unter problematischen Umständen rasch übernehmen. Es gab keinen geplanten Start und es war eine schwierige Zeit. Wir bekamen aber eine starke Unterstützung vom Team und auch von Leuten ausserhalb des Unternehmens.
Wie unterscheidet sich Ihr Unternehmen heute von anderen Transportanbietern?
Transportunternehmen können heute nur noch überleben, indem sie sich auf bestimmte Segmente konzentrieren und in diesen eine hohe Flexibilität entwickeln.
Welche Segmente sind dies?
Eines unserer Gebiete ist der Transport von Lebensmitteln und die ergänzenden Logistik-Dienstleistungen. Ein ganz anderes Segment ist der Pharmatransport.
Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz durch?
In der Schweiz haben wir nur zwei direkte Mitbewerber. In der Vergangenheit waren wir mit allen unseren Angeboten im internationalen Geschäft tätig. Heute haben wir als Schweizer da weitaus weniger Chancen. Die Konkurrenzunternehmen, zum Beispiel aus Osteuropa, können ihre Transporte um einiges billiger anbieten, sie haben weniger Lohn- und Betriebskosten. Im Pharmageschäft führen wir internationale Transporte immer noch durch, häufig nach Grossbritannien. In dem Segment sind die Kundenanforderungen sehr hoch in Bezug auf Qualität, Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit.
Wird sich mit dem Brexit etwas ändern?
Ich hoffe natürlich, dass dieser keine negativen Auswirkungen haben wird. Es können auch neue Chancen entstehen. Die Schweiz exportiert viele Produkte nach England, zum Beispiel Schokolade oder Pharmaprodukte.
Wie soll sich die Schweiz Ihrer Meinung nach zur Europäischen Union stellen?
Das ist eine schwierige Frage. Als ich noch jung war, zählte ich zu den EU-Befürwortern, aber die Entwicklung der EU in den letzten Jahren beurteile ich skeptisch. Die Schweiz hat einen Status, bei dem wir praktisch Mitglied sind, aber nicht mitreden können. Wir haben aber immer noch unsere Grenzen, das ist ein Vorteil. Ich habe den Eindruck, dass wir im Moment von der EU profitieren.
Wie sind die Transporte in die EU und von der EU in die Schweiz geregelt?
Ausländische Unternehmen dürfen in der Schweiz entweder ein- oder ausladen, innerschweizerische Transporte, zum Beispiel von Winterthur nach Genf, können sie also nicht anbieten. Die Schweizer können innerhalb der Schweiz beliebige Transporte ausführen. Umgekehrt unterliegen wir im Ausland denselben Beschränkungen, wir können Waren zum Beispiel von Deutschland nach Frankreich transportieren, aber keine Lieferungen innerhalb von Deutschland anbieten. Geregelt ist das im «Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse».
Die Eidgenössische Zollverwaltung will bis im Jahr 2026 sämtliche Zollprozesse digitalisieren. Grenzübertritte sollen damit vereinfacht und beschleunigt werden. Wie sehen Sie diese Entwicklung, und was bedeutet dies für Ihre Branche, respektive Ihr Unternehmen?
Das wird für uns eine Produktivitätssteigerung bedeuten. An unseren Zöllen gibt es immer wieder lange Staus, was mit digitalen Zollprozessen vermieden wird. Man kann auch heute schon den Ablauf optimieren, zum Beispiel mit Binnenverzollung, aber so entstehen Zusatzaufwand und Kosten.