Forschung & Entwicklung

Strategische Unternehmensführung

Die Schlüsselfaktoren des Unternehmenserfolgs

Das Führen eines Unternehmens ist eine komplexe Aufgabe, bei der viele verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen. Der «KMU-Spiegel 2014» untersuchte in einer schweizweit durchgeführten Studie die strategischen Schlüsselfaktoren von kleinen und mittleren Unternehmen. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen zeigt dieser Beitrag.
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Was sind die zentralen Schlüsselfaktoren für den Unternehmenserfolg? Wie lässt sich Erfolg messen? Wie lässt er sich steuern? Und welche Aspekte können die Un­ternehmen nicht beeinflussen, sind aber dennoch von entscheidender Bedeutung? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der schweizweit durchgeführten KMU-Studie des Instituts für Unternehmensführung an der FHS St.Gallen. Die branchenübergreifende Untersuchung bildet die aktuelle Situation Schweizer KMU auf Grundlage von 1255 Antworten und zahlreichen Experteninterviews in einem Management-Cockpit ab.

Stärken und Schwächen

Die Ergebnisse zeigen auf, dass die meisten Unternehmen einem sehr hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind. Die Chancen werden vor allem beim Marktwachstum und bei technologischen Entwicklungen gesehen, während die Frankenstärke sowie zunehmende Regulie­rungen und Auflagen für viele Unternehmen Gefahren darstellen. Einerseits zählen die hohe Zufriedenheit bestehender Kunden und die hohe Qualität des bestehenden Leistungsangebotes eindeutig zu den Stärken der befragten KMU, ande­rerseits schätzen viele Unternehmen die Entwicklung neuer Marktangebote sowie die Gewinnung neuer Kunden als Schwächen ein.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) spielen in der schweizerischen Wirtschaft als Arbeitgeber und Wirtschaftspartner eine zentrale Rolle, schliesslich zählen mehr als 99 Prozent aller Schweizer Unternehmen zu dieser Gruppe. Im Vergleich zu Grossunternehmen zeichnen sich KMU durch zahlreiche Vorteile wie eine hohe Flexibilität, kurze Entscheidungswege und eine enge Kundenbindung aus. Jedoch führt auf der anderen Seite die zumeist sehr hohe zeitliche Belastung der Geschäftsleitung im operativen Tagesgeschäft oftmals dazu, dass Management-Ressourcen nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Das Management-Cockpit

In der Unternehmenspraxis sind daher einfache und pragmatische Instrumente gefragt, die bei der Unternehmensführung unterstützen können. Das Management-Cockpit ist ein solches Instrument. Es stellt die für ein Unternehmen wichtigsten Grössen, die sogenannten «strategischen Schlüsselfaktoren», übersichtlich dar und zeigt Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken auf. Hierbei werden die Rahmenbedingungen, die unter­nehmerischen Erfolgsindikatoren und die betriebswirtschaftlichen Stell­hebel voneinander unterschieden.

Unter Rahmenbedingungen werden Aspekte und Entwicklungen ausserhalb des Unternehmens verstanden, die entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt beeinflusst werden können, jedoch einen massgeblichen Einfluss auf den Erfolg und die Entwicklung eines Unternehmens haben. Hierzu zählen beispielsweise wirtschaftliche Aspekte wie der Wechselkurs oder das Marktwachstum einer Branche, technologische Entwicklungen wie die zunehmende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien, aber auch rechtlich-soziale Faktoren wie Steuern oder Regulierungen und Auflagen.

Bei den Erfolgsindikatoren handelt es sich um jene Grössen, mit denen der Erfolg eines Unternehmens gemessen werden kann. Hierbei wird der Unternehmenserfolg nicht ausschliesslich anhand der üblichen finanziellen Kennzahlen wie dem Umsatz oder dem Gewinn ermittelt, sondern es fliessen die weiteren Perspektiven Mitarbeiter, Kunden und Prozesse in die Gesamtbeurteilung ein. Dies ermöglicht eine differenzierte Betrachtung verschiedener Teilaspekte, die für die Unternehmensführung wichtig sind. Über die betriebswirtschaftlichen Stellhebel können gezielt Veränderungen vorgenommen werden, um den Unternehmens­erfolg positiv zu beeinflussen. Das Management-Cockpit unterstützt dabei die relevanten Umweltfaktoren im Blick zu behalten, den Unternehmenserfolg auf verschiedenen Ebenen zu erfassen und Massnahmen gezielt zu planen und umzusetzen.

