Finanzen & Vorsorge

Nachfolgeregelung (Teil 4 von 4)

Vorsorge kann man nicht nachholen

Ob Einzelunternehmer, GmbH oder AG: Wer unternehmerisch tätig ist, lebt mit dem Risiko, dass sein Unternehmen bei der Pensionierung mangels Käufer liquidiert werden muss. Unternehmer tun gut daran, frühzeitig zu planen und die Vorsorgelösung für die Mitarbeitenden regelmässig zu überprüfen.
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Bei 30 Prozent der Kleinst- und Kleinunternehmen gibt es keine Unternehmensnachfolge, denn Wissen und Kundenbeziehungen lassen sich nicht so einfach auf eine andere Person übertragen. So zum Beispiel bei einem familiengeführten Reiseunternehmen oder einem Einperso­­­nen-Treuhandunternehmen, wo das Eigentum zum grössten Teil aus immateriellen Werten besteht.

Gerade zu Beginn der Geschäftstätigkeit wollen die Unternehmer ihre Kosten tief halten und sichern sich nur minimal ab. Sie investieren tendenziell ihr gespartes Geld ins Unternehmen. Wächst und gedeiht das Unternehmen, wird häufig vergessen, die Strukturen – wie die Vorsorgelösung – anzupassen.

Steuern optimieren

Ist dann der Zeitpunkt gekommen, wo der Unternehmer keinen Käufer finden kann, bleibt nur noch eines: die Auflösung der eigenen Geschäftstätigkeit. Das bedeutet, dass die Aktivität eingestellt und das Unternehmen einer «geordneten Geschäftsaufgabe» überführt wird. Dem Unternehmer droht, dass er sein ganzes investiertes Geld verliert. Damit das nicht geschieht, gilt es, frühzeitig vorzusorgen und liquide Mittel ins Privatvermögen zu überführen. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, die Pensionskassenlösung so auszugestalten, dass auch in kurzer Zeit noch eine ausreichende Vorsorge aufgebaut werden kann, da die möglichen Einkaufsbeträge hoch sind. Der Unternehmer zahlt sich dann einen höheren Lohn aus und investiert diesen im gleichen Jahr – steuerneutral – in die Pensionskasse, um diese zu stärken.

Allgemein ist die Meinung verbreitet, dass die Schweiz im Vergleich zu Europa ein Steuerparadies sei. Das stimmt für normale Einkommen. Sobald das steuerbare Einkommen aber über 150 000 Franken steigt, beträgt der Grenzsteuersatz je nach Kanton und Gemeinde bis zu 42 Prozent des 150 000 Franken übersteigenden Einkommens. Dank der Abzugsmöglichkeit der 2.-Säule-Beiträge vom steuerbaren Einkommen kann daher die Steuerbelastung massiv gesenkt werden. Beispiel: Eine Unternehmerin in der Stadt St. Gallen, verheiratet, reformiert, mit steuerbarem Einkommen von 170 000 Franken, zahlt 41 385 Franken Steuern. Kauft sie sich mit 10 000 Franken in ihre Personalvorsorge ein und senkt damit das steuerbare Einkommen auf 160 000 Franken, reduziert sich die Steuerrechnung um 3916 auf 37 469 Franken. Somit beträgt der Grenzsteuersatz in dieser Konstellation 39,16 Prozent auf der Einkommensstufe zwischen 160 000 und 170 000 Franken. Die Entwicklung des Grenzsteuersatzes im Verhältnis zum steuerbaren Einkommen unterscheidet sich allerdings von Kanton zu Kanton. Es bietet sich deshalb für jeden Unternehmer an, die individuelle Situation zu prüfen und entsprechende Steueroptimierungen anzustreben.

Den Lebensstandard sichern

Was vordergründig einfach klingt: «Als Einzelunternehmer höre doch einfach auf zu arbeiten», ist in der Realität dann eben doch nicht zu unterschätzen. Dieser Schritt braucht Beratung von Experten. Nils Ohlhorst, der bei der Vorsorge Partner KMU beim Aufbau von sinnvollen Vorsorgelösungen berät, sagt: «Viele Unternehmer verpassen es, ihre Vorsorge aufzubauen. Sie beginnen sich erst Mitte vierzig um die Vorsorge zu kümmern – viele tun dies sogar erst mit 55 oder 60 Jahren. Damit verpassen sie Chancen und Möglichkeiten: der Handlungsspielraum schränkt sich immer mehr ein und eine steuerbegünstigte Vorsorge ist nur noch beschränkt möglich.»

