Smartphone-Anwendungen, das Internet der Dinge, Industrie 4.0, Big Data und Robotik – «the sky is the limit» und die Euphorie Technologie-affiner Kreise spürbar. Auch das «KMU-Magazin» räumt diesem wichtigen Thema berechtigterweise den gebührenden Raum ein. Wie an dieser Stelle schon im «KMU-Magazin» Ausgabe Nr. 5/2016 beschrieben, die digitale Revolution 2.0 nimmt einen neuen Anlauf zu einem «grossen Sprung nach vorne», um die Arbeitsproduktivität und unseren Wohlstand in neue Höhen zu katapultieren. Wunschtraum oder Wirklichkeit?
Ausbleibendes Produktivitätswachstum
Worin liegen eigentlich die Hoffnungen in der Digitalisierung 2.0 begründet? Kurz gesagt wird unterstellt, dass die Produktivität, also die Masszahl dafür, wie viele Güter und Dienstleistungen je Stunden von einer gewissen Anzahl Menschen pro Zeiteinheit erstellt werden können, durch die fortschreitende Digitalisierung kontinuierlich steigen wird. Gerade in einer «alternden Gesellschaft», also Gesellschaften, die eine demografische Überalterung aufweisen, soll das durch die Digitalisierung angeregte Produktivitätswachstum den gesellschaftlichen Wohlstand wenn nicht steigern, dann doch wenigstens sichern. Das heisst, durch die steigende Produktivität soll es möglich sein, dass immer weniger produktiv Arbeitende immer mehr Rentner versorgen können. Digitalisierung als Königsweg aus der demografischen Falle?
Es wäre wirklich ein schönes Szenario, wenn denn die Statistiker auch ein entsprechend hohes Produktivitäts- und Wohlstandswachstum durch die Digitalisierung bestätigen könnten. Der amerikanische Ökonom Robert Gordon hat die Wohlstandseffekte der Digitalisierung untersucht und seine Ergebnisse sind ernüchternd. Computer und Internet haben unseren Wohlstand weniger gesteigert als etwa die Errungenschaften der industriellen Revolution vor etwa 135 Jahren. Die zusätzlich erzielbaren Erträge durch den digitalen Fortschritt sind teilweise sehr bescheiden, und so spricht Gordon bereits von einer bevorstehenden «Saure-Gurken-Zeit». Die niedrig hängenden Früchte seien geerntet und die Digitalisierung werde, so Gordon, keine wirklich grossen Impulse mehr liefern können. Den Hype um 3-D-Drucker beispielsweise bewertet er kritisch und argumentiert, dass uns diese Art zu produzieren auf vorindustrielles Niveau zurückwerfen würde, da die Grössenvorteile der Massenproduktion vergeben würden. Ob Facebook, Twitter und Google, also Daten- statt Güterhandel, den Wohlstand der USA, also nicht nur den Reichtum der Erfinder, mehren, ist zumindest diskussionswürdig.
Verteilungswirkung beachten
Die Heilsbotschaften der Digitalisierung verschweigen zudem die möglichen Konsequenzen auf die Verteilungswirkung der zunehmenden Technologisierung der Gesellschaft. Damit das erhoffte Produktivitätswachstum gesteigert werden kann, müssen die Menschen mit den digitalen Innovationen umgehen können. Daher muss die Bildung der Arbeitnehmer dem digitalen Kontext entsprechen, sonst steigert der erzielte Produktivitätsanstieg nur den Wohlstand der Hochqualifizierten. Arbeit und Arbeitsplätze für gering bis mittel Qualifizierte bleiben auf der Strecke. Ausserdem gilt es zu bedenken, dass ein Teil des Produktivitätswachstums von Unternehmern und den zukünftigen Rentnern beansprucht wird.