Forschung & Entwicklung

Webbasierte Befragungen

Eigene Online-Befragungen erfolgreich realisieren

Online-Befragungen sind für Unternehmen eine gute Möglichkeit, um sich schnell Infor­mationen zu beschaffen. Allerdings haben nicht alle KMU die notwendigen Budgets, um entsprechende Dienstleister zu beauftragen. Online-Befragungstools und Befragungsplattformen sind daher eine Alternative. Der Beitrag zeigt, worauf dabei zu achten ist.
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Vielen Unternehmen fehlen die finan­ziellen Ressourcen, um Kundenzufriedenheitsbefragungen und Marktabklärungen an ein professionelles Markt­forschungsinstitut auszulagern. Gleichzeitig erleichtern einfach zu be­dienende Online-Befragungstools und Be­fragungs­plattformen die eigenständige Realisation von webbasierten Be­fragungen. Doch worauf müssen Unternehmen achten, wenn sie eine Online-­Befragung erfolgreich realisieren undvor allem ver­lässliche Daten für ihre Marketingentscheidungen gewinnen möchten? Eine Untersuchung der Fachhochschule Nordwestschweiz hat die optimalen Rahmenbedingungen für Online-Befragungen analysiert.

Die Grundsatzfrage

Die häufigste Frage bei der  Planung einer Online-Befragung in eigener Regie ist: Wie viele Personen muss ich be­fragen? Wie gross die Zahl der Befragten sein sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Wie genau müssen die Ergebnisse sein? Welche Fehlerspanne ist für Sie oder Ihr Unternehmen akzeptabel?
  • Wie gross ist die Grundgesamtheit, über die Sie eine Aussage treffen möchten? Welche Fallzahl streben Sie an?
  • Welcher Prozentsatz der Befragten wird sich voraussichtlich an der Befragung beteiligen?
  • Wie sicher müssen Sie sich sein, dass die Ergebnisse stimmen? 

Ein einfacher Rechner für die Berechnung des Stichprobenumfangs findet sich zum Beispiel auf der Online-Befragungsplattform von Survey Monkey (https://www.surveymonkey.ch/mp/sample-size-calculator/). Ein kurzes Rechenbeispiel: Ein Unternehmen hat 10 000 Kunden im DACH-Raum. Strebt man die branchenübliche Genauigkeit der Ergebnisse von plus /minus fünf Prozent an, so benötigt man 370 gültige Teilnehmende. Erfahrungsgemäss beteiligen sich etwa zehn Prozent der kontaktierten Kunden an einer Befragung. In diesem Fall würde es langen, 4000 bis 5000 zufällig gewählte Kunden zu befragen.

Die Repräsentativität

Als A und O einer guten Befragung gilt die Repräsentativität. Dafür müssen diejenigen, die sich an der Befragung beteiligen, ein verkleinertes Abbild all derjenigen sein, über die man eine Aussage machen möchte. Nur dann ist es zulässig, bei der Datenanalyse von der Stichprobe auf mögliche Ergebnisse in der Grundgesamtheit (zum Beispiel alle Kunden; alle 18- bis 30-Jährigen in der Deutschschweiz) zu schliessen. 

Bei Online-Befragungen ist es natürlich verlockend, gleich alle zu kontaktieren, von denen man eine E-Mail-Adresse hat. Die Kosten steigen – anders als bei telefonischen oder Papier-Befragungen – mit der Zahl der Befragten nur unwesentlich an. Dennoch gilt es abzuwägen, ob alle oder nur eine Stichprobe befragt werden sollen. 600 000 Mails verschicken? Oder vielleicht doch lieber nur eine Zufallsstichprobe von 6000 Kunden? Es gilt schliesslich nicht nur mit den eigenen Unternehmensressourcen sorgsam umzu­gehen, sondern auch die zeitlichen Ressourcen der Befragten zu schonen und die allgemeine Befragungsmüdigkeit nicht weiter zu forcieren. 

Geht man auf Nummer sicher und konservativ von einer Beteiligungsquote von rund fünf Prozent aus, so ergeben sich bei einer Befragung von 6000 Personen etwa 300 ausgefüllte Fragebogen. Gerade bei Fragestellungen, bei denen nur wenige gruppierte Auswertungen zum Beispiel nach Geschlecht oder Alter vorgesehen sind, reicht eine Fallzahl von 300 Fragebogen häufig völlig aus – und wären 30 000 gültig ausgefüllte Fragebogen überdimensioniert. 

Der Fragebogen

Die Länge eines Online-Fragebogens ist entscheidend, ob erstens überhaupt mit der Beantwortung begonnen wird und zweitens die Befragung beendet wird. Mehrere Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen der Ausfallrate und der Länge des Online-Frage­bogens. Je länger die Dauer der Online-Befragung, desto höher die Ausfallrate. Während 50 Prozent der Befragten eine Dauer von fünf Minuten noch als «sehr angenehm» empfinden, sind es nur noch 30 Prozent bei einer Dauer von 20 Minuten. Die Dauer der Befragung ist abhängig vom Inhalt, der Komplexität und der Zielgruppe. Nicht zuletzt spielt auch das Layout eine zentrale Rolle, ob die Dauer als zu lang wahrgenommen wird. 

