Forschung & Entwicklung

Führungskonzepte

Wie virtuelle Räume achtsame Führung unterstützen können

Mindful Leadership oder achtsame Führung ist in aller Munde. Wie aber ist eine gesunde Organisation, die fit und agil ist, in einem zunehmend unsicheren Geschäftsumfeld zu führen? Der Beitrag zeigt eine Möglichkeit, anhand eines Fallbeispiels, wie dies mit­hilfe virtueller Räume, die als positive Lernschleife zu nutzen sind, unterstützt werden kann.
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Ein organisatorisches Experiment mit der ganzen Amtseinheit einer Behörde, dem Amt für Strassenverkehr im Fürstentum Liechtenstein, sollte zeigen, wie die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen sind und gleichzeitig auf die Chancen in einer sich schnell verändernden Welt zu reagieren ist. Dies betrifft den einzelnen Mitarbeiter, das Team, die Abteilung und die Organisation bei der Bewältigung des Wandels mit dem Schwerpunkt auf Kundenbedürfnisse, Effizienz und moderne Arbeitsweise.

Gang durch virtuelle Räume

Das Amt für Strassenverkehr (ASV) hat ein neues Führungskonzept entwickelt, das die Gesundheit, den Erfolg und nachhaltiges Wachstum ins Zentrum stellt. Gereift ist dabei die Idee einer Lernschleife (Learning Loop) und einer erfolgreich verlaufenden persönlichen und organisatorischen Entwicklung als Gang durch vier virtuelle Räume mit den Namen:

  • Komfort
  • Unter Druck
  • Lern
  • Wachstum

Diese unterschiedlichen Räume und deren Bedeutung wurden vorab den Mitarbeitern im Detail erklärt. Dies geschah einerseits anhand eines Team-Workshops und andererseits durch die Führungskräfte in einem persönlichen Gespräch. Unter anderem wurden dabei die damit verbundenen Gefühle, die Farbgebung und die Stimmungslage, die in den Räumen jeweils unterschiedlich sind, wie in Abbildung 1 skizziert und erläutert.

Es war dabei wichtig, zu beachten, dass mit jedem Raum ein bestimmtes Gefühl verbunden ist. Die jeweilige Farbe repräsentiert die Stimmungslage im Raum. In dem blau gestrichenen Komfortraum zum Beispiel fühlt man sich ausgeglichen, ruhig und entspannt. Darüber hinaus wird befürwortet, dass man sich nicht die ganze Zeit nur in einem Raum aufhalten sollte, sondern je nach persönlicher Kompetenz, Aufgabe oder Projekt sich bewegen und zirkulieren muss. Dies ist jedoch nicht nur auf eine Person beschränkt: Es gilt auch für ein Team oder eine ganze Organisation.

Ergo ist die Lernschleife (Abbildung 2) und ihre Entwicklungsreise flexibel und anpassungsfähig an die individuelle, tatsächliche Umgebung, Aufgabe oder den jeweiligen Prozess. In diesem Sinne ist «Room-Hopping» inklusive.

Das Fallbeispiel

Die Strassenverkehrsbehörde digitalisiert zurzeit ihre gesamten Geschäftsprozesse. Einige ASV-Mitarbeiter fühlen sich wohl und sind zufrieden damit, wie sie heute ihre Arbeit erledigen. Sie befinden sich eindeutig im «Komfortraum», stellen sich aber gerne neuen Herausforderungen. 

Andere fühlen sich vielleicht weniger wohl dabei, sich auf wesentliche Veränderungen und eine neue Arbeitsweise sowie auf neue Technologien einzustellen. Sie könnten befürchten, dass sie zum Beispiel nicht in der Lage sind, mit neuen IT-Tools oder neuen Prozessen zu arbeiten. 

Tatsächlich befinden sie sich im Raum mit dem Gefühl, «unter Druck» zu stehen. In diesem Fall kann ein «Stupser» helfen, um in Bewegung zu kommen, also offen für Neues zu sein und irgendwie so schnell als möglich in den «Lernraum» zu gelangen. Andernfalls könnte die im roten Raum verbleibende Person krank werden oder unnötig leiden. 

Die Lösung besteht darin, den Raum zu wechseln und einen sozusagen sicheren Raum für das Lernen und Testen des Unbekannten zu finden. Einige Mitarbeiter könnten sich jedoch für dasselbe Projekt direkt in den «Wachstumsraum» begeben. Diese Kollegen wollen nämlich die Prozesse und die Organisation mit Leidenschaft weiterentwickeln. Darüber hinaus haben sie eine Wachstumsdenkweise, bei der es darum geht, ambitiöse Ziele zu setzen, zu innovieren und zu verändern.

Es ist aber auch weder gut noch gesund, sich ständig nur in einem Raum aufzuhalten, weder für den Einzelnen noch für das Team noch für die gesamte Organisation. In diesem Sinne ist es wichtig und sogar notwendig, zu bemerken, dass sich Individuen im Komfortraum entspannen, konsolidieren und erholen können. Dies ist der bestmöglich anzustrebende Zustand, der auf Schwe­disch «Lagom» heisst. Dies für das Individuum, aber auch als Organisation. Trotzdem ist es entscheidend, in den Wachstumsraum zu wechseln, um sich weiterzuentwickeln und zu wachsen. Diese Vorstellung von der Bewältigung des Wandels braucht neben Kompetenz, Neugierde und Leidenschaft vor allem eine offene und flexible Denkweise.

Vorteile

Es gibt Menschen, die nicht mit dem Wandel umgehen können, was ihnen nicht bewusst ist. Dieser Mangel an Bewusstsein geht oft mit einem Mangel an Worten zur Beschreibung von Situationen einher. Dieses postmoderne Führungskonzept beschreibt deshalb eine Reihe von Zuständen, die, wenn sie massvoll gehandhabt werden, zu mehr Selbstwertgefühl, persönlicher Bestätigung, Abwechslung und im Ergebnis Zufriedenheit führen können.

Mehr noch, das Ziel des Führungskonzepts, durch Räume zu wandern, ist es, den Mitarbeitern bewusster zu machen, dass sie aufgeschlossen bleiben und offen sein sollen für Neues, Innovation und Wachstum. Es gilt dabei, zu betonen, dass dies in einer ausgewogenen Weise ablaufen sollte. Es geht vordergründig um die Gesundheit des Einzelnen und der Organisation und darum, durch lebenslanges Lernen und Weiterentwicklung fit zu bleiben. Anders ausgedrückt: Achtsame Führung, um unter anderem Nachhaltigkeit und eine positive Geschäftsentwicklung sicherzustellen.

Schlussfolgerung

Das Wandern durch die verschiedenen virtuellen Räume und das Erkunden dieser schafft eine dynamische Lernkultur, eine neue Denkweise und macht die Organisation fit und beweglich, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Mit anderen Worten, als Individuum, als Team und als Organisation fit für die Zukunft zu sein und zu bleiben: «Not mind full, but mindful.»

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