Die Studie

Das Institut für Unternehmensführung der FHS St. Gallen (IFU-FHS) führte eine schweizweite sowie branchenübergreifende Studie durch, in der diese betriebswirtschaftlichen Schlüsselfaktoren im KMU-Umfeld untersucht wurden. Un­terstützung erfuhr das IFU-FHS dabei von den Praxispartnern Schweizerischer KMU-Verband, Helvetia, PwC und Raiffeisen Schweiz. Die erste Phase bestand aus einer Umfrage im Winter 2013 / 14, an der sich 1255 Unternehmen beteiligten. Im Anschluss wurden die Ergebnisse in Gesprächen mit zahlreichen Experten aus unterschiedlichen Branchen näher beleuchtet, um zum einen Besonderheiten einzelner Branchen und zum anderen mögliche Erklärungsansätze in Erfahrung zu bringen.

Stellhebel für den Erfolg

Auf dieser Grundlage konnte ein umfassendes Bild über die Situation Schweizer KMU gezeichnet und in einem Management-Cockpit abgebildet werden. In der Gesamtbetrachtung (vgl. Abbildung 1) zeigen die Ergebnisse der Studie klar auf, dass es einen starken Zusammenhang zwischen den betriebswirtschaftlichen Stellhebeln und den unternehmerischen Erfolgsindikatoren gibt. Für Unternehmen bedeutet dies ganz konkret: Je besser der Einsatz der verfügbaren Hebel gelingt, desto grösser ist der Erfolg des Unternehmens.

Im Folgenden werden einige Teilaspekte zu den Rahmenbedingungen sowie den betriebswirtschaftlichen Stellhebeln und unternehmerischen Erfolgsindikatoren näher beleuchtet.

Hoher Konkurrenzdruck

Neben dem Einsatz der verfügbaren Hebel ist für den nachhaltigen Unternehmenserfolg auch die korrekte Einschätzung der relevanten Umweltfaktoren und der Wettbewerbssituation entscheidend. Die Vielzahl von möglichen Einflussfaktoren auf die Wettbewerbssituation kann mit Michael Porters Modell der Wettbewerbskräfte auf fünf zentrale Aspekte reduziert werden. Die zweite Abbildung stellt die Einschätzung der fünf Wettbewerbskräfte durch die Umfrageteilnehmer in acht vertieft untersuchten Branchen dar. Die Auswahl der Branchen erfolgte nach deren Beitrag zur Bruttowertschöpfung in der Schweiz.

Allen Branchen gemein ist eine als hoch eingeschätzte Rivalität unter den etablierten Unternehmen. Den höchsten Konkurrenzdruck nehmen aber die Gross- und Detailhändler wahr. Dabei sind die Hauptursachen die stagnierende oder gar schrumpfende Nachfrage, die hohen Fixkosten, eine zyklische beziehungsweise schwankende Nachfrage oder auch die Schwierigkeit der Anbieter, sich voneinander zu differenzieren. Die Bedrohung durch neue Wettbewerber wird im Wesentlichen durch Markteintrittsbarrieren bestimmt. Hier sieht der Detailhandel, aber auch das Baugewerbe eher eine Gefahr, während die anderen Branchen dies als neutral bewerten.

Die grössten Unterschiede in der Bewertung sind bei der Verhandlungsmacht der Kunden festzustellen. Während die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, die Baubranche und der Grosshandel hier eher Gefahren orten, sieht das Gesundheits- und Sozialwesen hier sogar eine Chance. Mangelnde Alternativen und das sich aus Informationsdefiziten ergebende Abhängigkeitsverhältnis der Patienten und Klienten liefern hier einen Erklärungsansatz. Schliesslich werden die Verhandlungsmacht der Lieferanten sowie die Bedrohung durch Substitute von allen Branchen eher als neutral bis gering eingestuft.

Chance und Herausforderung

Neben der Einschätzung zu den Branchenkräften wurden die Umfrageteilnehmer auch zu verschiedenen Umweltfaktoren befragt. Sie identifizierten darin etwa gleichviele Chancen wie Gefahren. Die grössten Chancen machen die Umfrageteilnehmer im Marktwachstum sowie in den Entwicklungen der Informations- sowie Telekommunikationstechnologie aus. Konkret sehen sie in den neuen Technologien Potenzial zur Erschliessung neuer Kundengruppen und zur Erbringung eines erhöhten Kundennutzens. Weitere Chancen erkennen sie in der Zuwanderung sowie in der Zunahme der Mobilität der Bevölkerung. Als Gefahren werden neben der Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise sowie der Frankenstärke auch die zunehmende Regulierungsdichte erkannt.

Neben der Analyse der Aussenwelt muss ein taugliches Management-Cockpit auch die unternehmerische Innenwelt sinnvoll abbilden. Nachfolgend ist die durchschnittliche Beurteilung der Mess- und Steuergrössen in Bezug auf deren Erfüllungsgrad dargestellt.

