Forschung & Entwicklung

Blick aus der Wissenschaft

Was nützen Handelsschranken?

Die von US-Präsident Trump aufgelegten Schutzzölle sollen die eigene Wirtschaft stärken und vermeintlich unfaire Handelspraktiken der Handelspartner ausbremsen. Ob Handelsschranken wirklich zum Ziel führen, verdient eine nüchterne Betrachtungsweise.
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Donald Trump ist immer für eine Überraschung gut – so zumindest der Tenor vieler Medien, wenn es um angekündigte protektionistische Massnahmen geht. Doch eigentlich liegt die Überraschung eher darin begründet, dass Trump Schritt für Schritt versucht, seine im Wahlkampf formulierten Versprechen umzusetzen. Aktuell macht sich Trump also ans Werk, dem Welthandel Sand ins Getriebe zu streuen mit der Idee, die aus seiner Sicht unfairen Handelspraktiken auszubremsen. Gemäss Trump sind die USA «abgezockt worden» und sein erster Schritt die Ab­zocke zu unterbinden, sind «Schutzzölle» auf Stahl- und Aluminiumimporte. Sollten Gegenmassnahmen ergriffen werden, so werde man Autoimporte erschweren und mit einem Zoll belegen. Diese und andere Ankündigungen laufen unter dem Label «make America great again».

Freihandel bringt höheren Wohlstand
Hier lohnt es, innezuhalten und zu hinterfragen, ob diese und andere protektionistische Massnahmen sich für die USA rechnen oder nicht. Die grundsätzliche Idee der Freihandelsbefürworter ist, dass sich durch die Optimierung der Arbeitsteilung der Output und damit die Wohlfahrt insgesamt erhöhen. Adam Smith und David Ricardo gelten als die «Väter» der theoretischen Fundierung des Freihandels und dessen Wohlstandsnutzen. Ricardo zeigte auf, dass der Handel zwischen zwei Staaten selbst dann sinnvoll ist, wenn ein Land dem anderen bei den Produktionskosten aller Güter unterlegen ist. Jedes Land solle sich auf die Produktion derjenigen Güter konzentrieren, die es relativ günstiger als andere herstellen kann, um dadurch die insgesamt ver­fügbare Gesamtgütermenge zu maximieren.

Öko­nomen haben diese Argumentation immer wieder statistisch überprüft und gezeigt, dass der freie Austausch von Waren und Dienstleistungen unter dem Strich einen höheren Wohlstand ermöglicht. Freilich sagt die Erhöhung der zur Verfügung stehenden Güter- und Dienstleistungsmenge noch nichts darüber aus, wie diese letztlich verteilt werden. Oder anders ausgedrückt, wer beziehungsweise welche Nationen am meisten vom Freihandel profitieren. Insofern ist es legitim, der Frage nachzugehen, ob es bei der Verteilung des «Mehr» gerecht zugeht und ob die diskutierten Zölle im Falle der Abzocke Abhilfe schaffen können. Interessanterweise haben die Amerikaner in der Vergangenheit schon häufiger mit Zöllen und Abgaben auf aus ihrer Sicht unfaire Wettbewerbssituationen reagiert. So hat man beispielsweise in den 1980er-Jahren den Import japanischer Autos in den USA mit einer Quote beschränkt. Doch die Amerikaner machten die Erfahrung, dass der «japanische Gegner» durch diese Quote zumindest langfristig nur noch stärker wurde.

Trumps Versprechen mit den Strafzöllen die einheimische Metallindustrie und ihre Arbeitsplätze zu schützen, dürfte kurzfristig die Stahl- und Aluminiumwerke in den USA tatsächlich stützen. Doch hinter dem Schutzwall werden die sowieso schon wenig wettbewerbsfähigen Industrien kaum Anstrengungen unternehmen, global konkurrenzfähiger zu werden und Arbeitskräfte abzubauen. Geht es Trump doch genau darum, Arbeitsplätze auch dort zu erhalten, wo sie eigentlich verschwinden müssten. Einmal geschaffene Schutzwälle sind nur unter Schmerzen abzubauen. Kommt man zu der Erkenntnis, dass die Zölle doch mehr schaden als nutzen, vollzieht sich der Wandel umso radikaler.

