In einem kürzlich ergangenen Bundesgerichtsentscheid (BGer 9C_409/2019 vom 5. Mai 2020) konnte das Bundesgericht zur Frage Stellung nehmen, ob – und wenn ja, wie – das Personal beim Wechsel der beruflichen Vorsorgeeinrichtung mitzuwirken habe.
Wechsel unwirksam
Im konkreten Fall erachtete das Bundesgericht weder die Information der Arbeitnehmer über den Wechsel der Vorsorgeeinrichtung als rechtzeitig erfolgt noch konnten die Mitarbeiter die ihnen zustehenden Mitbestimmungsrechte rechtsgenüglich ausüben.
Das Bundesgericht stellte klar, dass vorgängig zum Wechsel der Pensionskasse die Einwilligung des Personals einzuholen sei, eine blosse Information und Anhörung genüge nicht.
Werden diese Mitbestimmungsrechte verletzt, kann der Wechsel aufgrund einer unwirksamen Kündigung nicht stattfinden und der Arbeitgeber setzt sich dem Risiko aus, bei einem eintretenden Vorsorgefall dem Arbeitnehmer ersatzpflichtig zu werden.
Das Mitbestimmungsrecht
Der erstmalige oder die Auflösung eines bestehenden Anschlusses und der Wiederanschluss an eine neue Vorsorgeeinrichtung durch den Arbeitgeber haben mit dem Einverständnis des Personals oder der Arbeitnehmervertretung zu erfolgen (Art. 11 Abs. 2 und 3bis BVG). Kommt keine Einigung zustande, entscheidet ein gemeinsam bestimmter oder ein von der Aufsichtsbehörde bezeichneter neutraler Schiedsrichter (Art. 11 Abs. 3ter BVG).
Gestützt auf den Wortlaut des Gesetzes hat das Bundesgericht festgestellt, dass mit dem Begriff «Einverständnis» dem Personal eine aktive Rolle zukomme und die Einwilligung zum Wechsel im Voraus vorzuliegen habe. Das Einverständnis lediglich des paritätisch besetzten Organs genügt nicht, da diesfalls dem Personal nur ein indirektes und eingeschränktes Mitwirken ermöglicht würde.
Dies vor allem deshalb, weil das paritätisch besetzte Organ je zur Hälfte aus Vertretern des Arbeitgebers und des Personals besteht und daher der Arbeitgeber sich im Ergebnis selbst konsultieren würde.
Der direkte Einbezug des Personals verfolgt gemäss damaliger Diskussion in der Kommission insbesondere den Schutzzweck, dass nicht «von oben herab» (E. 4.3.2.1 des Entscheids) und einseitig durch den Arbeitgeber eine Verschlechterung der Konditionen der beruflichen Vorsorge durchgesetzt werden könne.
Fehlende Opposition
Im vorliegenden Fall fehlte gemäss Bundesgericht das Einverständnis des Personals. Zwar erachtete die Vorinstanz das Einverständnis des Personals insofern als vorhanden, da dieses während der laufenden Kündigungsfrist Kenntnis von der erfolgten Kündigung des Anschlussvertrages erhalten hatte und dagegen nicht opponierte. Die Information und fehlende Opposition lassen sich gemäss Bundesgericht aber nicht mit dem Wortlaut des Gesetzestextes in Einklang bringen und verkehren das Mitbestimmungsrecht zu einem Oppositionsrecht. Dies würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Schwächung der Rechte des Personals führen und wäre gesetzeswidrig.
Im Vorgang zu einem beabsichtigten Wechsel der Vorsorgeeinrichtung ist das Personal offen und transparent darüber zu informieren, welcher Vorsorgeeinrichtung man sich zu welchen Konditionen anzuschliessen wünsche.
Die Herausforderung dieser Information besteht darin, die allenfalls sehr unterschiedlichen Vorsorgelösungen vergleichbar darstellen und verständlich erklären zu können.
Das Quorum
So weit ersichtlich ist die Frage nicht abschliessend beantwortet, mit welchem Quorum das Personal den Beschluss über das Einverständnis im vorgenannten Sinne zu fassen hat. Aus dem Entscheid des Bundesgerichts lässt sich direkt keine Schlussfolgerung ziehen, welches Quorum einzuhalten wäre. Lediglich erwähnt das Bundesgericht, dass es sich bei der Zustimmung um einen Akt kollektiver Grösse und nicht um eine Kumulation individueller Rechte handle. Klar scheint und es ist zu vermuten, dass eine Einstimmigkeit als Quorum kaum gemeint sein kann.
Insbesondere vor dem Hintergrund einer Gleichbehandlung von Personal, welches eine Arbeitnehmervertretung gewählt hat. Diese Vertretung wird nicht einstimmig, sondern mit Mehrheitsbeschluss gewählt. Die höchstrichterliche Bestätigung, dass ein Mehrheitsbeschluss als Quorum jedoch richtig ist, bleibt abzuwarten.