Bei jeder einzelnen Frage muss überlegt werden, ob die Information tatsächlich notwendig ist und das zugrunde liegende Problem damit beantwortet kann. So werden gerade bei demografischen Fragen oft Haushaltsgrösse oder höchster Bildungsabschluss abgefragt – im Anschluss aber nicht ausgewertet. Aus­serdem ist auf einen logischen Aufbau zu achten: von allgemeinen zu spezifischen Fragen. Mittels sogenannter Filterfragen kann man Sprünge im Fragebogen einfügen, damit nur denjenigen die Fragen angezeigt werden, die tatsächlich eine bestimmte Eigenschaft (zum Beispiel Shampoo für lange Haare) aufweisen, während alle anderen diese Fragen (unbemerkt) überspringen. 

Die richtigen Anreize schaffen

In zahlreichen Befragungen werden Anreize, wie z.B. Gutscheine, Geld- oder Sachpreise, gesetzt. Studien haben gezeigt, dass diese tatsächlich mehr Personen motivieren, an einer Online-Befragung teilzunehmen. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass die Anreize allenfalls bestimmte Befragte zu einer Teilnahme motivieren, welche ansonsten nicht teilnehmen würden und welche damit das Resultat verfälschen können. Die Analyse der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zeigt: Fast 90 Prozent der Klicks erfolgen in den ersten zwei Tagen nach dem Versand des Einladungsmails (siehe Abb. 1). Danach nimmt die Teilnahmequote rasant ab. Die Hälfte der Befragten klickt die Befragung sogar innerhalb von sechs bis sieben Stunden nach dem Versand des Einladungsmails an. Fünf Tage nach dem Senden des Einladungsmails tendiert die Teilnahmequote gegen 0.

Reminder-Mails sind zentral

Ein Remindermail ist zentral. Eine Erinnerungsmail kann die Rücklaufquote nochmals um 50 bis 100 Prozent steigern. In der von der FHNW analysierten Befragung erhöhte sich die Beteiligung nach dem Versand des Reminders um 66 Prozent. Allerdings: Remindermails sollten wohldosiert eingesetzt werden. Erstens nur an diejenigen verschicken, die sich noch nicht an der Befragung beteiligt haben. Und zweitens in der Regel nur ein Remindermail versenden, weil sich bereits mit dem ersten Erinnerungsschreiben der Anteil derjenigen erhöht, die eine Befragung als Spam oder Belästigung empfinden. 

Da die Teilnahme an der Befragung in der Regel nach drei Tagen Befragungszeitraum abnimmt, ist es sinnvoll, ein Remindermail nach vier bis fünf Tagen zu verschicken. Wenn man systematische Verzerrungen zum Beispiel durch Ferien­abwesenheit et cetera verhindern möchte, dann ist eine Gesamtfeldzeit von 16 bis 18 Tagen zu empfehlen.

Ideale Versandzeitpunkte

Wann sollten Einladungen für die Befragung verschickt werden? Berücksichtigt man, dass 90 Prozent der Klicks in den ersten zwei Tagen erfolgen, so ist der Zeitpunkt des Mailversands bedacht zu wählen. Die Studie der FHNW zeigt: Der Zeitpunkt des Mailversands hat vor allem bei den männlichen Befragten einen Einfluss darauf, ob sie die Befragung an­klicken beziehungsweise die Befragung beenden. Wurden die Mails um zehn Uhr verschickt, gab es bei Männern zwar eine überdurchschnittliche Anklickquote. Doch der Anteil derjenigen, die die Befragung auch bis zum Schluss ausgefüllt haben, liegt unter dem Durchschnitt. 

Die höchsten Ausschöpfungsquoten gab es bei einem Mailversand um 12 Uhr (7,2 Prozent angeklickt; 4,7 Prozent zu Ende ausgefüllt) sowie um 15 Uhr (7,9 Prozent angeklickt; 5 Prozent zu Ende ausgefüllt). Eine niedrige Anklickquote und eine vergleichsweise hohe Abbrecherquote gab es bei E-Mail-Versänden um 13, 14 und 17 Uhr (siehe Abb. 2).

Die Wahl des richtigen Wochentages kann die Rücklaufquote ebenfalls positiv beeinflussen. Studien zeigen den Freitag als günstigen Wochentag zum Versand von Befragungen, den Montag eher als ungünstig.

Fazit

Online-Befragungen sind für Unternehmen grundsätzlich eine günstige Möglichkeit, um sich schnell Informationen zu beschaffen. Die Befragung muss allerdings an die richtigen Personen (Stichwort Zielgruppe) gesandt werden und eine adäquate Länge (fünf bis zehn Minuten) sowie ein ansprechendes Layout auf­weisen. 

Die gestellten Fragen müssen im Hinblick auf die Problemstellung und was man auswerten möchte wohl durchdacht sein. Ein Remindermail an all diejenigen, welche sich noch nicht beteiligt haben, kann bereits nach wenigen Tagen gesandt werden. 

Die besten Zeitpunkte für einen Versand des Fragebogens sind freitags um 12 Uhr und um 15 Uhr.  Für das Remindermail sollte ein anderer Wochentag gewählt werden – hier eignen sich zum Beispiel der Dienstag oder Mittwoch.

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