Finanzen & Vorsorge

Finanzierungsformen

Wann welche Finanzierungsform sinnvoll ist

Nicht zuletzt dank der Digitalisierung gibt es immer mehr Varianten der Fremdfinanzierung. Dazu gehört auch eine wachsende Zahl an hybriden Modellen, welche die Vorzüge verschiedener Finanzierungsformen kombinieren. In jedem Fall gilt: Die Wahl der passenden KMU-Finanzierung sollte sorgfältig und vorausschauend getroffen werden.
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Grundsätzlich wird heute noch klassisch zwischen Innenfinanzierung und Aussenfinanzierung unterschieden. Was von innen an Kapitalien kommt, besteht mehrheitlich aus Gewinnrückbehalten oder einer Finanzierung über Abschreibungen oder Rückstellungen.


Die Optionen

Obschon sich fast zwei Drittel der Schweizer KMU ausschliesslich über Eigenkapital finanzieren, gibt es nach wie vor viele Situationen, in denen der Kredit gegenüber der Innenfinanzierung von Vorteil ist. Im gegenwärtigen Wirtschaftsumfeld, in dem Liquidität oftmals mehr Bürde als Segen ist, wägen die KMU ihre Fremdfinanzierungen meist noch bewusster ab als früher. Wird einer Unternehmung Kapital von aussen zur Verfügung gestellt, so geschieht dies über einen Kredit (meistens via Bank), eine Beteiligung oder eine Kombination dieser beiden Formen. 

Diese Mischformen werden unter Mezzanine-Kapital subsumiert. Als spezielle Finanzierung der Unternehmung gelten zusätzlich das Leasing – die Benutzung eines Gebrauchsgutes ohne dessen Eigentum gegen Entgelt – sowie das Fac­toring – die Abtretung von Forderungen zu deren Liquidierung. So weit die klassisch-theoretische Unterteilung der Unternehmensfinanzierungen. Finanzierungen lassen sich jedoch mittlerweile auch online abwickeln, was wiederum neue Möglichkeiten eröffnet. Nicht in der grundsätzlichen Funktionalität, jedoch in deren Verfügbarkeit und Realisierbarkeit. Jede Entwicklungsstufe des Unternehmens bedarf derweil verschiedener Finanzierungsformen.


Lebenszyklus entscheidend

Einen wesentlichen Einfluss auf die Finanzierung hat naturgemäss die jeweilige Lebensphase einer Unternehmung. Ein Start-up ersucht anfangs tendenziell bei Stiftungen sowie «Business Angels» um Finanzierungsmöglichkeiten oder probiert es mit «Crowdlending» und einem entsprechenden Risikoaufschlag bei den Konditionen. Eine Bankfinanzierung auf Blankobasis ohne ein bewiesenes Geschäftsmodell ist in den wenigsten Fäl­len wahrscheinlich. Hat die Unternehmung diese erste Phase abgeschlossen und ist auf dem Weg zur Etablierung, so eröffnen sich nach und nach breitere Möglichkeiten der Finanzierung. Sowohl bei der Finanzierung von innen als auch von aus­sen. Unter Umständen sind bereits Vermögenswerte als Deckungen gegenüber Dritten – etwa Grund- oder Faustpfänder – verfügbar, welche sich bei der Strukturierung hinzuziehen lassen und neben einem tra­genden Geldfluss schlagkräftige Mach­barkeitsargumente darstellen. Bis hin zur Reifestufe des Unternehmens, wenn Investitionsvorhaben und Projektfinanzierungen zur Revitalisierung beziehungsweise weiteren Expansion des Unternehmens anstehen. 

Eine vollends etablierte Unternehmung endet nicht mit dem Ausscheiden des In­habers. Wohl aber ändert sich im Nachfolge­prozess oft die zugrunde liegende Fi­nanzierung. Werden eventuell die Vermögenswerte separiert – beispielsweise die Gewinne ausbezahlt oder Betriebs­liegenschaften in Privatliegenschaften umgewandelt – so ändert damit die Fi­nanzierungsstruktur gleichermas­sen. Die zahlreichen Ansprüche, die aus der Nachfolge erwachsen, sind frühzeitig und bisweilen unter Einbezug von Spezialisten zu entwickeln.

