Amerika verfügt über ein einzigartiges Privileg: Die Amerikaner kontrollieren die Weltleitwährung, namentlich den US-Dollar. Die Leitwährung ist per Definition diejenige Währung, die als internationales Zahlungs- und Reservemittel dient. Der US-Dollar (USD) ist die unangefochtene Leitwährung seit Ende des Zweiten Weltkrieges und Ausdruck amerikanischer Macht, zugleich wirkten die militärische und wirtschaftliche Dominanz der Vereinigten Staaten als Garant für den Dollar. Wie macht sich das Privileg bemerkbar? Gemäss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ist der USD an 88 % aller Devisentransaktionen beteiligt. Das auch dann, wenn die USA bei den meisten Transaktionen keine betroffene Handelspartei darstellen. Der Euro ist bei 31 %, und der chinesische Renminbi sogar nur bei 4 % der Transaktionen die Währungen der Wahl bzw. ergänzen den USD. Bei den Devisenreserven ist die Lage ebenso klar. 63 Prozent der Währungsreserven lauten auf USD und nur 20 Prozent stellt der Euro. Kurz gesagt, das internationale Finanzsystem beruht auf dem sogenannten Greenback.
Der schuldenfinanzierte Lebensstil Amerikas
Welche Vorteile haben die USA aufgrund dieses Privilegs? Für Amerikas Regierung geht die Dominanz des Dollars mit klar beschreibbaren Vorteilen einher. Da der USD weit über die Landesgrenzen der USA hinaus für alle möglichen Transaktionen nachgefragt wird, können sich die Vereinigten Staaten zu tieferen Zinssätzen verschulden, als wenn die Währung nicht die Weltleitwährung wäre. Notenbanken in aller Welt müssen, um den reibungslosen, internationalen Handel ihrer Unternehmen sicherstellen zu können, den USD vorrätig halten. Dies nicht unbedingt nur in Dollarnoten, sondern überwiegend in Form von Schuldpapieren der amerikanischen Regierung und der US-Bundesstaaten. Die beinahe ungebremst hohe Nachfrage nach USD und Dollar-Schuldpapieren drückt die Renditen dieser Papiere und erlaubt es den USA, sich zu günstigeren Konditionen ihr Handelsbilanzdefizit finanzieren zu lassen als anderen Staaten. Man kann auch sagen, das Ausland subventioniert die Defizite der USA und fördert den schuldenfinanzierten Lebensstil Amerikas.
Diese Situation ist alles andere als neu und schon Valéry Giscard d’Estaing beklagte in den 1960er-Jahren, dass sich die Amerikaner, weil der Dollar die Leitwährung stelle, im Ausland viel zu billig verschulden könne. Doch nicht nur die Verschuldung der Amerikaner trieb Giscard d’Estaing um, sondern die Frage, was man wohl von den Amerikanern im Gegenzug bekommen werde. Während andere Länder, um 1000 US-Dollar als begehrte Währungsreserve zu erhalten, den Amerikanern entsprechend Waren oder Dienstleistungen für eben diese 1000 US-Dollar bereitstellen müssen, können die Amerikaner im Prinzip so viel ihrer eigenen Währung herstellen, wie sie benötigen. Oder anders gesagt, Amerika kann mit Papier statt mit Waren bezahlen, ohne unmittelbar die eigene Währung zu gefährden.
Illustriert man verkürzt die Situation anhand des Beziehungsverhältnisses zwischen den USA und China, ergibt sich folgendes Bild: Amerika kauft Produkte aus chinesischer Fertigung, China räumt Amerika Kredite ein und gibt sich mit amerikanischen Schuldscheinen nominiert auf USD zufrieden, da mit diesen Schuldscheinen international beispielsweise Rohstoffe eingekauft werden können. Amerikas Politiker können mit chinesischen Krediten den Staat finanzieren, und die amerikanischen Konsumenten erhalten dank grosszügiger und recht günstiger Kreditkartenlimits Zugang zu den billig produzierten Waren aus Asien.