Mit 60 kann man die Vorsorge nicht mehr nachholen. Zu viele Jahre hat man es versäumt, ein privates Vermögen neben dem Geschäft aufzubauen, das den gewohnten Lebensstandard nach der Pension sichert. «Wer nicht schon in jungen Jahren ein Vermögen für die Zeit nach seiner Pension aufbaut, kann bei der Geschäftsaufgabe plötzlich mit leeren Händen dastehen. Man krampft ein Leben lang, investiert das Ersparte in den Betrieb und steht nach der Geschäftsaufgabe vor der Tatsache, dass man neben der AHV-Rente kein Einkommen hat.» Der klassische Unternehmer wolle laut Ohlhorst in erster Linie seinen Maschinenpark abzahlen, möglichst wenig Kredite bedienen und Reserven bilden. An die eigene Vorsorge und die seiner Mitarbeitenden denke er oft viel zu spät.

Besonders kritisch ist es bei Einzelunternehmern ohne Pensionskasse und ohne dritte Säule. Er rät diesen, sich nach Möglichkeit einer Pensionskassen-Verbandslösung anzuschliessen und die Einkaufsmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Das Gleiche gilt für die dritte Säule: Selbstständige sollen ab Beginn der Geschäftstätigkeit einen Betrag einzahlen.

Vorsorgesituation prüfen

Nils Ohlhorst rät Unternehmern, ihre berufliche Vorsorgesituation immer wieder zu überprüfen und dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden optimal versichert sind. Dies sei eine unternehmerische Verantwortung. «Grundsätzlich möchte ein Unternehmer eine kostengünstige Vor­sorgelösung, welche seine Mitarbeiter gut abdeckt und mit der er keine unnötigen Risiken eingeht», weiss Nils Ohlhorst. Gestützt auf seine Erfahrung, haben 70 Prozent der Unternehmen ein gutes Vorsorgekonzept für ihre Mitarbeiter, das heisst, diese seien mehrheitlich ausreichend versichert. «Bei den übrigen Firmen stossen wir zum Teil auf grosse Leistungslücken, vor allem bei Leistungsträgern mit einem höheren Einkommen.» Oft sei beispielsweise die Todesfallleistung ungenügend.

Dabei wäre eine Verbesserung dieser Situation vor allem für Arbeitnehmer mit Familien und kleinen Kindern ein leichtes und für das Unternehmen finanziell tragbares Unterfangen. «Ich sehe auch häufig, dass aus Unwissenheit Fehler passieren: Melden die Unternehmer beispielsweise den Bonus der Mitarbeitenden nicht, obwohl gemäss Vorsorgereglement die gesamte AHV-Lohnsumme versichert wäre, kann es später ganz schön ins Geld gehen, wenn ein Arbeitnehmer deswegen klagt», so Nils Ohlhorst.

Pensionskasse aufbauen

Die Vorsorge Partner berät KMU, wenn sie nicht nur für stabile Verhältnisse sorgen, sondern dies auch steuerlich optimal tun wollen, denn eine stabile Pensionskasse bringt beim allfälligen Verkauf des Unternehmens grosse Vorteile. Sie ermöglicht dem Unternehmer, vor dem Verkauf stille Reserven günstig in sein Privatvermögen zu überführen. Kein Käufer hat nämlich ein Interesse daran, stille Reserven in gros­sem Umfang zu kaufen. Und bei einer Liquidation des Unternehmens ist es vorteilhaft, wenn der Unternehmer für seine Mitarbeiter eine ausreichende Vorsorge aufgebaut hat, sodass bei den alten oder älteren Arbeitnehmern keine Probleme entstehen.

Ohlhorst rät Unternehmern, ihr Vorsorgekonzept so anzupassen, dass sie steuerbegünstigt ausreichend Vorsorgereserven aufbauen können. Diese Reserven erlauben es ihnen, finanziell unabhängig vom Unternehmen zu werden, ohne dass sie zwingend vom Verkaufspreis leben müssen. «Eine gute Vorsorge ist, wenn der Unternehmer seine ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel optimal einsetzt und alle Kosten betrachtet: die Risikokosten, die versteckten Risiken, die ein Unternehmen eingeht, aber auch die möglichen Risiken wie zum Beispiel eine Unterdeckung.» Zu klären sei zudem die Frage, ob ein Unternehmen seinen Vorsorgeanbieter noch wechseln kann oder in einer Lösung gefangen ist. Aus diesem Grund sind die Verwaltungskosten nur ein kleiner Teil und nicht ausschlaggebend für einen allfälligen Käufer.

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