ICT & Technik

IT-Sicherheit und Cloud-Management V

Wie KMU den richtigen IT-Partner finden können

Zahlreiche KMU verfügen bei der Herausforderung «Digitalisierung» weder über die notwendigen IT-Ressourcen noch das erforderliche Know-how. Aus diesem Grund sind sie oft abhängig von IT-Dienstleistern, insbesondere von Systemhäusern. Wie gelingt es, einen qualifizierten IT-Partner für den digitalen Veränderungsprozess zu finden?
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Den Unternehmen unterlaufen bei der Suche nach einem geeigneten IT-Partner immer wieder dieselben Fehler – Fehler, die sich mit einer planvollen und struk­turierten Vorgehensweise von den KMU-Führungskräften vermeiden liessen. 

Hindernisse bei der Partnerwahl

Wer einen qualifizierten IT-Partner für die Digitalisierung auswählen will, sollte darauf achten, die folgenden Hindernisse zu überwinden.

Hindernis 1: Das Projekt wird nicht zur Chefsache

Oft fehlt es schlicht und einfach an der notwendigen Zeit, sich neben dem ope­rativ-hektischen Alltagsgeschäft angemessen um die Grossaufgabe «Digitali­sierung» zu kümmern. Das Management macht sich um vieles Gedanken, aber nicht um diese Herausforderung. Darum sollten die KMU-Entscheider das Projekt zur Chefsache erklären und sich dazu durchringen, einer Führungskraft die Aufgabe zu übertragen, in einem struk­turierten Ablauf den digitalen Transformationsprozess zu meistern. 

Denkbar ist es, auf Geschäftsführungsebene die Rolle eines Chief Enterprise Development Officer (CEDO) zu instal­lieren. Unter Mitwirkung aller Abteilungen werden die Prozesse, Strukturen und Rollen so re-designt und die Menschen so vorbereitet, dass der Veränderungsprozess gelingt. Der CEDO bündelt die Aktivitäten aller Beteiligten und sorgt für Klarheit, Transparenz und Motivation. Alle Unternehmensprozesse und -strukturen müssen daraufhin abgeklopft werden, ob sie fit sind für den durch die Di­gitalisierung hervorgerufenen Change.

Hindernis 2: Die Auswahl erfolgt zu schnell

Schnelligkeit ist auch in agilen Zeiten selten der beste Ratgeber. Statt sich rasch für den nächstbesten IT-Partner zu entscheiden, ist es zielführend, dem Motto «Augen auf bei der Partnerwahl!» zu folgen. Statt blindlings raschen Ratgebern nachzurennen, die dem Unternehmen weismachen wollen, sie müssten unbedingt in die Cloud, auf künstliche Intelligenz setzen, die pragmatische Ambidextrie durchführen und die Organisationskultur agilisieren, sollten sich die Entscheider in den KMU fragen: «Welche unternehmensindividuellen Schritte befähigen uns, den digitalen Change-Prozess zu bewältigen? Und zwar auf der Grundlage unserer bestehenden und eventuell verschlankten Prozesse und mit Rücksicht auf die be­teiligten Menschen? Und welcher Part­ner kann uns dabei optimal unterstützen?»

Hindernis 3: IT-Partner bevorzugt Grossunternehmen 

Die Denkweise vieler potenzieller IT-Partner ist: Je grösser die Kundenunternehmen, desto grösser die Projekte und desto besser die Auslastungsplanung. Das heisst: Sie wollen die grossen Aufträge abfischen und lieber mit einem Konzern oder Grossunternehmen zusammenarbeiten als mit einem KMU. Deren Entscheider sind einerseits gut beraten, bei der IT-Partnerwahl zu prüfen, ob der Dienstleister Erfahrungen in der Betreuung auch kleiner und mittlerer Unternehmen hat. Andererseits sollte die Geschäftsführung dem potenziellen Dienstleister verdeutlichen, dass der Beratungsbedarf umfangreich ist. 

Hindernis 4: Der Partner denkt nicht vom Kunden her

Laufen die Denkweise und Philosophie des IT-Partners wirklich darauf hinaus, dass der Kunde König ist? Gilt für ihn das Leitmotiv «Beziehung vor Produkt»? Oder steht das Ziel im Vordergrund, «sein» Produkt und «seine» ureigene Problemlösung zu verkaufen, ohne die Erwartungen, Wünsche und Ziele des Kunden zu berücksichtigen?

Zu den Hauptaufgaben des Chief Enterprise Development Officers (CEDO) gehört die Beantwortung der Fragen: «Wie hält es der IT-Partner mit der Customer Centricity? Ist er willens und kompetent, dem Kunden eben nicht die eigenen Vorstellungen überzustülpen oder gar auf­zuzwingen, sondern zunächst einmal den Ist-Zustand zu analysieren und im Austausch mit dem KMU dessen Ziele kennenzulernen, um erst nach einem intensiven Beratungsprozess eine Problem­lösung zu präsentieren und umzusetzen? Eine Problemlösung, die optimal für das KMU ist – und erst in zweiter Linie für den IT-Dienstleister?» Dabei ist es unerlässlich, dass der Partner den digitalen Reifegrad des Unternehmens einschätzen und seine IT-Strategie und Umsetzungsakti­vitäten darauf abstimmen kann.

