Finanzen & Vorsorge

Steuern und Zoll

Registration in der EU als Antwort auf die Euro-Krise?

Im wirtschaftlichen Zusammenspiel mit den EU-Ländern ergeben sich immer häufiger Steuer- und Zolltücken. Neue Vorschriften können zu einer steuerlichen Registrationspflicht für Schweizer Firmen in der EU führen. Auch hier gilt es, aus der Not eine Tugend zu machen und Veränderungen zur Optimierung von Unternehmungen zu nutzen.
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Im Schatten der Debatte über den schwachen Euro und die Suche nach Optimierungen für Unternehmungen sind beinahe unbemerkt weitere Steuer- und Zolltücken für die Schweiz am EU-Horizont aufgetaucht. Einerseits führen immer neue Vorschriften (Nutzung von Firmenfahrzeugen, Internetdienstleistungen an EU-Kunden etc.) zu einer steuerlichen Registrationspflicht für Schweizer Firmen, andererseits eröffnet sich gerade durch die Registration die Möglichkeit, den EU-Markt effizienter und kostengünstiger zu bewirtschaften. Aus der Not eine Tugend zu machen war schon immer überlebenswichtig, die Frage ist nur, wie dies konkret umgesetzt werden kann.

Die Überlassung eines Geschäftsfahrzeuges durch ein Schweizer Unternehmen an einen Angestellten mit Wohnsitz in Deutschland führt ab 1. Juli 2013 zu einer obligatorischen Registrationspflicht beim Finanzamt Konstanz. Im Umfang des Privatanteiles dieser Leistung muss das Unternehmen 19 Prozent Umsatzsteuer (UST) an den deutschen Fiskus abführen. Da sich Deutschland bei dieser Anpassung auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU (Art. 4 MwStSystRL 2008/8/EU) beruft, könnten sich andere Nachbarstaaten der Schweiz auf denselben Standpunkt stellen. Es droht ein steuerrechtlicher Flächenbrand, und Österreich will die Steuerpflicht ebenfalls einführen.

Internetdienstleistungen

Die umsatzsteuerlichen Regelungen zum Ort der Dienstleistung für Anbieter von Telekommunikations- oder elektronischen Diensten an private Endverbraucher in der EU verlangen, dass die Umsatzsteuer dort fällig wird, wo der Endverbraucher ansässig ist. Dies hat zur Folge, dass die betroffenen Unternehmen in jedem EU-Mitgliedstaat, in welchem sie private Endverbraucher haben, den jeweiligen lokalen umsatzsteuerlichen Regelungen und damit zusammenhängenden Meldepflichten unterliegen.

Anbieter aus Drittländern werden dazu verpflichtet, lokale VAT in Rechnung zu stellen, wenn sie in der EU für Nichtsteuerpflichtige elektronische Dienstleistungen erbringen. Falls an registrierte Kunden (B2B) nachweislich die Leistung erbracht wird, schuldet der einführende Unternehmer im Rahmen der Umkehrung der Steuerschuld (sog. «Reverse Charge») die VAT. Sowohl EU als auch Nicht-EU-Unternehmer können ein elektronisches Portal in dem Mitgliedstaat nutzen, in dem sie für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst sind, um die zu entrichtende Mehrwertsteuer zu deklarieren. Die entsprechende Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungs­behörden (Verordnung des Rates (EU) Nr. 904 /2010) enthält die technischen Einzelheiten der Umsetzung des Konzepts für die einzige Anlaufstelle.

Konsignationslager

Die Just-in-time-Logistik und die Optimierungswünsche bei EU-Kunden verlangen zunehmend, dass der Schweizer Lieferant die Ware beim EU-Kunden zur Verfügung hält. Unbemerkt wird dadurch in vielen Ländern die obligatorische Steuerpflicht ausgelöst, währenddessen es Länder gibt, die Regeln zur Verhinderung der Steuerpflicht kennen. Wichtig ist es, vor Einführung eines solchen Lagers die länderspezifischen Bestimmungen abzuklären.

Optimierungen

Mithilfe einer EU-Identifikationsnum­-mer kann (mit Wahlrecht im Einzelfall) die Schweizer Firma ihre Güter in den meisten Fällen dem EU-Geschäftskunden innergemeinschaftlich steuerbefreit anbieten, wodurch ein vereinfachtes Zollverfahren (Verfahren 4200) zur Anwendung kommt.

