Die Berner Fachhochschule BFH und die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW haben in Zusammenarbeit mit der Universität Trier untersucht, wie sich Information Overload auf die Produktivität virtueller Teams auswirkt. Der Grundgedanke dabei war, dass Personen, die wissen, über welche Kenntnisse und Kompetenzen ihre Teammitglieder verfügen, Informationen zielgerichteter weitergeben. Damit reduzieren sie eine Überflutung mit Information und verbessern die Teamkoordination und -leistung. Es hat sich gezeigt, dass Teams, welche sich auf Abwehr- und Präventionsstrategien und daraus abgeleiteten Richtlinien zum Umgang mit digitaler Information geeinigt haben, nicht nur signifikant produktiver waren, sondern auch unter erheblich weniger Stress litten als ihre Kollegen, die dies nicht taten.
Die Herausforderung
Eine zentrale Herausforderung im Umgang mit E-Mails ist die zuerst unklare Relevanz der Informationen für die Bewältigung einer aktuellen Aufgabenstellung. Einzige Indikatoren sind der Absender und der Betreff. Diese reichen oftmals nicht aus, um die Relevanz der Information einschätzen zu können. Von Mitarbeitenden wird grundsätzlich erwartet, dass sie den Umgang mit E-Mails selber steuern – sei es als Sender oder als Empfänger. Vorgaben gibt es selten.
Die Ursachen
Die Hauptursache für Information Overload sahen die Befragten in der Tendenz, möglichst viele Informationen weitergeben zu wollen. Dies resultiert insbesondere aus der Unsicherheit darüber, wer die Information am Ende tatsächlich benötigt beziehungsweise, welche Informationen relevant für die Teamarbeit sind. Sicherheitshalber werden lieber alle ins «cc» gesetzt. Der Zeitdruck und der hohe Belastungsgrad aller Beteiligten verhindern, dass E-Mails nur an direkt Betroffene gelangen. Insbesondere auch, weil die E-Mails oft (zu) lang und (zu) wenig strukturiert sind, um den gesamten Inhalt lesen zu können. Oft ist es einfach bequemer, «antworten an alle» zu nutzen, statt den Verteiler anzupassen. Einige der Befragten interpretieren dies als Führungsschwäche und sehen daher eine mangelnde Projektleitung als Hauptursache für Information Overload. Weitere Ursachen für die ungezielte Weitergabe von Informationen sind auch die asynchrone Kommunikation über verschiedene Zeitzonen und Unsicherheiten, bedingt durch kulturelle Unterschiede zwischen den beteiligten Teammitgliedern.
Doch nicht nur die Sender von E-Mails sind eine Ursache für Information Overload. Auch die Empfänger tragen dazu bei, dass sie mit Informationen überflutet werden. Sie möchten über alles informiert sein und schaffen es dann aus Zeitgründen nicht, alle Informationen zu lesen. Der Information Overload hat beim Empfänger eine weitere wesentliche Ursache: die Hemmung, E-Mails zu löschen oder zu verschieben und diese im Posteingang aufzubewahren mit dem Resultat, dass dieser sehr voll wird und an Übersichtlichkeit verliert.
Was ist also zu tun, um mit dieser Informationsüberflutung umgehen zu können? Vor dem Hintergrund der neuen technologischen Möglichkeiten und einer zunehmend virtuellen Teamarbeit ist es sinnvoll, nach geeigneten Strategien zu suchen. Die Befragung von vorwiegend in virtuellen Teams arbeitenden Berufsleuten, zu ihren Strategien im Umgang mit Informationsflut hat wirksame Ansätze aufgezeigt, die sich im Alltag bewähren.
Prävention und Abwehr
A priori gilt es, zwischen zwei Strategien zu unterscheiden: Prävention und Abwehr. Unter «Prävention» verstehen wir die Filterfunktion des Senders, wohingegen «Abwehr» die Möglichkeiten des Empfängers beinhaltet. Es überrascht nicht, dass die Befragten ein grösseres Potenzial zur Vermeidung des Information Overload in der Prävention als in den Abwehrstrategien sehen.
Prävention
Bei den Präventionsstrategien sind die Sender der E-Mails gefordert, unabhängig davon, ob sie selbst Verfasser sind oder nur weiterleiten. Hier hilft es, vor Beginn der Zusammenarbeit gemeinsam im Team Richtlinien und Strukturen zur Gestaltung der Kommunikation innerhalb des Teams zu erarbeiten. Diese können sowohl die E-Mail-Kommunikation als auch die Kanäle betreffen. Wichtig ist die gemeinsame Definition dieser Standards. Folgende Strategien haben sich bewährt:
- Klare Betreffzeile, eventuell mit einem Kodiersystem für die Betreffzeile (z. B. Projekt-Nr. oder auch Verb = Auftrag; Nomen = Information),
- den Empfängerkreis klar definieren, zum Beispiel Empfänger (hierarchisch) nach Grad der Betroffenheit anführen, Vorgesetzte nur bei budgetrelevanten Inhalten ins «cc» setzen,
- E-Mails strukturieren: kurz und knapp, nur das Relevante, deutliche Hinweise geben, welche Erwartung der Sender an den Empfänger der E-Mail hat,
- E-Mails mit viel Inhalt mit Kurzzusammenfassung weiterleiten,
- «No gos» definieren (z. B. keine E-Mails mit «s. unten», «fyi» versenden),
- Visualisierungen für ein schnelleres Erfassen der Inhalte,
- Kanäle für den Informationsaustausch definieren, zum Beispiel E-Mail nur für Formales.
Ganz allgemein wurde von vielen der Befragten die Meinung vertreten, dass bei Unklarheiten das persönliche Gespräch am effizientesten ist. Auch fixe wöchentliche Meetings können etliche E-Mail-Kommunikationen überflüssig machen.
Weiter wurde von den befragten Personen die Einrichtung eines Blogs / Kanban-Boards genannt, über das die aktuellen Aufgaben sichtbar werden.