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Was beim thematischen Investieren zu beachten ist

Anlagethemen sind langfristige Trends, die mit hohen Innovationsraten und einem hohen Disruptionspotenzial verbunden sind. Beispiele für Anlagethemen sind Elektroautos, Cybersicherheit, künstliche Intelligenz, saubere Energie etc. Die Popularität des thematischen Investierens hat in letzter Zeit einen starken Anstieg erlebt – vor allem bei Kleinanlegern.
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Da hohe Innovationsraten mit starken Anlagerenditen verbunden sind, haben Anlagethemen die Aufmerksamkeit vieler Investoren auf sich gezogen. Diese kaufen Aktien der Unternehmen, von denen erwartet wird, dass sie von diesen Trends profitieren werden. Ein grosser Vorteil, den solche Investoren heutzutage geniessen, ist, dass sie nicht alle Aktien einzeln auswählen und kaufen müssen. 


Starker Anstieg

Stattdessen können sie in die Aktien investieren, die einem bestimmten Thema ausgesetzt sind, indem sie ein Instrument kaufen, das diese Aktien bereits enthält. Solche Instrumente reichen von Tracker-Zertifikaten – strukturierte Produkte, die typischerweise von Schweizer Banken angeboten werden – bis hin zu passiv und aktiv verwalteten börsengehandelten Fonds (ETFs).

Die Popularität des thematischen Investierens hat in letzter Zeit einen starken Anstieg erlebt. Laut dem Finanzdienstleister MSCI wuchs das Vermögen thematischer ETFs zwischen 2015 und 2020 mit einer annualisierten Rate von 20 Prozent. Die Agentur schätzt die Grösse des Marktes für thematische Fonds auf fast 500 Milliarden US-Dollar. Und das Wachstum zeigt keine Anzeichen einer Ermüdung. In den letzten drei Jahren wurden etwa 150 thematische Fonds aufgelegt.

Im ersten Quartal dieses Jahres wurde ein Rekordwert von 42,6 Milliarden US-Dollar in thematische ETFs investiert (ETFGI Research), verglichen mit 13 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal des letzten Jahres. Der Januar 2021 war mit fast 25 Milliarden US-Dollar Zuflüssen in thematische ETFs der bisherige Rekordmonat.

Das Unternehmen an der Spitze des thematischen Investierens ist ARK Invest. Dieser 2014 von Catherine Wood in New York gegründete Vermögensverwalter betreibt die weltweit beliebtesten thematischen Investments, hauptsächlich in Form von aktiv verwalteten ETFs. Sein Flaggschiff ARK Innovation ETF hat bereits in diesem Jahr über 6,8 Milliarden US-Dollar angezogen und ist auf ein Volumen von 21 Milliarden US-Dollar gewachsen (Stand: 2. Juni).

Die Anlageperformance war nicht der letzte Faktor für den Erfolg des Fonds: ARK Innovation erzielte im Jahr 2020 eine Performance von 152 Prozent und steigerte damit die durchschnittliche Performance der letzten fünf Jahre auf 
46 Prozent pro Jahr.

Hoher Identifikationsgrad

Das Geheimnis hinter der Beliebtheit des thematischen Investierens ist schnell erklärt: Anlagethemen bilden überzeugende und unkomplizierte Geschichten. Die Menschen können sich leicht mit dem disruptiven Potenzial neuer Technologien wie Robotik, Fintech oder Genomik identifizieren. 

Und die überlegene Anlageperformance hat die Attraktivität dieser Investments nur noch erhöht. Laut einer Morningstar-Studie über US-basierte Anlagen haben thematische Fonds in den letzten ein, drei oder fünf Jahren im Allgemeinen den breiteren Markt geschlagen, über den Zehn-Jahres-Horizont jedoch eine leicht unterdurchschnittliche Performance erzielt.

Angesichts der wichtigen Rolle einer spannenden Geschichte bei den Anlage­themen ist es nicht überraschend, dass Kleinanleger im Vergleich zu ihren institutionellen Pendants überproportional an thematischen Anlagen interessiert sind.

