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Börsenradar

Wie stabil ist die Kurserholung?

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
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Die Börsenanalysten sind sich derzeit uneins, ob die Kurserholung im Oktober schon der Beginn einer Wende nach oben ist oder ob noch mal mit einem kräftigen Abschwung nach unten gerechnet werden muss. Für eine Wende spricht, dass der Monat Oktober ein neues Quartal einleitet, das dann nach der Sommerflaute sehr oft eine Kursbewegung nach oben bringt. Die Inflationsängste sind geringer geworden, sodass nicht mit weiteren scharfen Zinserhöhungen der Zentralbanken gerechnet werden muss. Auch die Konjunktur hielt sich in meisten Industrieländern besser als erwartet (ausgenommen Deutschland, wo Rezession herrscht).

Doch es gibt gewichtige Gründe gegen einen lang anhaltenden Aufschwung an den Börsen. Die inverse Zinsstruktur (kurze Zinsen höher als lange) haben in der Vergangenheit eigentlich stets eine weltweite Rezession zur Folge gehabt. Die bisher nur kleine Korrektur an den Aktienmärkten nach unten (rund 10 %) war eigentlich zu wenig, um den kräftigen weltweiten Zinsanstieg dieses Jahres voll zu berücksichtigen. Es kommen ja nun erst die neuen Quartalszahlen der Unternehmen heraus, die zeigen werden, wie sich die Zinserhöhungen auf Umsätze und Gewinne der Unternehmen ausgewirkt haben. Dazu könnten noch politische Krisen hinzukommen; der Nahostkonflikt könnte sich auch noch ausweiten. Aber welche Signale geben im Moment unsere Indikatoren?

1. Zinssignale: Negativ 

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende ­Zinsen schlecht. So steht es in den Lehrbüchern. Zwar gingen seit Dezember 2022 die Renditen der zehnjährigen Bundesobligationen leicht zurück. Aber die jüngste Entwicklung zeigt, dass es fraglich ist, ob dieser Rückgang anhält. Noch kann die Rendite zehnjähriger Schweizer Bundesobliga­tionen nicht mit den Dividenden konkurrieren. Aber der Franken ist stark, und Bundesobligationen bieten Sicherheit. In den USA liegt das Zins­niveau zehnjähriger Staatsanleihen sogar nun fast bei fünf Prozent. Das ist schon eine Konkurrenz für den derzeit unsicheren Aktienmarkt.

2. Der Saisoneffekt: Positiv ab November

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate November bis April im Durchschnitt eine wesentlich bessere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate Mai bis Oktober.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Negativ

Unsere Liste der 64 meistgehandelten schwei­zerischen Aktien zeigte zum letzten Stichtag am 6. Oktober ein stark negatives Bild. Lediglich eine einzige Aktie (Novartis) meldete ein neues 9-Monats-Hoch, während 13 von 64 schweize­rischen Standardwerten ein neues 9-Monats-Tief hinnehmen mussten. Dies zeigt deutlich, auf welch unsicherem Boden die Kurserholungen in der zweiten Oktoberwoche gestartet sind. Die Aktien mit neuem Tief waren Barry Callebaut, Implenia, Lonza, Tecan, Georg Fischer, DKSH, Richemont, Rieter, Dufry, Ems-Chemie, SGS, Swatch und Bucher. Bei fallenden Kurven ist die Gefahr weiterer Tiefs immer sehr gross, wie die Vergangenheit gezeigt hat.

4. Der SMI-Index: Negativ

Der SMI-Index für die 20 wichtigsten schwei­ze­rischen Aktien liegt seit Juni 2023 im Abwärtstrend. Den jüngsten kleinen Aufschwung als Beginn einer Wende zu sehen, ist wohl utopisch. Für einen «Doppelboden» sollte man die beiden Tiefs Anfang September und Anfang Oktober nicht halten; dazu liegen sie zu nahe beieinander.

5. Der Banken-Index: Positiv

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Finanz-Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. Bisher haben wir die Kursentwicklung als «neutral» eingestuft, nachdem der Index mehrmals auf eine Widerstandslinie gestossen war, die bei etwa 162 Punkten liegt. Die aber wurde mittlerweile nach oben durchbrochen. Damit muss dieser Index wieder als im Aufwärtstrend befindlich interpretiert werden.

6. Summe der fünf Signale: 2:3 negativ

Die beiden positiven Indikatoren, der Saisoneffekt und der im Aufwärtstrend befindliche Benken-Index, sollten zwar nicht unterschätzt werden. Aber das Gesamtbild ist doch mehrheitlich negativ zu beurteilen, vor allem für Anleger, die ihr Vermögen nicht nur kurzfristig auf den Aktienmarkt legen wollen. Für die erste Jahreshälfte 2024 ist schon noch Vorsicht angebracht, jedenfalls aus heutiger Sicht. Kleinere Engagements bei guten Standardwerten können freilich noch gehalten werden.

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