Einkauf und Supply Chain bergen signifikante Wertpotenziale, die mit innovativen Finanzkonzepten erschlossen werden können. Dies ist eine zentrale Zielsetzung der Unternehmensleitung und damit Chefsache. Mit dem Konzept der Finanzorientierung kann die Brücke geschlagen werden zwischen Einkauf /Supply Chain Management, Topmanagement und Aktionären. Unter dem Strich geht es um die Erreichung von Wettbewerbsvorteilen durch Best-in-Class Supply Chains und um die Profitabilität des Unternehmens. Heutzutage stehen nicht mehr Coca-Cola und Pepsi im Wettbewerb, sondern die Wertschöpfungskette von Coca-Cola steht im Wettbewerb zur Wertschöpfungskette von Pepsi.
Potenzial aktivieren
In den letzten beiden Jahrzehnten wurden vorwiegend Waren- und Informationsflüsse optimiert, die Verankerung der finanziellen Zielsetzungen entlang der Supply Chain steckt noch in den Kinderschuhen. Erst so dramatische Ereignisse wie das Erdbeben in Fukushima, die Schuldenkrise in Europa, die starken Schwankungen der Rohstoffkosten oder die Finanzkrise rüttelten das Topmanagement, die Einkäufer und Supply Chain Manager auf. Es galt, die Robustheit der Wertschöpfungsketten sicherzustellen und die negativen finanziellen Folgen für die Unternehmen zu begrenzen. Finanzen in Einkauf und Supply Chain wurden zur Chefsache.
Das Potenzial von Einkauf und Supply Chain Management ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Der Einkauf bestimmt durch die Lagerbestände an Rohmaterialien und die Lieferantenverbindlichkeiten entscheidend das investierte Kapital des Unternehmens und damit den Return on Investment (ROI). Durch diesen hohen Einfluss auf den Unternehmenserfolg stehen für Verantwortliche im Einkauf vermehrt Finanzziele auf der Agenda, wie zum Beispiel Erhöhung des Unternehmenswertes, Verbesserung des Gewinns, Verringerung des Working
Capital, Sicherung der Liquidität.
Aktuelle Wirtschaftsthemen wie Währungsschwankungen, Rohstoffpreisentwicklungen oder auch Naturkatastrophen
verstärken zudem die Bedeutung der Risikoorientierung für Einkauf und Supply Management. In den Unternehmen verlangt dies strategisch und operativ eine deutlich engere Verknüpfung der Funktionen Finanzen und Controlling mit dem Einkauf.
Anzustreben wäre eine ideale Übereinstimmung zwischen der Wettbewerbs- und der Supply-Chain-Strategie. Diese Strategie muss sich jedoch in der Praxis auch finanziell auszahlen. Studien belegen, dass Unternehmen, die Einkauf und Supply Chain Management strategisch ausgerichtet haben, eine doppelt so hohe Rentabilität und eine bis zu 19 Prozent höhere Steigerung der Marktkapitalisierung im Vergleich zu ihren Hauptwettbewerbern besitzen. Einkauf und Supply Chain Management bestimmen auch massgeblich die Wettbewerbsgrössen im sogenannten «modernen Siebenkampf» bezüglich Kosten, Liquidität, Zeiten, Qualität, Innovation, Risiken und Nachhaltigkeit. Sie sichern somit auch langfristig die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens.
Die strategische Bedeutung von Einkauf und Supply Chain Management ist in den letzten Jahren von vielen Unternehmensleitungen erkannt worden. Eine Position in den obersten Führungsgremien der Unternehmen findet sich dennoch eher selten. Siemens und Hilti sind hingegen positive Beispiele, wo Einkauf und Supply Chain Management als anerkannte Partner der Unternehmensführung agieren. Kleinere KMU meistern das oftmals pragmatisch, da hier kaum Hierarchiestufen dazwischenliegen und der Informationsaustausch höher ist.