Risiken

Dieser Trend ist besonders interessant, da institutionelle Anleger fundiertere Entscheidungen treffen sollen, indem sie die potenziellen Erträge gegen die Risiken abwägen. Was sind also die Risiken von thematischen Investments? Erstens gibt es das Risiko der Preisvolatilität: Das zeigt die Kurskurve des ARK Innovation ETF oben. Thematische Anlagen haben nicht nur hohe Renditen, sondern auch hohe Kursschwankungen gezeigt. 

Tatsächlich haben Wissenschaftler beim Vergleich der Anlagerenditen mit dem Risiko der Preisvolatilität herausgefunden, dass thematische ETFs auf einer risikobereinigten Basis den breiteren Ak­tienmarkt um vier Prozent pro Jahr für mindestens fünf Jahre nach ihrer Einführung unterboten haben. 

Eine Studie von Morningstar kam zu ähnlichen Ergebnissen, indem sie die Sharpe Ratios (Rendite pro Risikoeinheit) von thematischen und marktbreiten Fonds verglich. Die risikoadjustierten Renditen thematischer Fonds lagen in den letzten drei Jahren im Einklang mit dem Markt, in den letzten fünf Jahren etwas niedriger und über den Zeitraum von zehn Jahren fast doppelt so niedrig.

Timing und Hype 

Wie kommt es zu dieser Entwicklung?  Eine Erklärung ist, dass thematische Anlagen wenig Diversifikation bieten. Thematische Fonds sind hoch konzentriert und halten im Durchschnitt fast 50 Prozent ihres Vermögens in den Top-10-Positionen (im Vergleich zu 10 bis 15 Prozent des Vermögens in einem markt­breiten Fonds). Diese Top-Aktien neigen dazu, stark miteinander korreliert zu sein, was die Vorteile der Diversifizierung noch weiter verringert. Ausserdem handelt es sich dabei in der Regel um kleinere und risikoreichere Unternehmen, die einer höheren Unsicherheit und damit Kursvolatilität ausgesetzt sind. 

Thematische Anlagen sind auch teurer. Ein typischer thematischer ETF kostet etwa das Vierfache eines marktbreiten ETFs, was sich über einen längeren Zeitraum auf die Nettoperformance auswirkt.  

Auch Timing und Hype spielen eine wichtige Rolle. Anlagethemen sind typischerweise trendige Ideen, die bei vielen Anlegern im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Wenn ein Anlagevehikel zu einem solchen Thema aufgelegt wird, erfreuen sich die zugrundeliegenden Aktien bereits einer grossen Anlegernachfrage und ihre Preise sind hoch. Daher neigen An­leger oft dazu, auf Anlagethemen zu setzen, wenn deren Preise ihren Höhepunkt erreichen, und sie zu verkaufen, wenn die anschliessende Volatilitätswelle die Preise nach unten treibt.

Das Überleben der thematischen Fonds ist ein weiteres Problem. So wie der Hype und die Beliebtheit der Themen nachlassen können, so können auch die zugrundeliegenden Fonds abnehmen. Von allen thematischen Fonds, die in den letzten 30 Jahren in den USA aufgelegt wurden, sind zum Beispiel etwa 30 Prozent geschlossen worden.

Sollte man also thematische Anlagen vermeiden? Die kurze Antwort lautet: Nein. Vorausgesetzt, dass themenbezogene Anlagen Teil eines gut diversifizierten Portfolios sind, können sie Anlegern ein nützliches Engagement in langfris­tigen, wirtschaftlich tragfähigen Trends bieten. Bestimmte Überlegungen müssen jedoch beachtet werden.

Tipps für thematische Anlagen

Vertrauen in das Thema haben
Man sollte Trends wählen, an die man wirklich glaubt und mit denen man sich identifizieren kann. Am besten ist es, in gewisser Weise persönlich in das Thema involviert zu sein, das nach Recherchen nicht nur kurzfristig, sondern im nächsten Jahrzehnt ein überdurchschnittliches Wachstum aufweisen wird. 

