Forschung & Entwicklung

Blick aus der Wissenschaft

Index für die kantonale Innovationskraft

Innovation und Kreativität sind zentrale Treiber des Wirtschafts­wachstums und damit des Wohlstands der Schweiz. Ein neuer Kantonaler Innovations- und Kreativitätsindex zeigt diese zentralen Treiber auf regionaler Ebene auf.
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Auf internationaler Ebene misst der Global Innovation Index (GII) die Innovationsfähigkeit von Ländern weltweit seit Jahren. Die Schweiz belegt darin regelmässig den ersten Rang. Damit stellt sich die Frage: Welcher Kanton ist im innovativsten Land der Welt führend? Die Hochschule Luzern hat dazu den Kantonalen Innovations- und Kreativitätsindex entwickelt, kurz «KIKI». Dieses Instrument ermöglicht es, die Innovations- und Kreativitätskraft auf kantonaler Ebene zu messen und zu vergleichen.

Zug vor Basel-Stadt

Die Auswertung der KIKI-Daten aus dem Jahr 2024 ergibt für jeden Kanton einen Indexwert mit einem theoretischen Maximum von 100. Zug erreicht mit knapp 60 Punkten den höchsten Wert, dicht gefolgt von Basel-Stadt (57) und Zürich auf Rang drei (48). Waadt, Neuenburg und Genf belegen die Ränge vier bis sechs und liegen eng beisammen (je gerundete 45 Punkte). Dahinter erstreckt sich ein breites Mittelfeld mit Punktzahlen zwischen 41 und 31.

Zug dominiert in den Bereichen Wissen, Kreation und Wachstum, während Basel-Stadt bei der Kreation den höchsten Wert erzielt und in den anderen Bereichen auf Platz zwei oder drei rangiert. Auch die hinteren Ränge erreichen beachtliche Werte, besonders vor dem Hintergrund, dass die Schweiz gemäss GII als innovationsstärkstes Land weltweit gilt.

Bildet man den KIKI geografisch ab, so lassen sich gewisse Schwerpunkte bei den beiden bekannten, regionalökonomisch wichtigen Grossregionen Zürich und dem Lac Leman erkennen, gefolgt von Basel und dem Tessin mit weiteren Akzenten. Der Gesamt-Index ist geografisch in der Abbildung dargestellt.

Die acht Säulen des KIKI

Der KIKI orientiert sich methodisch am GII und setzt sich aus verschiedenen Indikatoren zusammen, die in «Input» und «Output» unterteilt sind. Inputfaktoren fördern Innovation und Kreativität, während Outputfaktoren deren Auswirkungen zeigen. Beide Kategorien sind beim KIKI in je zwei Untergruppen gegliedert – Wissen und Umfeld (Input) sowie Kreation und Wachstum (Output). Jede der vier Untergruppen wird nochmals in zwei Säulen unterteilt. Insgesamt besteht der KIKI somit aus acht Säulen. Die Inhalte dieser Säulen basieren auf wissenschaftlich anerkannten Aspekten von Innovation und Kreativität:

Die Säule Bildung und Bildungserfolg ­betrachtet Indikatoren wie Bildungsangebot, Bildungsnutzung und Erfolgsquoten. Eine breit gefächerte Bildung schafft Humankapital, das für kreative und innovative Prozesse essenziell ist.

Die Säule Forschung, Entwicklung und Wissen umfasst Statistiken zu Forschungsaktivitäten, etwa von Innosuisse, oder Daten zu öffentlichen Forschungsaus­gaben. Ein hoher Anteil an wissensin­tensiven Industrien und Dienstleistungen deutet ebenfalls auf eine starke Forschungsbasis hin.

Die Säule Diversität misst die Vielfalt einer Gesellschaft in Bezug auf ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Sprache und kulturellen Hintergrund. Eine diverse Bevölkerung bereichert Innovationsprozesse durch unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen.

Die Säule Unterstützende Faktoren betrachtet soziale, politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Infrastruktur, Umwelt oder steuerliche und finanzielle Anreize. Konkret zum Beispiel, wie Unternehmen Forschung und Entwicklung von der Gewinnsteuer absetzen können.

Die Säule Kunst und Kultur betont die Rolle kultureller Ausdrucksformen und ihrer institutionellen Förderung, da diese die Kreativität wesentlich beeinflussen. Öffentliche und private Kulturausgaben sowie kreative Wirtschaftszweige sind zentrale Indikatoren.

Die Säule Patente, Marken und Designs fokussiert auf den Schutz und die Verwertung geistigen Eigentums. Dieser fördert den wirtschaftlichen Erfolg, da Erfinderinnen oder Designer ihre Innova­tionen rechtlich absichern und davon profitieren können.

Die Säule Unternehmen und Start-ups misst die Umsetzung von Innovationen, darunter Gründungsaktivitäten, das Unternehmenswachstum und den Beitrag zu Beschäftigung und wirtschaftlicher Entwicklung.

Die Säule Wirtschaftswachstum erfasst schliesslich die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) über verschiedene Zeiträume sowie weitere Wachstumsindikatoren. Sie bildet das messbare Ergebnis einer innovationsorientierten Wirtschaft, die durch neue Technologien und kontinuierliche Verbesserungen Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sichert.

Etablierte Methode

Der KIKI zielt darauf ab, Kreativität und Innovationskraft in einem Konzept quantitativ zu erfassen, obwohl es keinen eigenen, eindeutigen Massstab gibt, sondern nur konzeptbezogene Indikatoren, die mit dem Konzept in Verbindung stehen. Mit der grossen Zahl von 101 Indikatoren wird eine Annäherung erreicht.

Bei der Konstruktion des Index müssen jedoch mehrere Entscheidungen getroffen werden. Zunächst ist es wichtig, dass die Daten theoriegeleitet ausgewählt werden, auch wenn einzelne Indikatoren negativ mit dem Gesamtindex korrelieren sollten. Zweitens müssen die Daten von hoher Qualität und öffentlich zugänglich sein. Für den KIKI ist das Bundesamt für Statistik die wichtigste Quelle, ergänzt durch weitere Bundesämter, Innosuisse, OECD und andere. Indikatoren sollen nicht von der Grösse eines Kantons abhängig sein, damit etwa Zürich mit Obwalden vergleichbar bleibt. Deshalb werden die Daten jeweils in Relation gesetzt, zum Beispiel zur Wohn- oder Arbeitsbevölkerung oder zum kantonalen BIP. 

Da die Indikatoren in verschiedenen Grös­senordnungen und Einheiten vorliegen, wird ein Normalisierungsverfahren angewandt. Dabei rechnet man jeden In­dikator auf eine lineare Skala von 0 bis 100 um. Für die Gewichtung der Einzelindikatoren könnte der Durchschnitt aller Indikatoren verwendet werden; beim KIKI jedoch erfolgt die Gewichtung entlang der acht Säulen, die jeweils mit einem Achtel gewichtet werden, unabhängig davon, ob die Säule viele oder ­wenige Einzelindikatoren enthält.

Der KIKI zeigt, wie vielfältig sich Inno­vation und Kreativität in den Kantonen entfalten können. Es gibt kein einfaches oder universelles Mittel, um diese gezielt zu fördern, doch der Einsatz dafür scheint sich zu lohnen, denn es zeigt sich eine überraschend enge Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen des KIKI und der Wirtschaftskraft der Kantone.

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