Forschung & Entwicklung

Personalmanagement

Integrierte Vorgehensweisen in kleinen Unternehmen

In kleineren Unternehmen können Aktivitäten des Personalmanagements nicht einfach von Grossunternehmen übernommen und heruntergebrochen werden. Vielmehr müssen Stärken erkannt und unternehmensspezifische Potenziale genutzt werden. Dazu sollten kleinere Unternehmen ein integriertes Vorgehen wählen, weil so Synergien genutzt werden können.
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Hinweise zum Personalmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen finden sich in zahlreichen Fachbüchern und Praxisratgebern. Bei der Durchsicht dieser Publikationen fällt aber auf, dass die vorgestellten Massnahmen und Instrumente meist aus dem Kanon der bekannten Konzepte für Grossunternehmen abgeleitet und lediglich auf die geringere Grösse der Kleinunternehmen nachjustiert worden sind.

Und wie selbstverständlich wird in den meisten dieser Publikationen davon ausgegangen, dass die notwendigen personellen Kapazitäten zur Umsetzung der empfohlenen Massnahmen in den kleinen Unternehmen vorhanden sind. Kleinbetriebe sind aber keine kleinen Grossbetriebe. Kleine Unternehmen unterliegen bestimmten prinzipiellen Restriktionen, die Grossbetriebe so nicht kennen, haben auf der anderen Seite aber auch Möglichkeiten, die in grossen Unternehmen nicht zu finden sind.

Wenig Zeit für Personalarbeit

Kleine und (kleine) mittlere Unternehmen verfügen nur selten über eine Personalabteilung, in der eine oder mehrere Personen gesamtverantwortlich für das Personalmanagement sind. Unter Umständen gibt es eine Personaladminis-
tration, die für die Lohnbuchhaltung zuständig ist, wo Arbeitszeiten und Ferientage erfasst sowie Arbeitsverträge verwaltet werden.

Dabei stehen kleinere Unternehmen vor den gleichen Herausforderungen wie grössere Betriebe: Sie müssen attraktiv für qualifizierte Mitarbeitende sein und die richtigen auswählen. Die Mitarbeitenden im Unternehmen müssen aus- und weitergebildet, beurteilt, bezahlt, motiviert, geführt, gefördert, allenfalls entlassen und schliesslich in den Ruhestand verabschiedet werden. Das Arbeitsumfeld soll in einer Weise gestaltet werden, dass die Mitarbeitenden ihre Fähigkeiten in vollem Umfang nutzen und so zum Unternehmenserfolg beitragen können, gesund bleiben und sich den Unternehmenszielen verpflichtet fühlen.

Tatsächlich scheint Personalmanagement für kleine Unternehmen noch wichtiger zu sein als für Grossbetriebe, denn der relative Einfluss einzelner Mitarbeitender auf das Unternehmensergebnis ist ungleich bedeutender als in grossen
Unternehmen. Eine falsche Personalauswahl bei der Besetzung einer wichtigen Position im Unternehmen, Motivationsverlust wegen einer als ungerecht empfundenen Bonusverteilung, lange Absenzen, weil ein drohendes Burnout nicht rechtzeitig erkannt wurde: All dies kann in einer kleinen Organisation viel schwerer verkraftet werden als in einem gros­sen Unternehmen.

Flexibilität und Beweglichkeit

Trotzdem verfügen nur wenige kleine Unternehmen über eine Personalstrategie oder über ein abgestimmtes Repertoire an Methoden und Massnahmen im Per­sonalmanagement. Verantwortlich für das Personalmanagement – jenseits der administrativen Aufgaben – ist meist ein Mitglied der Geschäftsleitung, oder die Aufgaben werden innerhalb der Geschäftsleitung verteilt. Die Zeit für die Personalarbeit geht vom ohnehin schon knappen Zeitbudget ab.

Diesen Restriktionen stehen aber auch besondere Potenziale kleiner Organisationen gegenüber. An erster Stelle sind die Flexibilität und die Beweglichkeit kleiner Unternehmen zu nennen, die es ermög­lichen, bei Bedarf rasch mit entspre­chenden Massnahmen im Personalma­nagement zu reagieren, ohne dass es langwieriger Entscheidungs- oder Vorbereitungsprozesse bedarf. Auch ist der Grad der nötigen Formalisierung von Massnahmen im Personalbereich in kleinen Unternehmen meist deutlich geringer als in grossen. Und schliesslich ergeben sich in kleinen Unternehmen viel eher Ansatzpunkte, unterschiedliche Aspekte des Personalmanagements zusammenzufassen und mit einer integrierten Aktivität gemeinsam anzugehen.

Integrierte Vorgehensweisen

In einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt haben die Autoren dieses Beitrages unter anderem Fallstudien in einem Dutzend Schweizer Kleinunternehmen durchgeführt. Untersucht wurden bekannte, exzellente Betriebe unterschiedlicher Branchen. Gemeinsam ist diesen Unternehmen, dass sie auf konkret ganz unterschiedliche Weise eine pragmatische und integrierte Vorgehensweise im Personalmanagement gewählt haben. Integriertes Vorgehen bedeutet, dass einzelne betriebliche Massnahmen verschiedene Felder im Personalmanagement abdecken.

So sind in einem der untersuchten Unternehmen Wissensmanagement und Per­sonalentwicklung eng miteinander verknüpft, indem verschiedenartige Gefässe geschaffen wurden, in denen jede und jeder der Mitarbeitenden die eigenen Erfahrungen an die ganze Belegschaft weitergibt. So werden die kommunikativen Fähigkeiten der Vortragenden geschult, alle Mitarbeitenden werden fachlich weitergebildet und gleichzeitig wird auch das vorhandene Wissen im Unternehmen verteilt.
 
In einem anderen kleinen Betrieb exis­tieren hierarchie- und abteilungsüber­greifende Arbeitsgruppen, die sich nach der Art von Qualitätszirkeln regelmässig treffen, um ein weites Spektrum von Themen nicht nur zu diskutieren, sondern jeweils auch konkrete Handlungsemp­fehlungen zu entwickeln und deren Umsetzung gemeinsam zu kontrollieren. In diesen Arbeitsgruppen werden praktisch alle Herausforderungen an das Personalmanagement behandelt, darunter beispielsweise auch Fragen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten. So wird betriebliches Gesundheitsmanagement hier nicht als eigene Disziplin betrieben, sondern in einen grösseren Kontext eingebettet.

Fazit

Für kleine Unternehmen ist ein integriertes Vorgehen besonders relevant, weil diese nur selten die finanziellen und personellen Ressourcen haben, um in allen oder auch nur mehreren Feldern des Personalmanagements eigenständige Aktivitäten zu entfalten, also beispielsweise Massnahmen oder Programme zur Personalentwicklung und zum Wissensmanagement und zur Arbeitsgestaltung zu lancieren.

Es sollten sich die kleinen Unternehmen stattdessen pragmatisch auf eines oder zwei Felder konzentrieren, dabei aber versuchen, möglichst viele in Verbindung stehende Aspekte des Personalmanagements zu berücksichtigen und bei der Umsetzung entsprechender Programme und Massnahmen Synergien zu nutzen.

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