Bereit sein für langfristige Investitionen
Die Preise von thematischen Anlagen sind volatil, also sollte sichergestellt werden, dass man bereit ist, während Marktstürmen an der Anlage festzuhalten. Der Markt sollte auch nicht getimt werden, dies ist sehr kompliziert. Eine aktuelle Analyse des Anlageverhaltens von Millennial-Kunden hat gezeigt, dass bis Mitte Februar dieses Jahres ein starkes Interesse an thematischen Anlagen bestand. Im Februar kam es zu grossen Kurskorrekturen, als das von den Kunden favorisierte Thema «Saubere Energie» um 25 Prozent und der Zweitfavo­rit «Batterie-Hersteller» um 10 Prozent nach­­gab. Infolgedessen wechselten die Anleger schnell zum breiteren Aktienmarkt und wählten den relativ widerstandsfähigen Swiss Price Index (SPI) als ihren Favoriten.

Was passiert ist, ist, dass viele Investoren in die gehypten Themen auf ihrem lokalen Höhepunkt eingestiegen sind, und einige von ihnen haben diese Investitionen später mit einem Verlust verkauft, weil sie die (nicht ungewöhnliche) Preisvolatilität mit einem langfristigen Preisrückgang verwechselt haben.

Die Grösse spielt eine Rolle
Grössere Anlagevehikel haben höhere Überlebenschancen. Als Faustregel gilt, Anlageinstrumente zu wählen, die ein verwaltetes Vermögen von mindestens 50 Millionen Franken aufweisen. Grös­sere Instrumente sind möglicherweise auch stärker diversifiziert: Man sollte nicht vergessen, die Anzahl der zugrundeliegenden Aktien und den Anteil des in die Top-5-Positionen investierten Vermögens zu überprüfen.

Auch die Kosten spielen eine Rolle
Insbesondere auf lange Sicht spielen Kosten eine Rolle, daher sollte versucht werden, Instrumente mit niedrigeren Kosten auszuwählen. Die meisten thematischen Anlagen auf dem Schweizer Markt werden durch Tracker-Zertifikate oder ETFs repräsentiert. Die Zertifikate werden meist von Banken aufgelegt und beworben (typische Beispiele: «Themes Trading» von Swissquote oder «Mega­trends» von Vontobel). 

Da sie in der Regel von einem Spezialistenteam aktiv verwaltet werden, haben solche Zertifikate Management- und Verwaltungskosten von 1 bis 1,25 Prozent per annum. ETFs können entweder aktiv oder passiv verwaltet werden. Die aktiven, bei denen die Anlageentscheidungen vom Fondsmanager getroffen werden, haben typischerweise höhere Gesamt­kostenquoten (Total Expense Ratio, TER), die zwischen 0,5 und 0,9 Prozent per annum liegen. Passive ETFs, die einen Marktindex abbilden, haben dagegen eine durchschnittliche TER von 0,2 Prozent per annum.

Aktiv versus passiv
Es gibt keine zwingenden Gründe, teure aktiv verwaltete Produkte ihren kosteneffizienten passiven Pendants vorzu­ziehen. Es gibt keine Belege dafür, dass aktive Anlagen durchgängig eine bessere Anlageperformance liefern, während ihre Gebühren als Tatsache durchgängig höher sind. Die meisten aktiven thematischen Anlagen sind erst vor Kurzem aufgelegt worden und haben eine relativ kurze Erfolgsbilanz. Das Über- oder Untertreffen einer Benchmark oder einer Peer Group in einem Zeithorizont von ein bis zwei Jahren reicht nicht aus, um statistisch fundierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Darüber hinaus hat die Untersuchung allgemeiner (nicht thematischer) Marktinvestitionen gezeigt, dass die Investition in Marktindizes tendenziell durchweg bessere Anlagerenditen liefert. 

Laut S&P Dow Jones Indices haben in den letzten zehn Jahren nur 3 Prozent der aktiven Fondsmanager, die in grosse US-Aktien investieren, ihre Index-Benchmarks übertroffen. Das bedeutet, dass 97 Pro­-zent der Experten in der Aktienauswahl schlechtere Anlagerenditen im Vergleich zu Marktindizes wie dem S&P 500 oder Nasdaq geliefert haben. Die Ergebnisse für Aktien mittlerer und kleiner Unternehmen waren nur geringfügig besser. 

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