ICT & Technik

Cloud-Migration

Unerwartete Kosten und wie sie vermieden werden können

Bei Cloud-Strategien liegen die Tücken im Detail: Die variantenreichen Abrechnungs­modalitäten von Cloud-Providern und technische Fallstricke der eigenen IT-Infrastrukturen können Kostenvorteile schnell zunichtemachen, es sei denn, Unternehmen wappnen sich mit Umsicht und Analysen gegen böse Überraschungen.
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Mit den laufenden Digitalisierungsmassnahmen haben Unternehmen bereits ein gutes Bewusstsein dafür entwickelt, dass sich die IT-Budgetplanungen und -Kostenstrukturen mit Cloud-Umgebungen erheblich verändern. Doch es lauern kritische Kostenfallen, die im komplexen Projektmanagement einer Cloud-Migration schnell übersehen werden können. Ein Thema, das Unternehmen auch im Cloud-Betrieb begleitet, wie eine aktuelle Studie von Harvard Business Review zeigt.

Denn demnach ist zwar der Mehrwert, der aus dem Einsatz von Technologie ­resultiert, von höchster Bedeutung bei Budgetplanungen. Allerdings vertrauen nur 62 Prozent den dazu verfügbaren In­formationen. Die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie den durch Technologie­investitionen generierten Mehrwert nur ad hoc (31 %) oder gar nicht (20 %) messen, 16 Prozent tun dies nur zu bestimmten Projektmeilensteinen. 

Mögliche Kostenfallen

Aus der Erfahrung mit Projekten zur ­Einführung von IT-Finanzmanagement hat Apptio die sechs wichtigsten Bereiche identifiziert, die Budgets einer Cloud-­Migration sprengen können:

On-Premise-Verbindlichkeiten – sie beeinflussen Timing und Reihenfolge der Cloud-Migration

Bei der taktischen Planung, wann welche Workloads in die Cloud migriert werden sollen, stehen häufig geschäftsstrate­gische Kriterien im Vordergrund. Dabei werden allzu oft bestehende, dezentral verwaltete vertragliche Verpflichtungen übersehen, die mit dem bestehenden ­Rechenzentrum verbunden sind. 

Dies beginnt bei Mietverträgen und laufenden Abschreibungen der Hardware sowie ­deren Wartungs- und Support-Verträgen, zu nennen sind zudem auch Aufwände in den Bereichen Asset Management, ­Administration und Audits. 

Wichtig ist daher, vorab anhand der Laufzeiten die Gesamtkosten solcher On-Premise-Verträge zu klären, die parallel zum Cloud-Betrieb auflaufen. Dies erst ermöglicht eine realistische Kosten-Nutzen-Rechnung mit den nötigen Eckdaten, um ein kosteneffizientes Timing der Mig­ration in die Cloud zu planen sowie zu entscheiden, in welchen Schritten be­ziehungsweise in welcher Reihenfolge die Umstellung erfolgen sollte.

Fähigkeit zum aktiven Multi-Cloud-Management – für die nötige Korrelation zwischen technischem Monitoring und Kostenstrukturen

Die meisten Public-Cloud-Anbieter können aus einer Hand alle gängigen Cloud-Anforderungen erfüllen. Im Detail betrachtet variieren die Kosten und Leistungen allerdings, zudem soll die Abhängigkeit von nur einem Provider vermieden werden für eine ausgewogene Risikostreuung. Hinzu kommt, dass Multi-Cloud die Datensicherheit für Unternehmen unterstützt, indem Daten mit spezifischen Techniken codiert und über verschiedene Clouds ­verteilt werden für höheren Schutz vor ­Hackerangriffen und Datenverlusten. 

So sind Unternehmen – gewollt oder nicht – mit den Anforderungen eines aktiven Multi-Cloud-Managements konfrontiert. Wer darauf technisch und organisatorisch mit entsprechenden Lösungen, Experten und Prozessen vorbereitet ist, vermeidet Kostenfallen – etwa durch Workload-Analysen für bessere Prog­nosen, Rightsizing und die Optimierung von Kosten, die aktive Nutzung der Elastizität von Cloud-Kapazitäten für Lastspitzen oder durch Monitoring, das ungenutzte Services oder Anomalien im Verbrauch identifiziert. 

Abrechnungsvarianten – sie bestimmen die wirtschaftliche Kombination von Cloud-Services

Bei der Kostenschätzung und Budget­planung für Cloud-Dienste ist es wesentlich, zu verstehen, wie einzelne Cloud-­Anbieter die Nutzung ihrer Ressourcen messen und nach welchen Kriterien abgerechnet wird – dies reicht von stundenweiser Abrechnung der Nutzung einzelner Instanzen über Kosten nach Datenmenge bis hin zum ausgehenden Datenverkehr in Gigabyte pro Monat, mit unterschiedlichen Commitments.

