Im Jahr 2000 waren in der Schweiz 3,5 Millionen Menschen offline. Heute sind es gerade noch rund 800 000. Das zeigt eine aktuelle Studie von «Net-Metrix». Oder anders gesagt: Heute sind 87 Prozent der Schweizer online. Sie kaufen, konsumieren und arbeiten online und nutzen die Cloud als Datenspeicher. Beispiele wie Amazon, iTunes und Uber stehen exemplarisch für fundamental neue Möglichkeiten, wie Kunden bedient werden können. Sie sind Ausdruck der Digitalisierung in der Wirtschaft, die mit zunehmender Beschleunigung um sich greift. Sie demonstrieren, welche Kraft die Kombination von Technologie, Nutzerverhalten und dem daraus abgeleiteten Geschäftsmodell entwickeln kann.
Grosses Potenzial
Gerade Treuhandunternehmen sind sehr stark von der Digitalisierung betroffen, da nicht nur ihr eigenes Unternehmen, sondern auch ihre Kunden dem digitalen Wandel unterliegen und sich das User-Verhalten unweigerlich ändert. Doch was bedeutet das konkret und welche Herausforderungen müssen sie meistern? Die Digitalisierung bedeutet vor allem eines: Eine riesige Chance für den Treuhänder, sich mit einem modernen Dienstleistungsangebot zu profilieren. Schliesslich ist die Zusammenarbeit zwischen Treuhänder und Kunde von einem hohen Grad an Daten- und Informationsaustausch mit vielen administrativen Routineprozessen geprägt. Solche Geschäftsprozesse lassen sich dank der Digitalisierung vereinfachen oder automatisieren. Das erlaubt dem Treuhänder, zum Beispiel direkt auf die Buchhaltungsdaten seiner Mandanten zuzugreifen und ihn in Echtzeit zu unterstützen, was schon bei einer geringen Anzahl Kunden positive Skaleneffekte bedeutet. Der Treuhänder muss sich also fragen, welche Geschäftsprozesse er mithilfe der Digitalisierung effizienter gestalten und wie er sich besser mit dem Kunden vernetzen kann.
Herausforderung 1: Veraltete oder unterhaltsintensive Systeme
Das bedingt jedoch, dass sowohl der Treuhänder als auch seine Kunden mit einer modernen, cloudfähigen Business-Software arbeiten. In der Schweiz gibt es mehrere Tausend kleinere Treuhandunternehmen, die Zehntausende Kundenbuchhaltungen verwalten und die für die Unternehmen die gesetzlich erforderlichen Abschlussarbeiten erledigen, dabei aber auf veraltete Systeme setzen. Oder sie bieten ihren Kunden für die Buchhaltung eine Cloudlösung an, die sie auf einer eigenen Serverinfrastruktur hosten. Der Unterhalt solcher Systeme ist jedoch aufwendig und teuer, da dies ein hohes Mass an Fachwissen voraussetzt und die Pflege des Systems oft nur von Spezialisten gewährleistet werden kann. Kommt hinzu, dass von Kundenseite höhere Ansprüche an Geschwindigkeit oder Sicherheit gestellt und neue Serviceleistungen verlangt werden, was den Treuhänder schnell vor Grenzen stellt.
Herausforderung 2: Vertrauen in die Cloud
Ein oft diskutierter Punkt ist die Speicherung vertraulicher Daten in der Cloud. Man ist unsicher, was mit seinen Daten letztlich geschieht. Diesem Umstand begegnen Anbieter von Cloud-Lösungen heute mit Swissness, das heisst, sie betreiben die Cloud in Schweizer Rechenzentren, nach Schweizer Datenschutzgesetzen. Tätsächlich zeigt sich, dass die Akzeptanz von Cloud Computing in den letzten zwei bis drei Jahren stetig gewachsen ist. Das spiegelt sich auch in den Zahlen einer aktuellen Studie der MSM Research AG. Während das Wachstum im On-Premise-Segment, also bei lokal installierten Lösungen, einbricht, verzeichnen SaaS bzw. Cloudlösungen seit 2014 ein konstant hohes Wachstum von rund sechs Prozent.
Herausforderung 3: Digitaler Reifegrad der Kunden
Die weitaus grösste Herausforderung für den Treuhänder besteht darin, dass er Kunden bedient, deren digitaler Reifegrad höchst unterschiedlich ist. Eine Studie der Universität St. Gallen und des Beratungsunternehmens Crosswalk hat in ihrem «Digital Transformation Report» die digitale Reife der Schweizer Unternehmen Ende 2014 untersucht. Dabei zeigte sich, dass Unternehmen jeglicher Branchen und Grössen diese Entwicklung erkannt haben und sich an diese anpassen. Der Stand der Umsetzung und Transformation ist jedoch nach Unternehmen sehr unterschiedlich. Daraus ergibt sich ein heterogener Mix an Anforderungen an die Zusammenarbeit. Das reicht vom Kunden der jungen Unternehmensgeneration, der mit IT im Geschäftsleben gross geworden sowie kaufmännisch geschulter ist und die gesamte Buchhaltung bereits in der Cloud führt, bis hin zum Kunden, der seine Buchhaltung voll und ganz in die Hände des Treuhänders legt, seine Belege ungeordnet noch in der Schuhschachtel vorbeibringt und der Treuhänder den Rest von A bis Z erledigt. Aufwand, welcher der Treuhänder oft nicht vollständig weiterverrechnen kann und quersubventionieren muss.