Forschung & Entwicklung

Qualitätsmanagement

Weiterbildung als Prozess begreifen

Welche Merkmale zeichnen eine gute und Erfolg versprechende Weiterbildung aus? Gerade KMU stellen sich diese Frage immer wieder. Denn wer Zeit und Geld in Weiterbildungen investiert, möchte, dass die Mitarbeitenden und letztlich auch das Unternehmen davon profitieren.
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Die Weichen für eine qualitativ gute Weiterbildung werden im Vorfeld gelegt. Schliesslich kann eine Weiterbildung immer nur in dem Mass erfolgreich sein, wie sie auch auf die Arbeitsanforderungen und Interessen der Zielgruppe zugeschnitten ist. Grundlage bildet daher eine sorgfältige Bedarfsanalyse: Was sind die kurz- und langfristigen strategischen Ziele des Unternehmens und welche Kompetenzen auf Seiten der Mitarbeitenden müssen erweitert werden, um diese zu erreichen? Oder sind die Inhalte einer bestimmten Weiterbildung auf aktuelle Arbeitsanforderungen zugeschnitten und kompatibel mit den persönlichen Karrierezielen der Mitarbeitenden?

Sind diese Fragen einmal beantwortet, kann sichergestellt werden, dass die definierten Lerninhalte einer Weiterbildung den Interessen des Unternehmens und der Mitarbeitenden gerecht und nicht nur auf abstrakter Ebene festgelegt werden.

Individualisierte Praxisbeispiele

Ebenso wichtig ist auch die Lernumgebung. Diese sollte konsequent auf die Zielgruppe fokussiert sein. Darüber hinaus erfordert Lernen mit Erwachsenen, dass man sich mit Aufgaben auseinandersetzt, die den realen Arbeitssituationen der Teilnehmenden möglichst ähnlich sind.

Es genügt nicht, einfach nur Beispiele aus der Praxis einzuflechten – die Lerninhalte müssen, wann immer möglich, bewusst mit konkreten Berufs- und Lebenserfahrungen der Teilnehmenden verknüpft werden können.

In dieser Hinsicht erweist es sich als gewinnbringend, wenn die Teilnehmenden selbstständig reale Projekte aus dem eigenen Arbeitsumfeld bearbeiten, die durch Lernimpulse und Erfahrungsberichte von Experten aus ihrem Fachgebiet unterstützt werden. Diese Projekterfahrung sollte im Rahmen der Weiterbildung bewusst reflektiert und mit abstrakten Konzepten und Modellen aus dem Unterricht kombiniert werden.

Ebenso sollten die Teilnehmenden Freiräume für eigene Fragestellungen und die Möglichkeit zu einem selbstständigen, aktiven Erarbeiten der Inhalte haben. Das heisst, die Teilnehmenden steuern ihren Lernprozess selbst und bestimmen, was und wie sie lernen wollen. Dies erfordert eine gewisse Eigenverantwortung. Gleichzeitig wird dadurch aber auch das ganzheitliche Lernen gefördert und sichergestellt, dass alle Kompetenzbereiche – von der Fach- und Methodenkompetenz bis hin zur Sozial- und Selbstkompetenz – angesprochen werden.

Des Weiteren müssen Ressourcen, wie zum Beispiel Zeitfenster für die Anwendung des neu vorhandenen «Know-hows», bereitgestellt werden. Insbesondere die Unterstützung von Vorgesetzten kann wesentlich zum Erfolg beitragen, indem diese beispielsweise an der Weiterbildung Interesse zeigen oder eine Erweiterung der Aufgabenfelder nach der Weiterbildung in Aussicht stellen. Auch Gespräche zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten, in denen verbindliche Transferziele festgelegt oder Aktionspläne erarbeitet werden, sind vielversprechende Massnahmen, um der Umsetzung die notwendigen Impulse zu verleihen.

Kontrollierte Qualität

Weiterbilden mit Aussicht auf Erfolg setzt also voraus, dass die genannten Qualitätsmerkmale über den gesamten Verlauf einer Weiterbildung kontrolliert werden. Eine systematische und zielgerichtete Evaluation der Weiterbildung ist in diesem Zusammenhang unerlässlich. Sie kann etwa in Form einer sorgfältig geplanten, standardisierten Befragung von Teilnehmenden oder auch Vorgesetzten und Arbeitskollegen realisiert werden.

Dabei werden neben Beurteilungen der methodisch-didaktischen Qualität, der Teilnehmerzufriedenheit, des persönlichen Lernerfolgs und des Lerntransfers nicht zuletzt auch wertvolle Informationen zum Lernprozess selbst sowie zu den Rahmenbedingungen gesammelt. Wie anregend ist die Lernumgebung für die Teilnehmenden? Erhalten sie im Unternehmen Gelegenheiten zur Umsetzung? Werden sie dabei von den Vorgesetzten unterstützt? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen kann Hinweise darauf liefern, wo im Lern- oder Arbeitsumfeld noch Handlungsbedarf besteht.

Besonders anschaulich kann dies anhand einer Befragung von Teilnehmenden des Lehrgangs MAS Ausbildungsmanagement am IAP Institut für Angewandte Psychologie in Zürich gezeigt werden: Wie aus Grafik 1 hervorgeht, fühlen sich die angehenden Ausbildungsmanager/innen im Lernumfeld unterstützt. Das Lernklima wird im Durchschnitt also gut bewertet. Die Beurteilung der Unterstützung aus dem Arbeitsumfeld hingegen wird als eher gering eingestuft. Demzufolge ist die Wahrnehmung von Lerntransfermanagement als Führungsaufgabe innerhalb der Unternehmen eher noch gering.

Eine Verbesserung der momentanen Situation könnte herbeigeführt werden, indem etwa die Vorgesetzten in den Unternehmen der Lehrgang-Teilnehmenden stärker für das Thema Lerntransfer sensibilisiert werden – sei es durch die Teilnehmenden selbst oder durch entsprechende Info-Veranstaltungen und Workshops im Unternehmen.

Gelingt es, eine Weiterbildungsmassnahme in Orientierung an die Qualitätsmerkmale zu gestalten, stehen die Chancen gut, dass sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeitenden langfristig davon profitieren.

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