Das heisst, Unternehmen sollten einen möglichst detaillierten Einblick dazu haben, welche Cloud-Kapazitäten in welchen Qualitäten sie über welche Zeiträume in den verschiedenen Phasen der Cloud-Migration benötigen, um die optimale Kombination an Cloud-Services ­beziehungsweise -Skalierung bei unterschiedlichen Anbietern zu beauftragen.

Von App-Performance bis Ska­lierung – verursachergerechte Kostenanalysen unterstützen Optimierung

Die Architektur und Performance von ­Anwendungen, was etwa den Bedarf an Arbeitsspeicher oder die Menge der Transaktionsdaten betrifft, spielt mit der zumeist grosszügig dimensionierten Hard­ware in Rechenzentren kaum eine Rolle. Im Cloud-Betrieb kann das allerdings überraschend deutlich die Kosten in die Höhe treiben.

In Multi-Cloud-Umgebungen ist es ein oft unterschätzter Kostenfaktor, wenn durch Skalierung Anwendungen über Cloud-Grenzen hinweg Datenverkehr erzeugen. Viele Cloud-Provider berechnen nach ein- und ausgehendem Traffic. Hier ist es wichtig, dass die Kostenstrukturen bekannt sind und die Anwendungen nach Lastspitzen automatisiert wieder zurückskalieren.

Ähnliches gilt für Cloud-Speicher und andere Ressourcen, die beispielsweise Devops-Teams in Projekten beanspruchen. Bei der Cloud-Migration und im Betrieb ist daher von Beginn an eine verursachergerechte Kostenanalyse hilfreich, um schnell und gezielt steuernd eingreifen zu können.

Von Lift and Shift bis zu Alt­systemen – sie bergen ungeahnte Kostenfallen

Von den vielen möglichen teuren Plan­änderungen bei Cloud-Migrationen sind zwei besonders hervorzuheben, die im Vorfeld durch genaue Prüfung vermieden werden können: Dies betrifft zunächst den beliebten «Lift and Shift»-Ansatz, bei dem schnell und ohne Anpassungen Anwendungen und Daten in die Cloud verschoben werden und selbst die einzelnen Cloud Services nicht auf die tatsächliche Nutzung dimensioniert wurden. Dieser vermeintlich günstige Weg kann eine unerwartete Kostenexplosion nach sich ziehen: Wenn erst im Nachhinein festgestellt wird, dass die Kosten der Public-Cloud-Infrastruktur deutlich teurer sind als die Rechenzentrumskosten und letztlich doch Architektur-Anpassungen für die Cloud erforderlich sind, verbunden mit erheb­lichem Projektierungsaufwand.

Ein weiterer Kostenfaktor kann durch Altsysteme bzw. Legacy Systems entstehen, die aus technischen Gründen nicht einfach migriert werden können, aber mit ­ihren Daten – zumeist aus rechtlichen Gründen – weiter vorgehalten werden müssen. Die Folge: On-Premise-Ressourcen können nicht im geplanten Mass abgeschaltet werden und belasten weiterhin IT-Budgets.

Exit-Strategie für On-Premise – mit konsequenten Analysen Redundanzen begrenzen

In der Übergangsphase sind redundante Kapazitäten in der Cloud und im Rechenzentrum unabdingbar. Diese Phase sollte mit einem konsequenten Monitoring der Workloads und Analysen des tatsächlichen Bedarfs in Korrelation zu den Kosten und deren Variablen bei dem/den Cloud-Anbieter/-n verbunden sein. 

Neben der technischen Qualität stellt ­dieses Vorgehen sicher, dass Entscheidungen, wann welche Rechenzentrums­­kapazitäten abgeschaltet werden – oder eben nicht –, rasch und konsequent ge­troffen werden können. Ansonsten droht die Gefahr, dass teure Redundanzen unnötig lange weitergeführt werden.

Fazit

Die Umsetzung von Cloud-Strategien ist verbunden mit einem komplexen Wechselspiel zwischen Verbrauch und Kosten, das geprägt ist von unterschiedlichen technischen und wirtschaftlichen Va­riablen, die sich dynamisch verändern. Es braucht daher eine zeitnahe Verknüpfung zwischen IT- und Finanz-Monitoring mit Prozessen und Systemen, die gleichzeitig zu einer Cloud-Migration implementiert werden sollten. Dies mag für manche Unternehmen zunächst ungewohnt sein, aber es hilft nachhaltig, den optimalen wirtschaftlichen Mehrwert aus Cloud-­Initiativen zu realisieren.