Forschung & Entwicklung

Unternehmensentwicklung

Perspektiven externer Beratung in Organisationen

Aus welchen Gründen beauftragen Unternehmensführer externe Organisationsberater und wie beurteilen sie deren Leistungen? Eine Studie hat sich diesen Fragestellungen angenommen und zeigt, welche Anforderungen an zukunftsfähige Beratung gestellt werden.
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Grundsätzlich kann für jedes unternehmensbezogene Handlungsfeld externe Beratung als fachliche und /oder prozessbezogene Unterstützung beigezogen werden. Im Rahmen dieses Artikels wird der inhaltliche Fokus auf die Organisationsberatung beziehungsweise die Begleitung von Strategie-, Struktur-, Führungs- und Kulturentwicklungsprozessen gelegt (vgl. König und Volmer, 2000). 

Aspekte der Beratung 

Die grundsätzlichen Ziele und Absichten der Beratung beziehen sich in diesen Gestaltungsfeldern in der Regel auf einen oder mehrere der folgenden Aspekte:

  • die Organisationsberatung als «Katalysator» für neue Ansatzpunkte und Lösungen im Unternehmen.
  • die Organisationsberatung als temporäre Ressourcenerweiterung.
  • die Organisationsberatung als Machtquelle zur Legitimierung und Umsetzung von Veränderungsprozessen und Innovationen.

Eine wesentliche Dimension dabei ist die Differenzierung von Prozess- und Expertenberatung. Beratung kann dabei im Rahmen von «Prozessberatung» Auftraggeber darin unterstützen, sich über ihre Situation, ihre Ziele und ihre Handlungsoptionen bewusst zu werden. Beratung kann jedoch auch im Rahmen von «Expertenberatung» neue Sichtweisen oder neue Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und legitimieren (siehe Abbildung 1).

Losgelöst vom Rollenverständnis der Beratung, versprechen sich Auftraggeber in Unternehmen von externer Organisationsberatung in der Regel einen Mehrwert darin, die Ziele der Organisation besser zu erreichen, Managementherausforderungen adäquat zu begegnen, betriebliche Probleme zu lösen, neue Chancen zu identifizieren und zu nutzen beziehungsweise wirkungsvolle Entwicklungen und Veränderungen anzustossen und umzusetzen (Kubr, 2002). 

Studienergebnisse

Vor dem Hintergrund der skizzierten Einordnungen wurde am Institut für Arbeitsforschung sowie Organisationsberatung (Iafob) eine Studie zur Beurteilung und zur Einschätzung der zukünftigen Relevanz von Organisationsberatung durchgeführt. Dabei standen die folgenden Fragestellungen im Vordergrund:

  • Welche Bilanz ziehen Auftraggeber zu externen Beratungsleistungen?
  • Welches sind die Gründe, externe Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen und welches sind die Gründe, die dagegensprechen?
  • Welche Perspektiven bestehen zur zukünftigen Relevanz der Beratung?
  • Welche Anforderungen müssen Organisationsberatende zukünftig erfüllen?

Die Beantwortung der Fragestellungen wurde über 32 Interviews verfolgt. Dabei wurden Interviews mit Funktionsträgern aus jenen Unternehmen geführt, die sich in der Position befinden, über externe Beratungsleistungen zu entscheiden. Mehrheitlich waren dies Direktoren, Geschäftsführer oder CEO. Dabei wurde ein bewusst breites Spektrum von Interviewpartnern aus Betrieben unterschiedlicher Branchen und Grössen gewählt. 

Die Bilanz zu externen Beratungsleistungen

Im Hinblick auf die Erfahrungen und den Mehrwert von externer Organisationsberatung werden im Rahmen der Studie insgesamt mehr positive als negative Bilanzen dargelegt. Bei den positiven Bilanzen stehen diese Aussagen im Vordergrund:

  • Ein ergebnisoffenes, kompetentes Verhalten der Beratenden haben nachhaltige Veränderungen ermöglicht.
  • Es fand eine zielgerichtete Entlastung durch externe Fach- und Personalressourcen statt.
  • Neutralität sowie Objektivierung/Enttabuisierung von Sachverhalten und Gegebenheiten.
  • Neue Sichtweisen und Perspektiven.
  • Nutzbarmachung von Erfahrungen aus anderen Unternehmen/Projekten.

