Finanzen & Vorsorge

Finanz- und Vorsorgeplanung I

Unternehmensnachfolge strukturiert planen

Die Nachfolgeplanung ist für Unternehmer meistens eine einmalige Sache. Um so wichtiger ist es, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Nachfolgelösungen und allfällige Stolpersteine zu kennen sowie einen strukturierten Prozess zu befolgen.
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Rund 90 000 KMU stehen gemäss einer aktuellen Untersuchung von Dun & Bradstreet in den kommenden fünf Jahren vor der Herausforderung, eine Nachfolgelösung zu finden. Für die betroffenen Unternehmer bedeutet dies, dass sie 
sich zusätzlich zum Tagesgeschäft um ein hochkomplexes Thema kümmern müssen. Kommt hinzu, dass sie diesen Prozess meistens nur einmal im Leben durchlaufen und ihnen daher die Erfahrung fehlt.

Strukturiert vorgehen 

Wichtig zu wissen: Jeder Nachfolgeprozess ist so individuell wie das Unter­nehmen selbst. Weil die Vielfalt der möglichen Fragestellungen, die sich vor allem zu Beginn, aber auch im Laufe des Pro­zesses ergibt, verwirrend wirken kann, 
ist es zentral, dass sich die Verantwort­lichen – unter Umständen auch in Zu­sammenarbeit mit externen Spezialis­ten – genügend Zeit für die Nachfolgeplanung nehmen und den Abschnitt bis zur Unternehmensübergabe mithilfe eines strukturierten Prozesses themen- und bedarfsorientiert angehen. Dadurch können Problempunkte transparent angesprochen und Stolpersteine bestmöglich vermieden werden.
Soll das Unternehmen nicht liquidiert werden, gilt es, sich in einem ersten Schritt für eine der drei Hauptarten von Nachfolgelösungen zu entscheiden:

  • Die familieninterne Nachfolge (zum Beispiel Verkauf an die Tochter/den Sohn oder ein anderes Familienmitglied)
  • Die unternehmensinterne Nachfolge (zum Beispiel Verkauf an einen Mitarbeitenden oder bereits eingesetzten Geschäftsführer)
  • Der externe Verkauf (z. B. an eine Jungunternehmerin, einen Konkurrenten oder an einen strategischen Investor)

Die Krux mit dem Erbe

Bei der familieninternen Nachfolge, auch als FBO (Family Buy-out) bekannt, ist es matchentscheidend, der Ehe- und ­Erbrechtsthematik genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Denn in vielen Fäl­len wird der bestehende Betrieb an eines der Kinder des Unternehmers verkauft; manchmal aber auch an ein Enkelkind oder ein anderes Familienmitglied. Weil das geschäftliche mit dem familiären Umfeld vermischt wird, ist eine enge Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt sehr zu empfehlen, um späteren Streitigkeiten, wenn beispielsweise nur eines der Kinder ins Unternehmen einsteigt, ­vor­zubeugen. Die juristische Fachperson kann die bes­tehenden Ehe- und Erb­verträge prüfen und ergänzen oder bei Bedarf neue Dokumente aufsetzen und diese mit den betroffenen Familienmitgliedern besprechen und fi­nalisieren. Der Kaufpreis spielt bei der familieninternen Nachfolge eine untergeordnete Rolle, da es für den Unternehmer oft wichtiger ist, dass alle Beteiligten mit der angestrebten Lösung zufrieden sind. 

Weil auch dem Thema «Loslassen» der ­abtretenden Person Beachtung geschenkt werden muss, dauert der familieninterne Nachfolgeprozess schnell einmal zwei bis fünf Jahre. Aus diesem Grund ist es für alle Beteiligten zentral, einen detaillierten Zeitplan inklusive der Mei­lensteine aufzusetzen. Dadurch kann die schrittweise Übergabe strukturiert und schriftlich festgehalten werden.

Schlüsselfaktor Betriebsklima

Ein Management Buy-out (MBO) hat den Vorteil, dass ein oder mehrere Mit­arbeitende oder die bereits eingesetzte Geschäftsführerin, die das Unternehmen übernehmen, den Betrieb sowie die Abläufe und die Kunden bereits kennen. Gleichzeitig kann die neue Eigentümerschaft auf eine bestehende Beziehung zu den im Betrieb beschäftigten Mitarbeitenden bauen. Daher gilt den zwischenmenschlichen Faktoren bei dieser Lösung ein besonderes Augenmerk. Denn ohne ein gesundes Unternehmensklima droht diese Form der Nachfolge zu scheitern.

Die Übergangszeit ist abhängig vom Umfang der ausstehenden Aufgaben und Schritte, ist mit durchschnittlich 9 bis 24 Monaten aber deutlich weniger lang als bei der familieninternen Nachfolge. Wichtig sind auch bei dieser Lösung die saubere Strukturierung und Planung. Mithilfe einer Unternehmensbewertung ist es möglich, einen fairen Kaufpreis zu ermitteln. Um den Käufer bei der Finanzierung zu ­unterstützen, lassen einige Verkaufende mitunter ein Verkaufsdarlehen stehen, das nach Rückzahlung eines möglichen Bankdarlehens nachrangig bedient wird.