Sorgfältige Analyse wesentlich

Wie bereits erwähnt: Eine ganzheitliche Betrachtung der Finanzierungsformen ist für KMU von eminenter Wichtigkeit. Unabhängig davon, ob es um Neuprojekte oder Ersatzinvestitionen geht, die Finanzierung ist stets in das gesamte
Umfeld einzupassen. Die Erfahrung zeigt, dass diesem Aspekt zu wenig Beachtung geschenkt wird und unternehmensinterne Finanzierungsanalysen oftmals losgelöst von Umweltfaktoren erfolgen. Beispielsweise ist die Risikoabsicherung bei Aufsetzung der Finanzierung bedeutend und wird doch zu oft vernachlässigt. Die nachhaltige Sicht zählt. Das heutige Finanzierungskonstrukt einer Unternehmung korrespondiert in den wenigsten Fällen mit jenem in einigen Jahren. Diese Entwicklung ist in der Ausgestaltung und konsequenterweise auch der Produktwahl bestmöglich zu antizipieren.
 

Für die Bank ist das Geschäftsmodell

bedeutsam, welches der Finanzierung letztendlich zugrunde liegt. Nicht zuletzt bedingt durch erhöhte regulatorische Anforderungen wird die quanti­tative Prüfung durch die Bank immer wichtiger. Deshalb sind gehaltvolle Dokumenta­tionen wie etwa ein professioneller Bu­sinessplan – gerade in Risikobranchen – von enormem Vorteil, um an attraktive Zinsen zu gelangen. Selbst wenn der durch die Zinssituation verstärkte Wettbewerb unter den Kreditgebern die Kon-
ditionen kundenseitig günstig be­ein­­flusst, so ist der Risikoappetit der Kre­ditgeber für ge­­wisse Geschäfte nicht immer ge­­geben. Gerade bei den Immo-bilien­kre­diten ist mittlerweile eine Zurückhaltung er­kennbar, da gewisse KMU auf den Zug aufspringen wollen und vermeintliche Schnäppchen erwerben, welche den regulatorischen Anforderungen widersprechen. Schnellschüsse im Immobilienerwerb sind ohnehin nicht empfehlenswert, diese verlangen in der Regel nach einer klaren Strategie.


Alternative Finanzierung

In den letzten Jahren haben sich vermehrt Finanzierungsformen ausgebildet, welche über die «Crowd» – sprich die virtuelle Zusammenführung von Kreditgebern und -nehmern – laufen. Diese be­wegen sich je nach Ausgestaltung auf
dem gesamten Spektrum von der Kredit- bis zur Beteiligungsfinanzierung. Beispielsweise sind beim «Crowddonating» die Beiträge faktisch als Spende zu betrachten, während beim «Crowdlending» eine klassische Kreditierung in digitaler Form erfolgt. Dies spielt sich für KMU – verglichen mit dem Bankkredit – tendenziell in tieferen Volumina und mit einem höheren Zins, bedingt durch die konvexe Risikoprämie, ab. Die bereits angesprochene Form einer Mezzanine-Finanzierung, die Mischung der Kredit- mit der Beteiligungsfinanzierung, erfreut sich steigender Beliebtheit und kann die jeweiligen Vorteile vereinen. Die Strukturierung ist variabel und individuell auf das zugrunde liegende Anliegen adaptierbar, indem sich der Kreditgeber bis zu einer gewissen Belehnungshöhe involviert und das Mischkapital die Lücke bis zum Eigenkapital schliesst. Finanzierungen über «Private Debt» als weitere alternative Form kommen aus dem angelsächsischen Raum und etablieren sich derzeit mit etwas Verzögerung auch in der Schweiz. Gemeint sind damit nicht öffentlich gehandelte Schulden, welche Fonds, Pensionskassen, Versicherer oder «Family Offices» vergeben. Generell empfiehlt sich für kleine und mittlere Unternehmen, vor der Wahl der Finanzierungsform eine umfangreiche Ana­lyse vorzunehmen. Fällt die Wahl auf eine Bankfinanzierung, zahlt sich die transparente und ausführliche Kommunikation aus.

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