Finanzen & Vorsorge

Berufliche Vorsorge

Vorteilhafte Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer

Es lohnt sich gleich in mehrfacher Hinsicht, ältere Arbeitnehmer über das ordentliche Rentenalter hinaus zu beschäftigen. Vor allem in Zeiten des sich zuspitzenden Fachkräftemangels. Der Beitrag beschreibt die Vorteile sowohl für Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber.
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Der bereits heute spürbare Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen. Die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer erreichen bald das Rentenalter und werden mehrheitlich aus dem Arbeitsprozess ausscheiden. Gemäss Schätzungen der Universität Freiburg fehlen in der Schweiz in zehn Jahren eine halbe Million Arbeitskräfte. Dieses Defizit kann weder allein durch die vermehrte Berufstätigkeit von Frauen noch durch die Zuwanderung neuer Arbeitskräfte kompensiert werden.


Möglicher AHV-Aufschub

Zusätzlich sollten auch ältere Arbeitnehmende nach dem Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters von 65 Jahren respektive 64 Jahren für Frauen weiter im Berufsleben bleiben. Heute arbeiten aber erst zwölf Prozent der Personen über das 65igste Lebensalter hinaus; hier liegt also noch ein grosses Potenzial brach. Zumal ältere Arbeitnehmer aus vielerlei Gründen höchst attraktiv für das Unternehmen sein können.

Finanziell gesehen lohnt es sich für eine Unternehmung durchaus, auch ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen. Diese können bei einer Weiterbeschäftigung über das 65igste Lebensjahr hinaus ihre AHV-Rente entweder sofort beziehen oder den Bezug maximal fünf Jahre aufschieben. Bei einem Aufschub erhöht sich der künftige Rentenanspruch, wobei der Zuschlag von der Anzahl der Monate abhängt, um die er den Rentenbezug hinausschiebt.

Bei einem Jahr Aufschub erhält der Rentner künftig 5,2 Prozent mehr AHV-Rente, bei der maximalen Dauer von fünf Jahren Aufschub erhält er 31,5 Prozent mehr AHV-Rente. Während der Jahre des Aufschubs müssen jedoch weiterhin Beiträge an die AHV entrichtet werden, allerdings gilt hier ein Freibetrag von monatlich 1400 oder jährlich 16 800 Franken, auf die keine AHV-Beiträge zu entrichten sind – weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber.


Leistungen aus 2. und 3. Säule

In der beruflichen Vorsorge präsentiert sich ein anderes Bild. Ob ältere Arbeitnehmer auch weiterhin in der Pensionskasse verbleiben oder ihr Altersguthaben als Kapital oder Rente mit 65 beziehen müssen, hängt vom Reglement der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung ab. Viele Pensionskassen lassen heutzutage eine Weiterversicherung älterer Arbeitnehmer bis zum 70igsten Lebensjahr zu, Einzahlungen in die Pensionskasse sind in diesen Jahren jedoch grundsätzlich nicht vorgesehen, dass heisst, dass sich das Altersguthaben der Versicherten trotz längerer Erwerbstätigkeit nicht erhöht.

Allerdings erhöht sich damit der Rentenumwandlungssatz und damit auch die künftige Rente aus der zweiten Säule. Zudem darf ein Arbeitnehmer dann auch über das 65igste Lebensjahr hinaus weiterhin Einzahlungen in die dritte Säule tätigen, maximal 6768 Franken pro Jahr. Sieht das Pensionskassenreglement keine Möglichkeiten des Aufschubs vor und der Arbeitnehmer muss die Rente aus der zweiten Säule ab 65 Jahren beziehen, darf er sogar bis zu 20 Prozent des Netto-Einkommens oder maximal 33 840 Franken in die dritte Säule einzahlen.

Falls der rentenberechtigte Arbeitnehmer die Rente aus der zweiten Säule beziehen muss und zusätzlich weiterhin ein Erwerbs­einkommen generiert, können sich hier steuerliche Nachteile ergeben. Denn die Summe von Lohn und Renteneinkommen kann zu einer höheren Steuerprogression führen und auch die Steuerrechnung für das Eigenheim erhöhen.

Aus Unternehmenssicht ist eine Weiterbeschäftigung aufgrund des AHV-Freibetrags und des Wegfalls der Beiträge an die Pensionskasse und Arbeitslosenversicherung (ALV) sowie des Wegfalls der Verpflichtung zur Leistung von Taggeldern im Krankheitsfall des Arbeitnehmers durchaus attraktiv. Die Lohnnebenkosten sind deutlich tiefer als für Arbeitnehmer unter 65 Jahren. Hingegen sind die monetären Anreize für die arbeitenden Rentner deutlich geringer, aufgrund der steuerlichen Belastung und der Beitragspflicht zur AHV.

