Die «Qualität» ist beispielsweise im Gesundheitswesen nicht definiert. Trotzdem ist, nach dem «Health Consumer Index», die Qualität in der Schweiz hoch, weil der Zugang zu ärztlichen Leistungen, die Behandlungsergebnisse und die Patientenrechte gewährleistet sind. Die Schweiz liegt bei diesem Ranking auf Platz zwei. Beim Preis-Leistungs-Verhältnis allerdings auf Platz neunzehn. Es kann nicht sein, dass die Qualität vorhanden ist, wenn gleichzeitig das Preis-Leistungs-Verhältnis starken Verbesserungsbedarf hat. Zeit, Kosten und Qualität gehören zusammen und bedingen sich wechselseitig. Auch in anderen Branchen ist die Qualität ein wichtiges Thema. Die zertifizierten Managementsysteme sind weit verbreitet, garantieren aber noch keine hochstehende Qualität.
Qualität und Gesundheit
Die ISO-Zertifizierungen – Internationale Standard-Organisation –, der internationale Standard für Qualitätsmanagement, zeigen, dass es 2017 in der Schweiz 10 252 ISO-9001-Zertifikate gegeben hat – Quelle: Internationale Organisation für Standardisierung –, 2015 waren es weltweit 878 664 Zertifikate. Die Entwicklung der Zertifizierungen zeigt für Europa 2017 einen Rückgang von minus 14 Prozent. Spitzenreiter bei den Zertifikaten sind Engineering Services, Construction und Autoherstellung. Bei Health und Social Work sind es 2017 in Europa 15 628 ISO-Zertifikate. Die Standards sind stark differenziert und auf Branchen ausgerichtet. Durchdringend verbreitet ist die Qualitätsmanagement-Orientierung nicht.
Über die Orientierung «Total Quality Management» – TQM – gibt es keine Angaben. Die Vermutung ist, dass diese Orientierung deutlich weniger verbreitet ist als die Ausrichtung auf den ISO-Standard. Das muss auch so sein, weil die Zertifizierung in der Regel eine Voraussetzung für die «Totale Qualitätsorientierung» ist.
Qualitätsdaten für Spitäler fehlen weitgehend oder sie sind so formuliert, dass die Laien keine Ahnung haben, worum es gehen könnte. Wenn in der Schweiz das Gesundheitssystem mit den hohen Kosten und der vermuteten Qualität angeschaut wird, ist auffällig, dass jede Woche in der Presse Daten zum Gesundheitssystem publiziert werden, die zu denken geben müssen. Beispiele:
- Alte Menschen ab 65 werden systematisch mit Schlafmitteln versorgt. Diese Mittel haben gravierende Nebenwirkungen. Ab 80 Jahren liegt der prozentuale Anteil der Schlafmittelabgaben sogar bei 25 Prozent.
- Die Kosten für Burn-outs oder psychische Erkrankungen sind seit 2012 um 50 Prozent gestiegen. Der Kostenblock «Psychische Erkrankungen» belegt bei den gesamten Behandlungskosten den dritten Platz. Bei der Behandlung die-ser Krankheiten werden häufig Psychopharmaka verschrieben, mit entsprechenden Nebenwirkungen oder gros-sen Problemen beim Ausschleichen. Die Ausfalltage am Arbeitsplatz sind stark angestiegen und die Burn-out-Kliniken sind sehr gut ausgelastet.
- Es sind eine Vielzahl Kinder mit Behinderungen geboren worden, weil die Ärzte ein Medikament verschrieben haben, welches – trotz Warnungen – Behinderungen auslöst.
- Die Corona-Krise ist ein Beispiel dafür, dass die Qualität beim BAG zur Entwicklung einer stimmigen Statistik nicht vorhanden ist. Es herrscht Steinzeit bei der Zusammenführung der Daten aus den Kantonen. Papiere und Fax-Ausdrucke «müllen» die Beamten zu, sodass nicht mehr gezählt, sondern gewogen wird. Nach www.republik.ch, «Die Summe der Todesfälle aus Wikipedia» vom 21. März 2020, gibt es Möglichkeiten, dem Bürokratiedurcheinander ein Ende zu setzen. Arbeitsplatz 4.0 ist in weiter Ferne. Wahrscheinlich werden die Daten nicht zentral und zeitlich abgestimmt an eine Datenbank geliefert. Der Föderalismus lässt wieder einmal grüssen. Immerhin gibt es seit 1995 ein Pandemiekonzept, ohne Umsetzung und Vorsorge bei den Kantonen. Das BAG hat mit seinen Bremswirkungen auch einen «produktiven Beitrag» geleistet.
- 170 000 Personen bezahlen aktuell die Krankenkassenprämien nicht, so das Bundesamt für Gesundheit. Das passt gut in das Bild der Empfänger von Ergänzungsleistungen. Für das Gesundheitswesen ist dieser Tatbestand auch ein Indiz für Qualität. Die offenen Rechnungen liegen bei rund 450 Millionen CHF, eine Verdoppelung in den letzten acht Jahren. Die Anteile der Ergänzungsleistungen sind in den Kantonen sehr unterschiedlich verteilt und entwickeln sich rückläufig; die Bandbreite geht von rund 20 Prozent der Versicherten bis 36 Prozent. Die schwarzen Listen in den Kantonen für Nichtzahler haben sich nicht bewährt, obwohl es Kantone gibt, die daran festhalten.
Die seit zehn Jahren vorgesehenen Patientendossiers werden wiederum zeitlich verschoben. Gegen Ende 2020 soll es so weit sein. Knackpunkt sind die Zertifizierungen der Datenfriedhöfe, weil Erfahrungswerte weitgehend fehlen und die Datenmengen enorm gross sind. Kaum nachvollziehbar, dass solche Prozesse diese Probleme verursachen, vor allem bei der jahrelangen Existenz von Datenmanagement-Systemen, die sich bewährt haben.
Qualitätsindikatoren, die alle verstehen, könnten sein: Quoten zum Wiedereintritt in Spitäler nach Operationen, Anzahl Infektionen nach Operationen, Anteil Boni für Operateure, mit dem Median dargestellt, an den Personalkosten et cetera.
Aus anderen Branchen ist bekannt, dass die Verspätungen der Züge stetig zunehmen. Dies im Land der Zugfahrer. In der Bauwirtschaft gibt es Preisabsprachen mit kriminellem Hintergrund und Ausgrenzung des Whistleblowers, der in Existenznöte getrieben wird. Steuerhinterziehung und Selbstdeklaration in der Höhe von rund 50 Milliarden CHF über die letzten acht Jahre, seit zehn Jahren systematische Steuerhinterziehung und Geldwäsche mit der Ausschüttung hoher Boni bei Julius Bär, sich stetig wiederholende Softwarepannen bei Swisscom etc.