Zahlen im Fokus

Der Fokus bei einem externen Verkauf, auch bekannt als Mergers und Acquisitions (M & A), liegt auf der klaren Strukturierung des Prozesses. Durchschnittlich dauert dieser lediglich 4 bis 12 Mo­nate, da die «harten Faktoren» wie Zah­len sowie der zu zahlende Kaufpreis über­wiegen. Im Rahmen einer Due Diligence prüft der Käufer das zum Verkauf ­stehende Unternehmen im Detail. Dazu sieht er beispielsweise die wichtigsten Verträge, Steuerunterlagen und sonstige Dokumente zu bestehenden Verpflichtungen ein. Ob die Nachfolgelösung innerhalb der ­Familie oder des Unternehmens gefunden wird oder ob ein externer Käufer die Firma übernimmt: Im Laufe des Prozesses gibt es diverse Stolpersteine, die man nicht ausser Acht lassen sollte. Werden diese in die Planung mit einbezogen und transparent angesprochen, entsteht für alle beteiligten Parteien ein deutlicher Mehrwert.

Die Preisfrage 

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Preisvorstellung zwischen Käufer- und Verkäuferschaft oft auseinander geht. Während bei der familieninternen Nachfolge die Gerechtigkeit unter den ­Erben eine grosse Rolle spielt, haben die den Kaufpreis finanzierenden Ban­ken oder Investoren ein Interesse daran, dass der Kaufpreis einen marktgerechten Wert darstellt. Schliesslich muss der ­Kredit in einem angemessenen Zeitraum an den Finanzierungspartner zurück­geführt werden können. Um die Preisfrage zu klären, eignet sich eine Kaufpreisschätzung durch ein un­abhängiges Beratungsunternehmen, das einerseits Klarheit über den Marktwert und andererseits Finanzierungspartnern die notwendige Entscheidungsgrundlage über eine Kreditgewährung schafft.

Transparenz lohnt sich

Bevor sie ein Unternehmen erwerben, ­untersuchen die Käufer in der Regel sehr genau, ob dieses Klumpenrisiken aufweist. Diese finden sich typischerweise in der Kundenstruktur, können aber in Form von Verantwortungen, Know-how oder Kundenbeziehungen oft auch beim Personal sowie bei Lieferanten oder in der Produktpalette vorhanden sein. Es ist ­daher ratsam, das Unternehmen vor dem Verkauf auf solche Risiken zu prüfen und diese allenfalls zu reduzieren.

Nicht immer ist es möglich, die Klum­penrisiken oder andere latente Themen wie Gerichtsfälle, Forderungen, hängige Patente oder Steuerfragen vollständig zu eliminieren. In diesem Fall müssen diese Punkte bereits zu einem frühen Zeitpunkt transparent gemacht und gegenüber der Käuferschaft kommuniziert werden. Dadurch kann diese die Punkte in ihre Entscheidungsbildung einbinden. Sollten die Risiken erst zu einem fort­geschrittenen Zeitpunkt im Übernahmeprozess ans Licht kommen, führt das nicht selten zum Abbruch oder gar zu ­vermeidbaren Rechtsstreitigkeiten.

Die Win-win-Situation 

Ziel einer Nachfolgelösung sollte es immer sein, für alle Beteiligten einen Mehrwert zu schaffen und allen einen Nutzen zu bieten. In der Regel wird eine solche Win-win-Situation erreicht, indem sich die Verhandlungspartner respektieren und die Interessen aller ausreichend berücksichtigt werden. So kann beispielsweise ein höherer Kaufpreis erzielt werden, wenn die Verkäuferschaft bereit ist, einen Teil des Kaufpreises als Dar­lehen stehen zu lassen. Im Gegenzug kann eine Verhandlung mit Kaufinteressenten auch zu einem späten Zeitpunkt aufgrund fehlender Kompromissbereitschaft wegen Kleinigkeiten scheitern. Oft hilft es, externe Partner mit objektivem Blickwinkel beizuziehen, um Einzelfälle zu begutachten und um zwischen den Parteien zu vermitteln.

Die Übergangsphase 

Nach der Verkaufsvereinbarung sollte der anschliessenden Übergangsphase ­genügend Zeit gelassen werden. Nur so kann der Käufer die wichtigsten Kontakte übernehmen und sich ins Geschäft einarbeiten. Daher kann es auch hilfreich sein, wenn der Verkaufende noch für eine gewisse Zeit im Unternehmen ­tätig ist. Gleichzeitig muss die Verkäuferschaft den neuen Entscheidungsträgern freie Hand lassen, den kommenden Wandel herbeizuführen. Der Unternehmer wird somit nach dem Verkauf in einem letzten Schritt nochmals zum Arbeit­nehmenden und sollte sich auch emo­tional darauf vorbereiten.

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