Know-how und Berufserfahrung

Daher bleibt es in erster Linie Aufgabe der Unternehmen, dafür zu sorgen, dass ältere Arbeitnehmer möglichst lange im Unternehmen verbleiben. Die Vorteile für das Unternehmen liegen dabei nicht nur in den geringeren Lohnnebenkosten, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Denn ältere Arbeitnehmer sind weitaus erfahrener und wenn sie aus dem Betrieb ausscheiden, nehmen sie auch ihr Know-how und ihre Berufserfahrung mit. Besser wäre es, sie würden dieses an die nachfolgenden Generationen im Betrieb weitergeben, bevor sie sich aufs Altenteil zurückziehen.

Unternehmen, die gerne und viele ältere Arbeitnehmer beschäftigen, haben zudem die Erfahrung gemacht, dass die Fluktuation bei älteren Arbeitnehmern tendenziell gleich null ist. Ein Mitarbeiter der seinen 50igsten Geburtstag schon gefeiert hat, wird kaum noch den Arbeitgeber wechseln, erst recht nicht, je mehr er sich dem Pensionierungsalter nähert. Die höhere Loyalität älterer Arbeitnehmer zeigt sich aber nicht nur in der geringen Fluktuation, meist sind Mitarbeitende, die seit Jahrzehnten im Betrieb arbeiten, mehr als nur Mitarbeiter, sondern es sind schon fast Ambassadore, die den Ruf und die Kultur eines Unternehmens nach aussen und innen verkörpern.

Und last but not least gibt es viele Unternehmen, deren Kundschaft ebenfalls im reiferen Alter ist und die sich von erfahrenen Mitarbeitern besser und auf Augenhöhe beraten fühlen als von einer deutlich jüngeren Person.

All dies sind gute Gründe, um ältere Arbeitnehmer möglichst lange im Betrieb zu halten. Da sich die monetären Anreize für den arbeitenden Rentner wie oben beschrieben jedoch in Grenzen halten, gilt es, im Betrieb Arbeitsmodelle zu schaffen, die die Weiterbeschäftigung von Rentnern attraktiver machen und sie animieren, auch nach dem 65igsten Geburtstag noch jeden Tag – oder zumindest ein paar Tage die Woche – zur Arbeit zu kommen. Grössere Konzerne wie die Post, Roche oder die SBB haben ausgefeilte Lebensarbeitszeitmodelle oder eigene Altersteilzeitmodelle, die sich aber für kleine und mittelgrosse Unternehmen nur schwer adaptieren lassen. Aus diesem Grund muss hier jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden.


Altersmanagement

Der erste Schritt zu einem langfristig angelegten Betrieblichem Altersmana­gement (BAM) ist eine Erhebung der Altersstruktur des Betriebs und eine bewusst gestaltete Generationenpolitik bei der Personalplanung und -rekrutierung. Dann sollte der Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden durch Mentoring- oder Coaching-Programme sichergestellt werden. Darüber hinaus sollte das Thema Weiterbildung auch für ältere Arbeitnehmer offen gestaltet werden. Und zu guter Letzt sollte ein Betriebliches Gesundheitsmanagement für ein gutes und kooperatives Betriebsklima und das Wohlbefinden der Belegschaft sorgen.

Den Rest muss die Unternehmensführung individuell in persönlichen Gesprächen mit den Mitarbeitenden evaluieren. Spätestens bei Erreichen des 58igsten Lebensjahres eines Mitarbeiters sollte dessen berufliche Zukunft besprochen werden. Ein Schlagwort, welches in diesem Zusammenhang immer häufiger fällt, ist die sogenannte «Bogenkarriere». Damit ist die Abgabe von Führungsverantwortung im Alter gemeint. Der Mitarbeiter bleibt zu einem reduzierten Pensum im Betrieb und in der fachlichen Verantwortung für seinen Bereich, aber dieser legt die personelle Verantwortung in andere Hände. Damit ist beiden Seiten gedient, sowohl dem Arbeitnehmer, welcher weiter arbeiten möchte als auch dem Arbeitgeber, welcher das Fachwissen des älteren Mitarbeitenden halten und gleichzeitig die nachrückenden jüngeren Mitarbeitenden stärker in die Verantwortung nehmen möchte.

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