Abbildung 3 fasst die Beurteilung aller an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen und Branchen zusammen. Die Skala reicht dabei von 1 (schlecht) bis 7 (ausgezeichnet). Die erzielten Werte sind zudem nach dem Ampel-System farblich codiert. Hell- und dunkelgrün bedeuten gute bis sehr gute Werte, gelb steht für eine befriedigende Bewertung, orange für knappe, aber noch ausreichende, und rot für ungenügende Einschätzungen.

Gemäss dieser Selbsteinschätzung scheinen die kleinen und mittelgrossen Unternehmen in der Schweiz ihre Stärken vor allem im Umgang und in der Pflege von den bestehenden Kunden und Leistungen aufzuweisen.

Die Zufriedenheit der Kunden, die Qualität der Produkte, aber auch die Kundentreue und das Image werden als sehr gut beurteilt. Schwächen zeigen sich hingegen bei der Erschliessung neuer Kunden und Marktleistungen. Dies äussert sich in einer deutlich schlechteren Beurteilung der Nutzung von Vertriebskanälen, der Bearbeitung des Marktes, der Gewinnung von neuen Kunden und der Innovationsrate beziehungsweise der Innovationsstärke. Gleichzeitig zeigen sie sich auch nur mässig zufrieden mit der Preispolitik beziehungsweise der Preisgestaltung.

Mässige finanzielle Resultate

Es erstaunt deshalb nicht, dass dies auch Konsequenzen für die finanziellen Messgrössen hat. Ausser beim Eigenfinanzierungsrad fällt die Beurteilung mässig aus. Bei genauerer Betrachtung müsste die finanzielle Einschätzung sogar nach unten korrigiert werden, denn rund 25 Prozent der teilnehmenden Unternehmen mussten letztes Jahr eine Umsatzeinbusse bzw. einen Verlust hinnehmen. Hinzu kommt, dass beinahe 60 Prozent der Befragten eine Gesamtkapitalrendite (Return on Investment, ROI) von höchstens vier Pro-zent erreichten. Vergleicht man die durch-schnittlichen Kapitalkosten von 7 bis 12 Prozent mit dem ROI, wird klar, dass bei vielen Unternehmen die Kapitalkosten nicht gedeckt sind und damit keine nachhaltige Wertsteigerung möglich ist (vergleiche hierzu Abbildung 4).

Während die im Rahmen des «KMU-Spiegels» befragten Unternehmen bei der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse und der Ausgestaltung des Geschäftsmodells noch Potenzial zur Verbesserung ausmachen, schneiden die Messgrössen der Mitarbeiterperspektive durchwegs sehr gut ab.

 

Höhere Motivation

Das hat verschiedene positive Effekte: zufriedene Mitarbeiter sind motivierter und produktiver, was wiederum andere relevante Faktoren wie die Innovationsfähigkeit oder die Effizienz beeinflusst. Die Motivation der Mitarbeitenden wird wesentlich geprägt von der Art, wie sie geführt werden, aber auch von den Anreiz- und Belohnungssystemen sowie von der Personalentwicklung (Hebel).

Aus der Beurteilung dieser Hebel lassen sich die deutlich höheren Werte der mitarbeiterorientierten Messgrössen aber nicht vollständig erklären. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass entweder der Einsatz der Hebel zu selbstkritisch erfolgte oder die mitarbeiterorientierten Messgrössen zu optimistisch beurteilt wurden.

Überprüfen lassen sich beide möglichen Ursachen über Mitarbeiterumfragen, die aber im Rahmen dieser Studie nicht vorgenommen wurden.

Fazit und Ausblick

Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation ist bei vielen kleinen und mittelgros­sen Unternehmen in der Schweiz noch nicht zufriedenstellend. Ein zielorientierter Einsatz der verfügbaren betriebswirtschaftlichen Hebel kann wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen. Darüber hinaus sollten die wichtigsten Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, um frühzeitig Chancen und Risiken erkennen zu können.

Ein Management-Cockpit kann dabei helfen, alle strategischen Schlüsselfaktoren im Auge zu behalten und die Massnahmen zielgerichtet abzuleiten. Das Instrument ist zudem in der Unternehmenspraxis einfach anwendbar und kann die Geschäftsleitung bei der Analyse und Entscheidungsfindung unterstützen.

Der erste Schritt besteht darin, das Management-Cockpit mit den zentralen Schlüsselfaktoren zu erstellen. Die Analyse zeigt, in welchen Bereichen die Stärken und Schwächen liegen, und sie gibt die ersten Anhaltspunkte für konkrete Massnahmen.

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