Zölle können Arbeitsplatzabbau nicht verhindern
Trump hat also folgerichtig die angedrohten Zölle als dauerhaft kommuniziert. Dies würde bedeuten, dass Stahl und Aluminium in den USA langfristig nur zu höheren Preisen als auf anderen Märkten zur Verfügung stehen werden. Die Konsequenz wird der US-Verbraucher der entsprechenden Metalle zu tragen haben. Industrien, die auf diese Metalle angewiesen sind und sehr häufig ebenfalls global operieren, werden bei ihren Standort- beziehungsweise Produktionsentscheidungen die Preisdifferenzen kalkulieren und gegebenenfalls ihre Produktion ins Ausland verlagern. Das heisst, die Arbeitsplätze, welche in den US-Stahl- und Aluminiumwerken geschützt werden, gehen in den anderen Industrien tendenziell verloren.

Als Beispiel könnte die Automobilindustrie dienen, die dem Trend entsprechend auf Leichtbau und damit auf Aluminium setzt. Wird Aluminium in den USA «künstlich» durch Zölle verteuert, macht es für die Automobilbauer Sinn, die Produktion an andere Standorte zu verlagern. Natürlich kann man als einen nächsten Schritt auch die Autoindustrie schützen und Zölle auf Importautos erheben, was Trump ja schon angedroht hat. Das würde aber nicht nur die ausländischen Produzenten treffen, sondern auch die heimischen Unternehmen wie Ford und GM, die zirka 35 Prozent ihrer in den USA verkauften Fahrzeuge ausserhalb der USA produzieren. Das eigentliche Problem aber ist, dass das oben beschriebene «Spiel» von vorne losgeht. Globale Produktionsketten werden sich durch Zölle immer wieder neu nach der jeweils ökonomisch sinnvollsten Weise ausrichten.

Am Beispiel der deutschen Automobilindustrie wird klar, dass diese auch in den USA für die USA und die Welt produzieren. Oder anders gesagt, die deutschen Automobilhersteller produzieren in den USA nur unwesentlich weniger Fahrzeuge als sie in den USA auch absetzen. Ein Zoll auf den Import von Automobilen wird die Kapazitäten in den Produktionsstandorten nach einigen Anpassungsschmerzen neu ausrichten. Abgaben auf Importautos wird kaum die Gesamtnachfrage im US-Inland erhöhen und die ausländischen Hersteller eher dazu bewegen, die Produktion in den USA abzubauen. Die inländische Industrie wird sich auf die eigenen abgeschotteten Märkte konzentrieren, tendenziell träger werden und in Folge an Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteilen auf anderen Märkten einbüssen. Ein Staat, der Zölle mit dem Ziel einsetzt, Arbeitsplätze zu erhalten, die ökonomisch schwer zu halten sind, provoziert Arbeitsplatzverluste in anderen Sektoren. Dem kann man mit weiteren Zöllen begegnen, was aber letztlich zur Isolierung des Landes und dem schleichenden Niedergang der Industrien führt.

EU sollte über die Absenkung der noch bestehenden Zölle nachdenken
Auch ohne die von der EU und anderen Handelspartnern angedrohten Gegenmassnahmen führen Zölle in einer global vernetzten Ökonomie nicht zum Ziel. Vielmehr erscheint es ratsam, die Trump-Zoll-Drohungen zu nutzen, um diejenigen Industrien in Europa zu stärken, die durch eben diese Zölle in den USA geschwächt werden. Weiter gilt es, den Handel zwischen den Ländern zu stärken, die auf Freihandel setzen, was zugleich den Handel mit den USA schwächt. Auch die USA sind nicht immun gegen eine selbstgewählte Abschottung. Der Schrittweise Ausschluss der Unternehmen in den USA am Welthandel wäre das Gegenteil von «make America great again» und die Trumpisten werden sich fragen müssen, wie viele Zölle sie sich leisten wollen. Ohne Zweifel, Freihandel soll und muss fair sein.

Die Drohungen des US-Präsidenten könnten zum Anlass genommen werden, an der Absenkung  der noch bestehenden Zölle nachzudenken, anstatt neue aufzubauen. So sollte es beispielsweise der EU nicht schwerfallen, den Zoll von zehn Prozent auf Importautos auf das US-Niveau von 2,5 zu senken. Das würde Trump den Wind aus den Segeln nehmen und den globalen Handel beflügeln. Natürlich: Wohlstandstheoretisch schafft Freihandel einen Mehrwert für den globalen Wohlstand. Die gerechte Verteilung dieses Wohlstandes ist dann Aufgabe der Politik. Ob die Steuerreform in den USA ihren Beitrag leistet, den Wohlstand – der auch und gerade durch den Freihandel erzielt wird – fair zu verteilen, steht auf einem anderen Blatt.

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