Big Data, Cloud Computing, mobile Lösungen. Der ERP-Markt bleibt dynamisch. Herr Suter, wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht die ERP-Landschaft und wie können sich KMU darin orientieren?
Web und Wettbewerb stellen Unternehmen laufend vor neue Herausforderungen. Sie stehen vor der Frage, wie sie ihre ERP-Software fit für die Zukunft machen und damit die Mitarbeitenden befähigen, weiterhin erfolgreich zu agieren. Dazu braucht es Lösungen, die zeitnah und kostenschonend auf sich ändernde Marktanforderungen ausgerichtet werden können. Ausserdem müssen sie den sicheren internen und externen Zugriff auf Daten und Systemteile ermöglichen sowie Arbeitsprozesse mobil und ohne Medienbrüche gestalten lassen. Konkret: Der Lagermitarbeiter muss seine Absenzen, zum Beispiel Ferien, direkt via Tablet erfassen können, der Vorgesetzte gibt sie frei und auf Knopfdruck erfolgt der Abgleich des Feriensaldos mit der Personalsoftware.
Was sind aus Ihrer Erfahrung die wichtigsten Bedürfnisse der KMU?
Je nach Unternehmensgrösse unterscheiden sich die Bedürfnisse markant. Allen gemeinsam ist aber sicher der Wunsch nach mehr Mobilität, Flexibilität und Kontrolle. Dazu zählt auch das Bedürfnis, mehr Informationen aus bestehenden Daten für die Geschäftsführung generieren zu können. Denn letztlich geht es um mehr Effizienz im Tagesgeschäft und um die sichere Unternehmensführung, damit man sich aufs Kerngeschäft konzentrieren kann.
Wie stark ist die Nachfrage nach Cloud-Lösungen?
Wir stellen eine wachsende Nachfrage fest. Meist wird aber nicht direkt nach Cloud-Lösungen gefragt. Vielmehr stehen spezifische Nutzungsmöglichkeiten und Funktionalitäten im Zentrum. Die Technologie ist oft zweitrangig. Der Grossteil unserer Kunden arbeitet noch mit einer vor Ort installierten Lösung. Unsere Lösungen sind aber alle cloudfähig und erlauben den Onlinezugriff.
Wie beurteilen Sie die heutige Akzeptanz von Cloud-Lösungen in KMU?
Bei Kleinstunternehmen stellen wir einen Trend in Richtung Cloud fest. Denn grundsätzlich kann sich das Unternehmen in diesem Fall überlegen, ob es die Software als Service via Cloud beziehen möchte oder diese lokal auf dem Rechner installieren möchte. Bei mittleren und grösseren Unternehmen stehen aber andere Bedürfnisse im Vordergrund. Oft ist ein IT-System im Einsatz, dessen Betrieb als Ganzes in der Cloud zu komplex und kostspielig ist. Bei diesen Unternehmen geht der Trend mehr in Richtung cloud-basierter, mobiler Services.
Wie hoch sind die Bedenken bezüglich Sicherheit, sprich den Datenschatz nach aussen zu geben?
Diese Bedenken sind sicher vorhanden. Hier muss man unterscheiden zwischen der Befürchtung, dass ein Dritter Einsicht in die Daten erhält und der Angst, dass Daten in der Cloud verloren gehen. Gegen Letzteres ist man dank ausgeklügelten Backups heute sehr gut abgesichert. Die Bedenken bezüglich der Einsicht Dritter sind nicht erst seit der Cloud aktuell und betreffen alle Bereiche im Unternehmen, wo elektronisch kommuniziert wird. Wir versenden täglich E-Mails. Dabei ist die Gefahr trotz aller Sicherheitsmassnahmen gegeben, dass ein Dritter Einsicht in Unternehmensdaten erhält.
Herr Suter, ein anderes Thema: Die Konvergenz zwischen Hochschulen und Unternehmen, zwischen Theorie und Praxis nimmt zu. Jetzt geht auch Sage diesen Weg und beteiligt sich an einem Forschungsprojekt des Instituts für Finanzdienstleistungen (IFZ) der Hochschule Luzern. Um was geht es bei diesem Projekt?
Sage und das IFZ arbeiten in einem gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekt am Internen Kontrollsystem (IKS) der Zukunft, zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Schweizer KMU. Das Projekt wird von der Bundeskommission für Technologie und Innovation mitgetragen. Im Wesentlichen geht es darum, herauszufinden, wie die interne Kontrolle als Führungsinstrument in KMU effektiver und effizienter genutzt werden kann. Ziel ist es dabei, die Eigenkontrolle zu verbessern und ein einfaches, webbasiertes Finanzkontroll-Tool sowie ein Benchmark-Modell zum Vergleich zu entwickeln. Der Hintergrund ist folgender: Ab 2008 ist ein Internes Kontrollsystem (IKS) auch für KMU per Gesetz vorgeschrieben. Viele KMU sahen sich daraufhin gezwungen, ein IKS einzuführen – auch weil der Verwaltungsrat im Falle eines fahrlässigen Verschuldens mit seinem Privatvermögen haftet. Das Problem dabei: Wie genau ein IKS ausgestaltet sein soll, ist im Gesetz nicht geregelt. Als Folge davon werden Kontrollsysteme vielfach nur auf die Prüfung der finanziellen Berichterstattung ausgerichtet. Das greift bei einer Risikobeurteilung aber zu kurz. Das zweite Problem: 2012 wurden die Schwellenwerte für die ordentliche Revision erhöht. Das führt dazu, dass viele KMU auf die Revision und damit auf ein institutionalisiertes IKS verzichten – mit allen möglichen Konsequenzen.