Hindernis 5: Es gibt keinen Umsetzungssupport

Kundenzentrierte IT-Dienstleister sind bereit, den Kunden permanent bei der Umsetzung zu unterstützen, nicht nur technisch. Alle Systeme, Abläufe und Prozesse und zudem die Qualifikationen der Mitarbeiter sind darauf ausgerichtet, die Interaktionen und Vorgänge beim Kunden, dem KMU, zu optimieren. Auch die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter sind darauf geeicht, die strategische Ausrichtung des Unternehmens sowie die Prozesse zu verbessern und das operative Geschäft weiterzuentwickeln.

Hindernis 6: Der Partner ist lediglich «Fachidiot»

Der IT-Dienstleister sollte ein exzellenter Spezialist für das Business des Kunden sein. Das KMU darf erwarten, dass er das Geschäftsmodell aus dem Effeff kennt, sich auf den Stuhl des KMU setzen und Probleme vielleicht sogar noch früher und besser identifizieren kann als die KMU-Entscheider selbst. Er soll nicht nur eine kundenzentrierte Lösung bieten, sondern den Beratungsprozess so aufsetzen können, dass er das Unternehmen unterstützt, mithilfe des digitalen Transformationsprozesses Marktanteile zu sichern und zu gewinnen. Im Zuge einer lösungsorientierten Beratung entwickelt der IT-Partner ein tiefes Verständnis bezüglich der Bedürfnisse und der Situation des Kunden. Denn er kennt die Herausforderungen, vor denen dieser steht. Er ist eben nicht nur ein IT-Experte, sondern ein Experte in Bezug auf die Branche und die Märkte, auf denen der Kunde agiert. Letztendlich entwickelt er sich zum Bu­si­ness Consultant. Ist er dazu nicht bereit, eignet er sich nicht als Begleiter des di­gitalen Veränderungsprozesses.

Hindernis 7: IT-Partner wünscht nur eine kurzfristige Zusammenarbeit 

So mancher IT-Dienstleister ist lediglich daran interessiert, eine kurzfristige digitale Problemlösung zu implementieren. Das KMU hingegen wünscht eine langfristig, vor allem strategisch ausgerichtete Betreuung, bei der durch einen regelmässig stattfindenden Check-up die di­gitalen Transformationsfortschritte immer wieder unter die Analyselupe gelegt und die Umsetzungsmassnahmen angepasst werden. Es reicht nicht, dass der IT-Dienstleister ein geniales und technisch perfektes System schlüsselfertig implementiert. Erst das professionelle und nachhaltige Change-Management stellt sicher, dass sich bei dem Kunden die gewünschte digitale Performance realisieren lässt. Der CEDO sollte in diesem Zusammenhang darauf dringen, dass es im Hause des IT-Partners einen festen Ansprechpartner gibt, der sich als be­gleitender Change-Manager versteht.

Hindernis 8: Der Partner hält am Kompetenz-Status quo fest

Professionelle IT-Dienstleister sind bereit, zum Wachstum und zur Weiterentwicklung ihrer Kunden einen aktiven Beitrag zu leisten – auch indem sie selbst wachsen und sich ständig weiterent­wickeln. Bei der Auswahl eines kompetenten Partners spielt die Frage, inwiefern dieser bereit ist, sich weiterzubilden, eine Rolle. Wenn der potenzielle Partner zum Beispiel die digitalen Qualifikationen und überdies die Soft Skills seiner Mitarbeiter konti­nuierlich mithilfe individueller Entwicklungspläne und Trainingsprogramme aus­baut, sammelt er Pluspunkte.

Hindernis 9: Klare Entscheidungs-kriterien fehlen

Der digitale Change-Prozess scheitert oft, weil das KMU die eigenen Erwar­tungen nicht genau kennt. Als IT-Kunde wünscht sich das Unternehmen wahrscheinlich Topleistung, einfache Prozesse, ein Vertrauensverhältnis zum Dienstleister, gegenseitigen Respekt, Offenheit und Transparenz, Nutzen und Nachhaltigkeit. Der CEDO sollte mithilfe einer – an die jeweiligen unternehmensspezifischen Gegebenheiten angepassten – Checkliste überprüfen, in welchem Ausprägungsgrad die genannten Kri­terien durch die zur Auswahl stehenden IT-Partner ab­gedeckt werden.

Hindernis 10: «Ist doch nur ein IT-Projekt!»

Bei der digitalen Transformation geht es nicht nur um ein IT-Projekt, sondern um einen das gesamte Unternehmen betreffenden Change-Prozess. Darum soll zum Schluss nochmals auf den CEDO eingegangen werden: Bei diesem beziehungsweise dieser handelt es sich nicht um eine Einzelperson, die im Alleingang die Voraussetzungen für die digitale Transformation verwirklichen soll. Er steht unter dem KMU-Geschäftsführer gleichberechtigt neben den anderen Mitgliedern der Geschäftsführung und den Ressort- und Bereichsleitern.

In sein Ressort gehören möglichst alle Bereiche, die die Entwicklung des Un­ternehmens vorantreiben könnten: na­türlich HR mit Personalentwicklung und Unternehmensentwicklung, aber auch die IT, und die Unternehmenskommunikation sowieso. Und eben die Auswahl und Betreuung des externen IT-Partners. Unter dieser Prämisse durchdenkt er alle internen Prozesse und beendet in den unterschiedlichen Abteilungen das Silodenken. Der CEDO agiert ganzheitlich und prüft, welche Anpassungsprozesse in Führung, HR, Vertrieb, Marketing, Innovation / Entwicklung, Service und Logistik und in der IT notwendig sind, um gemeinsam mit dem externen IT-Partner den digitalen Transformationsprozess zu bewältigen.

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