Forschung & Entwicklung

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeitsmanagement erfolgreich integrieren

Veränderungen von Kundenbedürfnissen und politischen Rahmenbedingungen führen dazu, dass die strategische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend zu einer wettbewerbsentscheidenden Aufgabe wird. Damit dies gelingt, sind vier zentrale Faktoren zu berücksichtigen.
PDF Kaufen

Das Management ökologischer und ge­sellschaftlicher Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit zählt langfristig zu den gros­sen Herausforderungen für Unternehmen aller Branchen. Durch eine zunehmende Sensibilisierung der Gesellschaft für soziale und umweltrelevante Fragestellungen verändern sich nicht nur Kundenbedürfnisse, sondern auch politische und rechtliche Rahmenbedingungen. 

Wachsender Druck

Beispielhaft hierfür stehen der europäische «Green Deal», ein Massnahmenplan mit dem Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu gestalten, und die nicht nur in der Schweiz viel diskutierte «Konzernver­antwortungsinitiative», die fordert, dass Konzerne mit Sitz in der Schweiz Menschenrechte und internationale Umweltstandards auch ausserhalb der Schweiz verbindlich respektieren. 

Obwohl Klein- und Mittelunternehmen bisher von diesen gesetzlichen Regelungen nicht unmittelbar betroffen sind, erhöhen diese Entwicklungen dennoch ­den Druck, soziale und umweltrelevante Aspekte in unternehmerische Prozesse einzubeziehen. Denn als Zulieferer und Dienstleister werden KMU von grossen Unternehmen immer mehr nach Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt und diesbezüglich kontrolliert. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, werden KMU daher nachweisen müssen, dass sie die geforderten Standards erfüllen. 

Herausforderungen

Eine aktuelle Studie, die von den Autoren am Institute for Business Ethics and Sus­tainable Strategy (IBES) der FHWien der WKW durchgeführt wurde, wertet eine onlinebasierte Befragung von 343 österreichischen KMU aus. Die Ergebnisse zeigen, dass sich KMU aufgrund ihrer Grös­se, Ressourcenausstattung und Führungsstruktur mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sehen, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten und -ziele systematisch, koordiniert, effizient und transparent in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Drei Aspekte sind hierfür massgeblich: 

Unzureichende Expertise in nachhaltigkeitsrelevanten Themen

Etwa 40 Prozent der befragten Unternehmen geben an, keine der etablierten Standards und Richtlinien zur Unterstützung des Nachhaltigkeitsmanagements zu kennen. Zu den etablierten Standards und Richtlinien zählen etwa die EMAS, die Europäische Verordnung zu Eco-Mana­gement and Audit Scheme, oder die Leit­linien der Global Reporting Initiative (GRI). Die mangelnde Kenntnis solcher Hilfsinstrumente hindert KMU an der systematischen Institutionalisierung des Themas Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen, da zum Beispiel das Wissen um vorgefertigte Checklisten oder bereits ausgearbeitete Indikatoren fehlt.

Knappe finanzielle und personelle Ressourcen

KMU haben im Unterschied zu Konzernen oftmals nicht die nötigen Ressourcen, eigene Nachhaltigkeitsabteilungen einzurichten. Die Verantwortung für das Thema liegt in den überwiegenden Fällen (92 %) bei der Geschäftsführung. Zu einer Einbindung von Mitarbeitern  bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsmassnahmen kommt es nur bei etwa 60 Prozent der Unternehmen und dies geschieht auch nur ad hoc und wenig systematisch, was ein strategisches Vorgehen schwierig macht. 

Eine tendenziell informelle Art der Unternehmensführung 

Die informelle Art der Unternehmens­führung zeigt sich beispielsweise in der Kommunikation. So werden in etwa 70 Prozent der befragten Unternehmen Beschäftigte in Mitarbeitergesprächen über Nachhaltigkeitsthemen informiert. Nur wenige Unternehmen informieren über Newsletter oder Berichte. Eine solche Kommunikation birgt die Gefahr, interne Widerstände zu erzeugen, da sich Mitarbeiter nicht ausreichend informiert und involviert fühlen. 

