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Managementinstrumente

Verhandeln als Geschäftsprozess verstehen

Erfolgreiche Verhandlungen sollten nicht dem Zufall überlassen werden und auf Einzelaktionen gründen, sondern vielmehr als Prozess verstanden werden. Eine Basis dafür ist, Verhandlungskompetenzen zu messen und weiterzuentwickeln. Ein neues Instrument soll Unternehmen dabei unterstützen.
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Praktisch alles, was Unternehmenserfolg ausmacht, setzt Verhandlungen voraus: der Abschluss von gewinnbringenden Geschäften mit Kunden, die Versorgung mit betriebsnötigen Gütern und Dienstleistungen, die extern zu angemessenen Konditionen beschafft werden müssen, der Aufbau von weiterbringenden Partnerschaften mit anderen Firmen und Organisationen, produktives Teamwork intern – die Liste liesse sich beliebig fortsetzen

Nicht dem Zufall überlassen

Man könnte deshalb erwarten, dass Unternehmen Verhandeln als Geschäftsprozess wahrnehmen und ihn genauso strukturieren und professionalisieren, wie sie es in anderen Bereichen schon getan haben (F & E, Produktion, Logistik, Finanzen, Einkauf, Verkauf usw.). Dem ist allerdings nicht so. Was Verhandeln betrifft, verlässt man sich bis jetzt weitgehend auf das Können der einzelnen Mitarbeitenden. Im besten Fall bietet man ihnen ein Verhandlungstraining an – aber dann ist normalerweise Schluss.

Diese Anomalie hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Verhandlungskompetenz (das heisst: die Fähigkeit, gut zu verhandeln) einen schwer greifbaren Begriff darstellt. Jeder Mensch definiert sie wahrscheinlich anders. Eine Kompetenz, die nicht stringent definiert ist, kann aber nicht gemessen werden. Und eine Kompetenz, die nicht messbar ist, kann nicht systematisch gepflegt werden.

In der Firma Sumbiosis GmbH sind wir überzeugt, dass erfolgreiches Verhandeln kein Zufall ist und mit geeigneten Methoden systematisch erlernt und verbessert werden kann. Aus diesem Grund hat die Sumbiosis GmbH mit dem Psychologischen Institut der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW das Verhandlungsinstrument «Added Insight» entwickelt. Dieses Instrument basiert auf wissenschaftlichen Kriterien zur Messung und Entwicklung von Verhandlungskompetenz. «Added Insight» soll Firmen und Einzelpersonen ermöglichen, Verhandlungskompetenz zu definieren, zu messen und damit zu verbessern.

Kompetenz messen

Seit Anfang 2015 arbeiten Sumbiosis und die ZHAW an der Entwicklung von «Added Insight». Jetzt können Nutzende auf eine online basierte Web-Applikation zugreifen, sei es im Trainingseinsatz oder um eine erlebte Verhandlung zu bewerten beziehungsweise um sich auf anstehende Verhandlungen vorzubereiten.

 

Eine zentrale Erkenntnis in der Entwicklungsphase war, dass Verhandlungskompetenz zu komplex ist, um mit einem einzigen Messkriterium erfasst zu werden. Stattdessen identifizierten wir auf wissenschaftlicher Grundlage sechs Subkompetenzen, die beim Verhandeln eine Schlüsselrolle spielen und die zusammengenommen die Verhandlungskompetenz ergeben. Diese Subkompetenzen sind: Entschlossenheit, Perspektivenwechsel, Aufgeschlossenheit, Gestaltung der Arbeitsbeziehung, Strukturiertheit und Umgang mit sich selbst.

Jede dieser Subkompetenzen zeigt sich in konkreten, beobachtbaren und damit messbaren Verhaltensmerkmalen. Mit Hilfe eines Fragebogens können die Nutzenden jede dieser Subkompetenzen messen und so ihre Verhandlungskompetenz bewerten lassen. Dank der Aufteilung in die Subkompetenzen können die Nutzenden zudem ihr Können gezielt verbessern – und zwar in dem Bereich, wo es am notwendigsten ist.

Die Anwendung

Für Trainingszwecke besteht das Instrument aus drei Modulen:

  • Modul 1: Selbstauswertung vor dem Training: Einschätzung der aktuellen Verhandlungskompetenz und Vorbereitung auf die Verhandlung (in Entwicklung)
  • Modul 2: Selbst- und Fremdauswertungen während des Trainings aus unterschiedlichen Perspektiven (fertig entwickelt)
  • Modul 3: Selbstauswertung nach dem Training und Überprüfen des Kompetenzfortschritts (in Entwicklung)

Die Verhandlungspartner führen in einem Rollenspiel eine Verhandlung durch. Dabei bewerten die Teilnehmenden sich selbst und ihren Verhandlungspartner. Ein bis zwei Beobachtende ergänzen die Auswertungen der direkt Beteiligten um eine Aussenperspektive.

Das Instrument wurde mehrmals erfolgreich in Workshops und in Weiterbildungskursen eingesetzt und aufgrund der Erfahrungen kontinuierlich verbessert. Die Erfahrung in dem Rollenspiel zeigt, dass der Vergleich und die Diskussion der Auswertungen für die Beteiligten sehr wertvoll sind.

Die Kunden schätzen die realitätsnahe Background-Story des Rollenspiels und die wertvollen Feedbacks der Trainer und Trainerinnen sowie der Kollegen und Kolleginnen zu ihren einzelnen Subkompetenzen. Die Auswertungen erlauben es den Kunden, gezielt zu eruieren, wo ihre Stärken und Schwächen beim Verhandeln liegen. Aufgrund dieser Auswertungsergebnisse werden die bestehenden Kompetenzen gewürdigt sowie der Entwicklungsbedarf definiert. Ein Soll-Zustand wird definiert, ebenso wie der Zeitraum, in welchem die Fähigkeiten gezielt weiterentwickelt und im Anschluss wieder überprüft werden.

Überprüfung des Fortschritts

«Added Insight» eignet sich für Einzelpersonen, die ihre Verhandlungskompetenz verbessern möchten, aber auch für Unternehmen im Bereich des Weiterbildungsmanagements: Die Selbstauswertung ermöglicht die gezielte Auswahl der Mitarbeitenden mit dem grössten Trainingsbedarf. Es erlaubt weiter, gezielte Schwerpunkte bei der Kompetenzentwicklung zu legen und die Trainings massgeschneidert zu gestalten. Durch den wiederholten Einsatz kann der Lernfortschritt systematisch überprüft werden.

Mit den sich in Entwicklung befindenden Modulen wird sich die Wirksamkeit eines Verhandlungstrainings aussagekräftig bestimmen lassen – viel mehr als mit den herkömmlichen Fragebögen zur Zufriedenheit, die nur darüber Auskunft geben, ob die Teilnehmenden zufrieden waren, und nicht, ob sich ihre Verhandlungskompetenz tatsächlich verbessert hat.

Im Weiterbildungsmanagement können Unternehmen sowie andere Organisationen diese Module zudem verwenden, um die Personen gezielt auszuwählen, die am meisten Trainingsbedarf haben, und um zusammen mit dem Trainer oder der Trainerin die Schwerpunkte eines Workshops festzulegen.

Anwendungen in realen Fällen

Zusätzlich zum Trainingsbereich hat «Added Insight» das Potenzial, in realen Verhandlungsfällen eingesetzt zu werden.

Reflektierte Praxis beziehungsweise Self-Learning
«Added Insight» kann nach der Führung wichtiger Verhandlungsgespräche benutzt werden, um seine eigene Vorgehensweise und diejenige der anderen Partei zu bewerten. Eine Person, die sich regelmässig nach Verhandlungen mit unterschiedlichen Gesprächspartnern auswertet, wird feststellen können, inwiefern die Vorgehensweise des Gegenübers ihr eigenes Verhalten beeinflusst. Insbesondere Personen, die im Verkauf oder im Einkauf tätig sind, dürften davon erheblich profitieren.

Rekrutierung
Bei den Prozessen zur Rekrutierung erlaubt «Added Insight», die Verhandlungskompetenz der Bewerbenden genauer einzuschätzen.

Verhandeln in Delegationen
Wenn eine wichtige Verhandlung von einer Delegation geführt wird, kann ein Delegationsmitglied sich darauf konzentrieren, die Verhandlung zu beobachten und mit «Added Insight» auszuwerten. Diese Person ist dann in der Lage, während einer Unterbrechung oder zwischen den Verhandlungsrunden der gesamten Delegation ein wertvolles Feedback zu geben, das in die Planung der nächsten Schritte einflies­sen kann.

Verhandlungskompetenz

Eine Verhandlung lässt sich zwar nicht wie ein Produktionsprozess strukturieren. Aber Erfolg beim Verhandeln ist im Geschäftsleben zu wichtig, um dem individuellen, natürlichen Talent überlassen zu werden. Deshalb sollte Verhandlungskompetenz systematisch gemessen und weiterentwickelt werden.

Bisher fehlten dafür die nötigen Masseinheiten und das entsprechende Messinstrument. Sumbiosis GmbH und ZHAW haben einen Versuch gestartet, diese Lücke zu füllen. Das Ziel ist es, das Instrument unter wissenschaftlicher Beobachtung einzusetzen, zu validieren und zu verfeinern. Interessierte Unternehmen und Organisationen sind eingeladen, Kontakt aufzunehmen.

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