Finanzen & Vorsorge

Krankenversicherung

Versicherungsschutz beim Auslandsaufenthalt

Wer ins Ausland zieht, wird mit neuen Herausforderungen und spannenden Erfahrungen belohnt. In Bezug auf die Krankenversicherung birgt ein solcher Umzug jedoch einige Tücken, und besonders privat Versicherte und Rentner müssen gut aufpassen. Auch der Schweizer Arbeitgeber hat einiges zu beachten.
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Nach einem mehrjährigen Auslandaufenthalt – mit ausgezeichneter Versicherungsdeckung des ausländischen Ar­beitgebers – kehrt Herr Müller in die Schweiz zurück. Die erneute Aufnahme in die Grundversicherung seiner ehemaligen Krankenkasse verläuft problemlos, doch der Abschluss der Zusatzversicherungen wird ihm wegen seines Alters und Gesundheitszustands verweigert. Schliesslich kann er nur bei einem internationalen Versicherer einen entsprechenden Versicherungsschutz zu enorm hohen Prämien abschliessen. Wie kann so einer Situation vorgebeugt werden? Was muss bei einem Umzug ins Ausland beachtet werden?

Gemäss eidgenössischem Krankenver­sicherungsgesetz (KVG) besteht das Versicherungsobligatorium nur für Personen mit Domizil in der Schweiz. Das bedeutet, dass Auslandschweizer, die gerne in der Schweiz versichert blieben – oder eben Probleme bei der Rückkehr ver­meiden wollen –, dies nicht mehr können. Denn Schweizer Krankenkassen haben die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, Produkte für Auslandschweizer anzubieten.

50 Versicherungsabkommen

Die Schweiz hat mit fast 50 Staaten So­zialversicherungsabkommen abgeschlossen. Die Abkommen mit der EU und Efta (Schweiz, Island, Norwegen, Liechtenstein) sind dabei für Schweizer besonders wichtig. Ziel dieser beiden Abkommen ist die Koordination der Sozialversicherungssysteme der beteiligten Staaten und die Versicherungsunter­stellung in einem einzigen Staat. Jeder Staat behält die Regelungskompetenz für das eigene System. 

Die Sozialversicherungsabkommen zwischen den EU- und Efta-Ländern und der Schweiz regeln auch die Krankenversicherung. Für alle anderen Länder gibt es keine einheitliche gesetzliche Grundlage für die Grundversicherung. Grundsätzlich legen die Abkommen fest, dass der­jenige Staat zuständig ist, in dem die Person arbeitstätig ist. Ein in Spanien wohnhafter und erwerbstätiger Schweizer untersteht also dem spanischen Krankenversicherungssystem. Für bestimmte Personengruppen gelten jedoch spezielle Bestimmungen. Grenzgänger zum Beispiel müssen sich in der Regel dort versichern, wo sie arbeiten; Rentner können hingegen wählen. Wer von einem Schweizer Unternehmen ins Ausland entsandt wird, ist aus KVG-Sicht immer noch Angestellter eines Schweizer Unternehmens und muss sich während mindestens zwei Jahren weiterhin bei einer Schweizer Krankenkasse versichern. Die maximal mögliche Dauer beträgt sechs Jahre. 

Im EU-Raum betragen diese Fristen ein respektive zwei Jahre. Es gibt also erst Probleme bei einem längeren Auslandaufenthalt. Dies trifft nicht nur für die Krankenkasse, sondern für die Sozialversicherungsbeiträge allgemein zu (Alter, Tod, Arbeitslosigkeit, Unfall, Krankheit und Invalidität). 

Beschäftigt ein Schweizer Arbeitgeber seine Arbeitnehmenden dauerhaft in einem anderen Land, sind sie ab diesem Zeitpunkt im Beschäftigungsland versichert. In diesem Fall ist es nötig, dass sich das Unternehmen im jeweiligen Land als Arbeitgeber anmeldet, ausser er trifft eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, dass dieser die Lohnbeiträge selbst beim zuständigen ausländischen Sozialversicherungsträger abrechnet.

Arbeitgeber in der Pflicht

In der Schweiz  ist die Krankenver­si­ch­e­rung grundsätzlich eine private An­gelegenheit. Senden Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden ins Ausland, sind sie verpflichtet, internationale Koordinationsregeln zu beachten. Sie stehen in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihre Arbeitnehmer weiterhin entsprechend ihren Bedürfnissen versichert sind, keinen doppelten Beitragsbelastungen unterliegen oder gar den Verlust von Ansprüchen in Kauf nehmen müssen. 