Bei den negativen Bilanzen zu externen Beratungsleistungen werden die folgenden Erfahrungen zum Ausdruck gebracht:

  • Ergebnis- und lösungsfixierte Haltung (u. a. «Dinge auf das Auge gedrückt»)
  • Persönliche Inkompatibilitäten (u. a. «passte nicht ins Team»)
  • Unzureichende Ergebnisaufbereitungen (u. a. «einfach Fotoprotokolle machen kann ich selber»)
  • Fehlende Professionalität (u. a. «Wissen, Prozessgestaltung, Methoden»)
  • Zu hohe Kosten (u. a. «das Geld, das wir dafür ausgegeben haben, hat sich nicht gelohnt»)

Dabei wird oft zum Ausdruck gebracht, dass eine Beratungsfirma nicht für sämtliche Phasen und Schritte eines Veränderungsvorhabens gleich gut geeignet ist; andere ziehen das Fazit, dass Beratende zu wenig mutig agieren – «er schlug Evolution vor, ich wollte Revolution».

Gründe für die Nutzung oder Nicht-Nutzung von Externen

Im Hinblick auf die Frage, unter welchen Bedingungen der Einsatz externer Beratungsfirmen auch zukünftig verfolgt wird und wann beziehungsweise warum bewusst nicht, werden sehr verschiedene Perspektiven dargelegt (Abb. 2). Dabei sind jedoch Wissenserweiterung auf der positiven Seite und die Kosten auf der negativen Seite die zentralen Beweggründe.Die Nutzung interner Ressourcen als Strategie gegen externe Beratung wird unter anderem durch das folgende Statement untermauert: «Verwaltungsrat, Strategiekomitee, Executive Board, Partnership-Meeting – das sind Gremien, welche sich regelmässig treffen und die Weiterentwicklung des Unternehmens sicherstellen». Im Weiteren wird bei den Aussagen, die gegen Beratung sprechen, auch gesagt, dass Beratung ein Misstrauensvotum gegen die eigene Organisation und die Mitarbeitenden beinhaltet und damit Chancen zur gemeinsamen Führungsentwicklung eingeschränkt werden.

Im Zusammenhang mit den Perspektiven gegen externe Organisationsberatung fallen jedoch auch deutliche Worte wie: «Wir werden von Beratern mit Theorien vollgestopft, aber eigentlich wissen wir genau, wo der Schuh drückt – machen muss man es letzten Endes immer selber.» Oder auch «Externe können nichts, was man nicht intern auch kann.» 

Zukünftige Rolle von Organisationsberatung

Annähernd zwei Drittel der Interviewpartner bringen dennoch zum Ausdruck, dass externe Beratungsleistungen auch zukünftig einen wichtigen Stellenwert oder noch grösseren Stellenwert einnehmen werden. Dabei werden unter anderem die folgenden Perspektiven «Pro-Beratung» zum Ausdruck gebracht:

  • Eine zunehmende betriebliche Komplexität macht die entsprechenden Begleit- sowie Gestaltungsprozesse erforderlich.
  • Zum Erfolg braucht es gute Lösungen und nur wenig Reibungsverluste bei der Entwicklung dieser Lösung und deren Umsetzung.
  • Zunehmende Widersprüche im Unternehmen erfordern fundierte Entscheidungen.
  • Unternehmen brauchen auch Impulse von aussen.
  • Die betriebliche Flexibilität kann durch temporäre Beraterressourcen erhöht werden.
  • Die Gefahr von Verunsicherung kann durch eine fundierte Beratung reduziert werden.

Diesen präventiven Perspektiven stehen jedoch auch Aussagen gegenüber, wonach der Einsatz von Organisationsberatung in Zukunft eher als quasi letztes Mittel «kurz vor der Kapitulation» betrachtet wird. Im Hinblick auf die zukünftigen Themen in der Organisationsberatung werden nach wie vor die gängigen Gestaltungfelder und betrieblichen Erfolgsfaktoren wie die Strategiedefinition, die Gestaltung der Organisation und Führung, die Führungs- sowie Teamentwicklung und Change Management genannt.

