Herr Professor Lambertz, wie sind Sie auf die Idee gekommen, auf Grundlage bionischer Forschung Sportkleidung herzustellen?
Bei einem Abendessen lernte ich Marco Redini kennen, einen jungen Italiener, der mit seinem Vater eine kleine Sockenfabrik führte. Er beklagte sich über die Dumpingpreise von anderen Anbietern und fragte mich, was man dagegen unternehmen könne. Er ging davon aus, dass sich das Problem mit einer geschickten Werbekampagne lösen liesse. Ich erkannte gleich, dass das so nicht funktionieren würde. Ich beriet damals internationale Grossunternehmen, mit Socken hatte ich überhaupt nichts am Hut. Trotzdem liess ich mich überreden, den kleinen Betrieb südlich des Gardasees zu besichtigen. Nach einigen Diskussionen bat mich Marco Redini, ein Konzept für eine neue Socke zu entwickeln. Ich beschäftigte mich also das erste Mal mit dem Sockenmarkt, der damals kaum differenziert war. Das Ergebnis meiner Arbeit war die erste «X-Socks». Ich ging dabei von folgender Überlegung aus: Der menschliche Fuss ist zum Barfussgehen konzipiert. Anders als beim Körper muss man die Feuchtigkeit am Fuss von der Haut und aus dem Schuh transportieren. Bleibt die Haut nass, erhöht sich das Risiko der Blasenbildung.
Sie entwickelten später Sportkleidung. Was unterscheidet diese von anderen Produkten?
Das Konzept der bisherigen Sportkleidung bestand darin, Schweiss vom Körper wegzutransportieren. Dabei dient das Schwitzen zur Temperaturregulierung im Körper, das heisst dazu, dass der Körper die optimale Temperatur von 37 Grad beibehält, die ideal für Höchstleistungen ist. Laut Studien der Universität Dortmund verbrauchen Ausdauersportler in Extremsituationen bis zu 97 Prozent ihrer Energie für die Kühlung. Wir haben Technologien entwickelt, die den Schweiss nutzen, anstatt ihn einfach zu entsorgen. Dreidimensionale Strukturen an Brust und Rücken, unser «3D Bionic Sphere-System», hält einen dünnen Schweissfilm auf der Haut, der kühlt. Bleibt Schweiss aus, speichern die dreidimensionalen Strukturen warme Luft. Die Bekleidung wärmt somit, wenn man friert. Und kühlt, wenn man schwitzt. Natürlich entstand darauf eine intensive Diskussion mit Herstellern von konventioneller Sportkleidung, beinahe ein Glaubenskrieg.
Ihre Anzüge verschaffen also Sportlern einen Vorteil gegenüber denen, die etwas anderes tragen. Könnte das am Ende als Doping betrachtet werden?
Es bestehen noch keine Dopingvorschriften in Bezug auf Bekleidung, die den natürlichen Kühlmechanismus des Körpers unterstützt, aber solche sind zu erwarten.
Sie arbeiten mit der teils hochgelobten, teils kritisierten Nanotechnik. Wie beurteilen Sie deren Chancen und Gefahren?
Die Nanotechnik bietet mehr Chancen als Gefahren. Das bestätigt auch ein Gutachten von Professor Krug von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA; er zählt zu den renommiertesten Wissenschaftlern in diesem Segment. In schwedischen und niederländischen Medien wurden beispielsweise schon Tests zum Thema Nanosilber durchgeführt, wobei bei unseren Produkten im Vergleich mit anderen am
wenigsten Silber ausgewaschen wurde.