Familienunternehmen sind aufgrund ihrer Besonderheiten in der Lage, Entscheidungen umzusetzen, die für Unternehmen in Publikumsbesitz nur schwer umsetzbar sind. So beispielsweise den Entscheid, gleich zwei oder sogar drei Geschäftsführer – notabene blutsverwandt – an die Spitze des Unternehmens zu setzen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, die Teilung der Führungsverantwortung auf oberster Stufe sei nicht möglich, beweisen innovative Familienunternehmen, dass man gemeinsam mehr erreichen kann.
Geteilte Verantwortung
Mit dem Forschungsprojekt «Geteilte Führungsverantwortung in Familienunternehmen» der Hochschule Luzern ergründeten die Autorinnen die Motivations- und Erfolgsfaktoren erfolgreicher Familienteams. Die Ergebnisse dieses Projekts zeigen, dass die Führung in einem Familienverbund einen sehr entscheidenden Erfolgsfaktor darstellen kann. Die geteilte Führung überzeugt einerseits durch breit abgestützte und langfristig tragfähige Entscheide – dies schafft Vertrauen und Stabilität in der Familie und bei der Belegschaft. Anderseits nehmen eben diese Führungsteams eine wichtige Vorbildfunktion für die nächste Generation von Eigentümer wahr, indem sie beweisen, dass neue Führungsansätze und Tradition sich nicht unbedingt widersprechen müssen. Das dynamische und auch globalisierte Wirtschaftsumfeld, die rasanten technologischen Veränderungen und auch die neuen Wertvorstellungen der nächsten Generation verändern deren Idealbild der obersten Führungskraft.
Dies ist nicht länger die heroische aber einsame Leitfigur, sondern zunehmend eine Gruppe von gleichberechtigten Individuen, die sich gemeinsam den Herausforderungen dieser komplexen sowie volatilen wie auch schnelllebigen Unternehmenswelt stellen und zusammen neue Lösungen entwickeln (Choborat-Mason, Gerbasi und Cullen-Lester, 2016).
Neue Führungsansätze werden diesem Wandel gerecht; ihnen gemein ist eine Abkehr von der bisherigen Begrenzung der Führung auf eine Einzelperson, hin zum Fokus auf die gemeinsame oder geteilte Führung (Cullen-Lester und Yammarino, 2016). Diese Ansätze haben den Anspruch, unterschiedliche Individuen mit verschiedenartigen Erfahrungen, Fähigkeiten sowie Verantwortlichkeiten zusammenzubringen und auf diese Weise zu gemeinsamen Entscheidungsprozessen zu befähigen (Choborat-Mason, Ger-basi und Cullen-Lester, 2016). Deshalb erfordern solche neuartigen Führungsperspektiven neben einem erneuerten Verständnis von Organisation eine neue Interpretation der Führungsperson und ihrer Aufgaben. Eine Teilung der Führungsverantwortung bringt nachweislich zahlreiche Vorteile mit sich, und das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines veränderten Führungsverständnisses hat auch bei vielen Unternehmen Fuss gefasst. Dennoch hält sich die Skepsis gegenüber der Teilbarkeit von Führung hartnäckig.