Zukünftige Anforderungen an Organisationsberatende

Bezüglich der Frage, welche Anforderungen zukünftig bei der Selektion von Beratungsfirmen im Vordergrund stehen, wurde im Rahmen der Studie eine skalierte Gewichtung vorgenommen (Abb. 3).

Dabei zeigt sich grundsätzlich, dass relativ viele Anforderungen mit einer hohen bis sehr hohen Relevanz verknüpft werden. Dies gilt insbesondere für die fachlichen, methodischen und sozialen Fähigkeiten der Beratenden sowie auch für die Umsetzungsorientierung und das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Beratung. Das Vertrauen in die Beratenden ist und bleibt ein zentrales Kriterium. Andere Anforderungen wie die Zeitflexibilität oder die Internationalität des Beratungsunternehmens spielen dagegen eine untergeordnete Rolle.

Die hohe Relevanz der personenbezogenen Dimension zeigt sich auch im Rahmen der qualitativen Aussagen. Dabei fallen relativ häufig Aussagen wie, dass die «Chemie» oder die «Wellenlänge» stimmen müsse. Aber auch die grundsätzliche Herangehensweise wird als ein relevanter Aspekt genannt. Das Aufbringen von «kontextspezifischer Empathie» wird ebenfalls immer wieder betont: «Beratungen brauchen ein tiefes Verständnis für die Firma, die sie beraten – unter anderem zum Business-Modell und zu den Erfolgsfaktoren. Wir haben viele Organisationsberater gesehen, die aus dem Schulbuch vorgelesen haben, was ich natürlich auch selber machen kann.»

Bezüglich der relevanten Kanäle zur Selektion von Organisationsberatenden, die den skizzierten Anforderungen Rechnung tragen, steht das Prinzip «Empfehlung» eindeutig im Vordergrund – «persönliche Empfehlungen sind die Besten». Das Internet wird dabei durchaus als relevante Informations-, aber in keinem Fall als Sektionsquelle betrachtet. 

Fazit und Ausblick

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Themenfeld der Organisationsberatung in den Unternehmen mit sehr unterschiedlichen Perspektiven verknüpft ist. Dabei spielen neben der Branche, Grösse und den bislang mit Beratungsleistungen gemachten Erfahrungen insbesondere auch das Rollen- und Füh-rungsverständnis und die Persönlichkeit der Entscheidungsträger selbst eine wesentliche Rolle. Mehrheitlich wird Beratungsleistungen auch in Zukunft eine relevante Rolle und Funktion bei der Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens eingeräumt. Im Hinblick auf die Dimension «Persönlichkeit» von Beratenden bleibt aus der Studie die Erkenntnis, dass diese sowohl im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Bilanz von Beratungsleistungen wie auch im Hinblick auf die zukünftigen Anforderungen an Beratende der Schlüsselfaktor ist und bleibt.

Abbildung 4 zeigt ein «Set» von personenbezogenen Anforderungen, die sich zumindest diesbezüglich immer wieder als zentral erweisen (vgl. auch Caluwé und Reitsma 2010).

Zusammenfassend kann im Hinblick auf die Ergebnisse aus der Studie sowie den Erfahrungen am Institut für Arbeitsforschung und Organisationsberatung festgehalten werden, dass zukunftsfähige Beratung mit effektiven Beiträgen und Wirkungen in betrieblichen Innovations- und Veränderungsprozessen unter anderem die folgenden Voraussetzungen erfüllen sollte (vgl. Strohm et al. 2016):

  • Beratung braucht Machtressourcen (Experten- und /oder Referenzmacht).
  • Beratung muss gegenüber dem Unternehmen ein angemessenes Verhältnis von Verständnis/Wertschätzung einerseits und Irritation/Konfrontation andererseits zeigen.
  • Beratung braucht empirisch fundierte Erkenntnisse wie auch anschlussfähige Lösungs- und Prozessvorschläge.
  • Beratung muss enttabuisieren.
  • Beratung braucht fundierte Erfahrungen mit den eigenen Gestaltungskonzepten und Überzeugungen.

Der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen: Effektive Entwicklungsberatung für zukunftsfähige Formen der Organisations-, Führungs- und Kulturgestaltung setzt voraus, dass die Beratenden die Praktiken aus ihrem Alltag kennen bzw. praktizieren.

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