Arbeitgeber müssen also sicherstellen, dass die KVG-Pflicht als Bestandteil des «Entsendungspakets» erfüllt bleibt. Zu beachten ist dabei auch, dass die Grundversicherung für einen Ausland­auf­enthalt nicht ausreicht und ent­sprechende Zusatzversicherungen abgeschlossen werden müssen. Das kann im Rahmen einer Einzelversicherung oder einer gruppenweiten Versicherung des Arbeitgebers erfolgen.

Wer nicht von einem Schweizer Unternehmen entsandt wird, sondern zu einem ausländischen Arbeitgeber wechselt, kann seine Krankenkasse nicht behalten und muss sich entsprechend am neuen Wohnort versichern. Wünscht der Versicherte über die ausländische Versicherung hinausgehende Leistungen, ist eine zusätzliche private Versicherung eines Schweizer Anbieters zu empfehlen. Ein solcher Privatzusatz deckt die Behandlungskosten weltweit, ist je nach Leistungsumfang und Region jedoch mit hohen Kosten verbunden. 

Auch der Abschluss einer umfassenden Auslandsversicherung kann in Betracht gezogen werden, für die jedoch keine Aufnahmepflicht besteht; eventuelle Partnerschaften der Schweizer Krankenkasse mit Auslandversicherern sind ab­zuklären. Zu beachten ist, dass ohne Wohnsitz in der Schweiz seit 2017 keine Auslandversicherung bei einer Schweizer Krankenkasse mehr abgeschlossen werden kann.

Spezielle Ausnahmen

Besonders wichtig ist die Abklärung der Versicherungsmöglichkeiten bei halbprivat und privat versicherten Personen. Wie erwähnt, kann bei der Rückkehr in die Schweiz die Wiederaufnahme in die Privatdeckung verweigert werden. Es gibt jedoch spezielle Angebote, zum Beispiel von Groupe Mutuel oder Swica, mit denen diese Situation vermieden werden kann. Wie bei jedem Versicherungswechsel sollte beim Umzug ins Ausland mit der Kündigung der Zusatzversicherung gewartet werden, bis die Bestätigung der Aufnahme des neuen Versicherers vorliegt. Versicherte sollten auch abklären, ob sie ihre Zusatzversicherung in der Schweiz sistieren und nach der Rück­kehr zu den gleichen Bedingungen weiterführen können.

Grenzgänger – und ihre nicht erwerbstätigen Familienmitglieder – müssen sich in dem Land versichern, in dem sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Doch in bestimmten Ländern können sie das Land wählen, in dem sie sich versichern möchten. Schweizer Pensionäre, die im Ausland leben, müssen sich in der Regel in der Schweiz versichern, wenn sie nicht von ihrem Aufenthaltsland eine Rente beziehen. Auch bei diesem Punkt gibt es jedoch auch Ausnahmen: Rentner, die in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal oder auch Spanien leben, können sich und ihre nichterwerbstätigen Familienangehörigen von der Versicherungspflicht in der Schweiz befreien lassen, wenn sie sich dem Krankenversicherungssystem des Wohnlandes anschliessen. 

Ein solcher Versicherungswechsel sollte jedoch gut überlegt werden. Unter Umständen sind die Prämien zum Beispiel in Spanien deutlich tiefer, aber die Leis­tungen eben auch. Zudem kann sich der Patient nur noch im Wohnland behandeln lassen, und nicht mehr in der Schweiz. Behält er die Schweizer Versicherung, kann er hingegen wählen. Allfällige Rückführungskosten müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Ob von einem Schweizer Unternehmen entsandter oder für ein ausländisches Unternehmen tätiger Arbeitnehmer, ob Rentner oder selbständig im Ausland arbeitend – die einzelne Situation und die Bedürfnisse müssen frühzeitig abgeklärt und entsprechende Massnahmen und Lösungen aufgegleist werden. Um sich im Dschungel der verschiedenen ausländischen Gesetzgebungen zurechtzufinden, können Privatpersonen und Arbeitgeber auch die Hilfe von Experten in Anspruch nehmen.

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