Herr Cornelius, seit Anfang der 1990er-Jahre engagieren Sie sich für nachhaltige Produktionsprozesse. Zunächst bauten Sie Ihr Unternehmen Switcher zu einem Öko-Label um, dann gründeten Sie die Product-DNA SA. Worum geht es dabei konkret?
Es geht um die Rückverfolgbarkeit von einem Produkt. Die Endverbraucher sollen wissen, wo ein Produkt hergestellt wurde und unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen. Viele Firmen haben gute Produkte und Marken, bei denen man aber nicht weiss, wie sie produziert werden. Der Umwelt-Erdgipfel von 1992 inspirierte mich dazu bei der Firma Switcher, die ich damals leitete, auf Nachhaltigkeit zu achten sowie auf soziale Probleme wie Kinderarbeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Und wie kann der Konsument die Entwicklung eines Produktes zurückverfolgen?
Auf unserer Webseite «respect-code.org» finden die Kunden Informationen über alle Produktionsstufen eines Produktes, von dem Anbau beziehungsweise der Gewinnung von Rohstoffen Transport, Verarbeitung der Rohstoffe und so weiter bis zum fertigen Produkt. Wir zeigen die Zertifikate der beteiligten Unternehmen sowie Fotos von den Betrieben. Für die Kunden ist das kostenlos. Auf der Webseite kann man die Rückverfolgung von derzeit 44 Millionen Produkten ersehen.
Wer finanziert diese Dienstleistung?
Viele Unternehmen haben ein grosses Interesse daran, für das Publikum transparent zu sein und zu zeigen, dass ihr Produkt unter einwandfreien sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt wird. Diese Unternehmen bezahlen für unsere Dienstleistungen.
Beraten Sie Ihre Unternehmenskunden auch, wie sie eine Beschaffungskette optimal gestalten können?
Ja, wir überwachen die Beschaffungskette permanent und spüren Risiken und Schwachstellen auf. Dann beraten wir die Kunden über mögliche Verbesserungen. Solche Veränderungen brauchen natürlich immer Zeit, zum Beispiel, wenn ein Lieferant Zertifikate braucht und dafür seinen Betrieb umstellen muss. Die Unternehmer sind daran interessiert, ihren Konsumenten eine möglichst optimale Beschaffungskette zu präsentieren und wir beraten sie bei der Organisation.
Wie viel kostet Ihre Dienstleistung?
Das kostet nicht viel, oft nicht einmal ein Prozent des Warenwertes. Natürlich kommt es auf die Beschaffungskette an, je einfacher diese ist, umso günstiger wird die Recherche. Aber wenn man für eine Marke Waren im Wert von einer Million Franken beschafft und 5000 bis 10 000 Franken für unsere Dienstleistung bezahlt, ist das wenig. Marketingbudgets sind normalerweise wesentlich höher. Je mehr Firmen wir beraten, umso mehr Informationen haben wir zur Verfügung. Das bewirkt, dass unsere Dienstleistung auf Dauer billiger wird. Ein wichtiger Aspekt ist, dass Transparenz auch die Risiken für Produkte wesentlich vermindern kann. Wenn schädliche Produkte auf den Markt kommen, ist die finanzielle Einbusse, die durch Prozesse und Ruf-schädigung entsteht, kaum zu berechnen.
Unterstützen Ihre Unternehmenskunden auch Produzenten in Entwicklungsländern?
Wenn man in einem Land einkauft, muss man etwas zurückgeben. Durch die Transparenz begreifen die Unternehmer, dass sie in die Beschaffungskette investieren müssen. Wir beraten sie, wie sie bessere Arbeitsbedingungen schaffen können. Für eine qualifizierte Marke sollte man auch in Löhne investieren, einige Cents pro Produkt ergeben beinahe die Hälfte eines dreizehnten Monatslohns. Und wenn Produzenten für Überstunden mehr bezahlen müssen, werden solche vermieden.
Ein Containerschiff braucht pro Stunde 10 000 Liter Schweröl. Kann der Kunde feststellen, wie viel von dieser Energie für sein Produkt verbraucht wird?
Ein Beispiel: Mit einem Lastwagen können 50 T-Shirts mit einem Liter Benzin von Osteuropa in die Schweiz transportiert werden. Für den Transport von China aus mit Containerschiff und Lastwagen benötigen zehn T-Shirts einen Liter Benzin. Solche Zahlen werden den Kunden bekannt gegeben. Der Kunde kann auch den Ressourcen- oder Wasserverbrauch verfolgen, zum Beispiel was nötig ist für den Anbau, die Herstellung, den Transport und so weiter.