Zentrale Erfolgsfaktoren

Aus der quantitativen Befragung haben sich insbesondere vier Faktoren für die erfolgreiche strategische Integration eines Nachhaltigkeitsmanagements herauskristallisiert: 

Einbindung der Mitarbeiter 

Eine systematische Integration des Nachhaltigkeitsmanagements erfordert neben der Aufmerksamkeit der Geschäftsführung (Tone from the Top) auch die Unterstützung der Mitarbeiter. Folgende zwei Punkte können diese Unterstützung fördern:

  • Die Institutionalisierung von Prozessen zur Einbindung der Mitarbeiter, sodass subjektive Hürden zum Vorbringen von Ideen und Vorschlägen abgebaut werden können und damit das Engagement der Mitarbeiter gesteigert werden kann. Diese Institutionalisierung kann etwa durch wiederkehrende Agenden im Zuge von regelmässigen Besprechungen erreicht werden. 
  • Die Einbindung über das Delegieren von konkreten Aufgaben oder Projekten zu Nachhaltigkeitsthemen an Mitarbeiter steigert die Verbindlichkeit. Eine Möglichkeit ist beispielsweise die Ausarbeitung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten für unterschiedliche Unternehmensbereiche in kleineren Teams. Richtig aufgesetzt, steigert diese Vorgehensweise die Motivation der Mitarbeiter, sich mit Nachhaltigkeit im Unternehmen auseinanderzusetzen. Langfristig kann dies zur Entwicklung einer nachhaltigen Unternehmenskultur beitragen. 

Erhöhte Effektivität durch Kooperationen

Speziell für KMU kann es zielführend sein, Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Interessengruppen einzugehen. Denn die Entwicklung innovativer Lösungsansätze für komplexe nachhaltigkeitsbezogene Probleme (zum Beispiel die Erreichung der Klimaneutralität entlang des gesamten Wertschöpfungsprozesses) verlangt konzertierte Massnahmen mehrerer Stakeholder. Durch eine Zusammenarbeit können personelle und finanzielle Ressourcen gebündelt werden und es kann von bestehendem Wissen der Kooperationspartner in diesem Bereich profitiert werden. Zudem verstärkt die Zusammenarbeit die Wirkung und Sichtbarkeit der Massnahmen.

Einsatz formaler Leitlinien und anerkannter Standards

Für ein strategisches Nachhaltigkeits­management ist es notwendig, im Unternehmen eine realistische Zielsetzung zu definieren. Formale Prinzipien oder Leit­linien, wie zum Beispiel die ISO 26000 oder das UN Global Compact können helfen, einzelne Nachhaltigkeitsziele in geeigneter Weise zu formulieren. 

Zusätzlich können anerkannte Standards, wie zum Beispiel das Umweltmanagementsystem EMAS, zum Erreichen dieser Ziele beitragen: Sie unterstützen darin, geeignete Arbeitspakete, Meilensteine und Evaluierungsindikatoren zu definieren und Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens zu klären. Zudem bieten sie Hilfestellungen für die effiziente Integration des Nachhaltigkeitsmanagements in bestehende Strukturen und Prozesse der Unternehmensorganisation. Institutionalisierte Prozesse können somit auch zu einer Entlastung der Geschäftsführung beitragen und personelle Ressourcen freisetzen.

Kommunikation nach aussen

Die befragten KMU sehen das Potenzial von Nachhaltigkeitsmanagement zur Generierung langfristiger Wettbewerbs­vorteile primär durch eine Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber und des Images. Allerdings benötigt diese Art von Wettbewerbsvorteilen eine umfassende Kommunikation nach aussen und nach innen. Diese fehlt den befragten KMU weitgehend. 

Eine geeignete Vermarktung und die transparente Darstellung entsprechender Inhalte (zum Beispiel die zeitliche Entwicklung des eigenen ökologischen Fussabdrucks) ermöglicht es relevanten Stakeholdern wie Kunden oder zukünfti­-
gen Arbeitnehmern, Alleinstellungsmerkmale zu erkennen. 

Fazit und Ausblick

Obwohl viele der befragten KMU bereits Nachhaltigkeitsaktivitäten setzen, erfolgt dies wenig strategisch. Durch die Entwicklung von Kundenbedürfnissen, gesetzlichen Rahmenbedingungen und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen ist jedoch zu erwarten, dass in Zukunft das Thema Nachhaltigkeit noch stärker als bisher in den Vordergrund rücken wird. Damit wird die Entwicklung wirksamer Strategien zur integrierten Lösung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen zunehmend an Bedeutung gewinnen. 

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, bedarf es zukünftig mehr Zu­sammenarbeit mit Unternehmenspartnern, einer erhöhten Transparenz sowie einer Verbesserung der Kommunikation bezogen auf die eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen.