Die AHV ist nicht zuletzt wegen der sich verschlechternden Demografie Sanierungsfall und Reformbaustelle zugleich. Die zweite Säule kann unter Vorgabe zu hoher Umwandlungssätze ihre Rentenversprechen langfristig nicht einhalten. Der Kapitalmarkt als «dritter Beitragszahler» liefert im Niedrigzinsumfeld schon seit mehreren Jahren nicht mehr die erforderlichen Beiträge, da die (zu) hohe Allokation in Obligationen keine attraktive Rendite abwirft. Ein düsteres Bild für die Schweizer Vorsorgesysteme, das sich nicht so schnell ändern dürfte. Das private Sparen in der dritten Säule wird deshalb immer wichtiger, um Vorsorgelücken im Alter zu schliessen.
Vorsorgelücken schliessen
Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen: Anleger mit einem langen Anlagehorizont sollten einen möglichst grossen Anteil ihres Vermögens in Aktien investieren, denn in der langen Frist schlagen Aktien alle anderen Anlageklassen. Die Schlussfolgerung liegt also nahe, dass die Portfolios sowohl von Pensionskas-sen als auch von fürs Alter sparenden Privatpersonen eine möglichst hohe Aktienquote aufweisen sollten. Die Realität zeigt aber etwas anderes: Gemäss Swisscanto-PK-Studie 2020 halten Schweizer Pensionskassen nur gerade ein Drittel ihres Vermögens in Aktien – vom Regulator erlaubt wäre gemäss BVV2 ein Aktienanteil von 50 Prozent.
In privaten Portfolios ist die Gewichtung von Aktien heute zwar so hoch wie selten, aber auch dort gibt es noch viel Spielraum nach oben. Die Aktienquoten in ausgewogenen Anlagestrategien der Schweizer Banken liegen im Durchschnitt zwischen 45 und 50 Prozent, wie beispielsweise dem Anlagepanorama der NZZ zu entnehmen ist.
Doch während Vorsorgeeinrichtungen teilweise die Hände gebunden sind – sie dürfen wegen ihrer jährlichen Rechenschaftspflicht keine zu hohen Schwankungen in Performance und Deckungsgrad aufweisen –, sollten langfristig orientierte Privatanleger nicht vor hohen Aktienquoten zurückschrecken. Dies gilt vor allem auch für Gelder, die in der Säule 3a unter Umständen noch für viele Jahre oder Jahrzehnte gebunden sind und somit allfällige Kursschwankungen problemlos absorbieren können. Im anhaltenden Niedrigstzinsumfeld mit den einhergehenden ungenügenden Obligationenrenditen hat dies in der letzten Dekade eine ganz neue Wichtigkeit erhalten.
Um die finanziellen Bedürfnisse im Alter decken zu können und eine langfristig möglichst hohe Performance zu erzielen, sollten private Investoren ihren Aktienanteil also auf gegen 100 Prozent erhöhen – wenn die Mittelverwendung zumindest zehn Jahre in der Zukunft liegt. Dabei sind jedoch drei Themen zu berücksichtigen: die verschiedenen Bedürfnisse der Anleger in verschiedenen Lebensabschnitten, die Portfoliodiversifikation und die Eigenverantwortung in Sachen Altersvorsorge.
Risikofähigkeit genau abklären
Die Bedürfnisse und somit die Risikofähigkeit einer Person ändern sich im Zeitablauf. Während das Ziel vieler junger Anleger oft ein möglichst hoher und dynamischer Kapitalaufbau ist, dürften ältere Personen, die kurz vor der Pensionierung stehen oder bereits im Ruhestand sind, den Fokus auf Kapitalerhalt und regelmässige Cashflows legen. Doch aufgepasst: Auch frisch Pensionierte tun gut daran, auf Aktien zu setzen, denn die durchschnittliche Lebenserwartung bei Pensionierung beträgt in der Schweiz für Frauen 23 und für Männer 20 Jahre. Und Cashflows können auch mit dividendenträchtigen Blue Chips generiert werden, die vielfach eine deutlich höhere Rendite abwerfen als Obligationen in Anlagequalität.
Jede Anlagestrategie sollte sowohl auf Portfolioebene als auch innerhalb der einzelnen Anlageklassen eine sinnvolle Diversifikation aufweisen – in Bezug auf Korrelation und erwartete Volatilität der Titel. Das Aktienportfoliorisiko kann beispielsweise durch Investitionen in verschiedene Sektoren, Branchen, Länder oder Style-Faktoren gesenkt werden. Eine solche Diversifikation kann von Investoren jedoch nur in (sehr) grossen Portfolios über Direktanlagen in Einzeltitel selbst umgesetzt und bewirtschaftet werden. Deshalb eignet sich für «normale» Privatinvestoren und Sparer die Anlage in diversifizierte Aktienfonds.
Es gibt am Markt tausende verschiedene Aktienfonds, und Anleger finden für jeden Geschmack, jede Vorliebe und jedes Risikoprofil ein passendes Anlagevehikel. Sie können den Schwerpunkt auf Sektoren, Branchen oder Regionen legen, grosse Indizes einfach replizieren, oder auf bestimmte Themen setzen. Thematische Fonds investieren typischerweise in die ganze Wertschöpfungskette entlang eines Themas; zum Beispiel im Bereich digitale Wirtschaft oder Cleantech. Ein weiterer, rasch wachsender Schwerpunkt ist auch das Thema Nachhaltigkeit.