Bei der Einfuhr in die EU muss keine Einfuhrumsatzsteuer (EUST) durch den Kunden abgeführt werden und auch die Rechnung muss als innergemeinschaftliche steuerbefreite Lieferung (igL) nicht versteuert werden. Innereuropäische Handelsabläufe können oftmals als Dreiecksreihengeschäft abgebildet werden und ebenfalls ohne Steuerbelastung als Triangulation verrechnet werden.

Zudem nutzen viele Schweizer Unternehmungen die Steuernummer für den Einkauf in der EU und umgehen damit die hohen Preise an Schweizer Unternehmen, da sie auf dem Markt als EU-Unternehmung auftreten und die Steuerbelastung über den Vorsteuerabzug neutralisieren können.

Registration

Die Registration ist relativ einfach. Es bedarf aber eines Registrationsgrundes, und viele Firmen vergessen dies nach geglückter Anmeldung nur allzu oft und müssen dann mit Vorsteuerabzugsverweigerung rechnen. Zudem muss sich immer in Erinnerung gerufen werden, dass man mit einer Steuernummer eines anderen Staates auftritt und deren Gesetz­gebung einzuhalten hat. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ist nicht mehr Ansprechpartner für solche Fälle. Die korrekte Implementierung der Handhabung ist dabei die Grundlage für eine erfolgreiche Anwendung.

Die Schweiz ist in diesem Bereich zur vollen Amts- und Rechtshilfe verpflichtet. Dabei sind die direkten Steuern ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 2 Abs. 4 Betrugsbekämpfungsabkommen (BBA)). Unter diesem Blickwinkel muss die Frage der Umsatzsteuerpflicht in der EU von Schweizer Unternehmen besonders beachtet werden. Nicht anders als in der Schweiz führt die Konzeption als Selbstveranlagungssteuer im Revisionsfall zu schmerzhaften Nachsteuern, Verzugszinsen und Bussen, welche, bei Steuersätzen in der EU von meistens über 20 Prozent der getätigten Umsätze, rasch gefährliche Ausmasse annehmen können.

System Elster

In Deutschland registrierte Unternehmungen profitieren von einem gut funktionierenden Abrechnungssystem, welches die elektronische Bearbeitung bei der Schweizer Unternehmung ermöglicht. Deutsche Fiskalvertreter werden weder benötigt, noch empfiehlt sich die Auslagerung der Abrechnung.

Wie jedes System, muss einfach die Handhabung geschult werden. Die Nutzen-Kosten­analyse ist dabei in den überwiegenden Fällen klar zugunsten einer Abrechnung beim eigenen Treuhänder oder einer In-Haus-Verarbeitung.

Zoll

Es ist mittlerweile keine Neuigkeit mehr, dass aufgrund eines im März 2013 ergangenen Urteils des EuGH eine Verschärfung hinsichtlich der Verwendung von Schweizer Firmenfahrzeugen durch EU-Grenzgänger eingetreten ist. Nun hat die EU-Kommission eine einheitliche Regelung mit Wirkung auf 1. Mai 2015 erlassen, welche noch eine zusätzliche Tücke enthält. Der privaten Nutzung der Fahrzeuge, durch in der EU ansässige Arbeitnehmer über den Arbeitsweg hinaus, wurde bis anhin mit einer gewissen Toleranz begegnet. Art. 561 Abs. 2 ZK-DVO wird neu jedoch wie folgt gefasst:

  • Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird bewilligt, wenn ein Beförderungsmittel von einer natür­lichen Person, die im Zollgebiet der Union wohnhaft und beim ausserhalb dieses Zollgebiets ansässigen Eigentümer, Mieter oder Mietkaufnehmer des Beförderungsmittels beschäftigt ist, gewerblich oder privat genutzt wird.
  • Die private Nutzung des Fahrzeugs ist gestattet für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort des Beschäftigten oder für die Ausführung einer im Arbeitsvertrag der betreffenden Person vorgesehenen Aufgabe.
  • Die Zollbehörden können von der Person, die das Beförderungsmittel benutzt, die Vorlage einer Kopie des Arbeitsvertrags verlangen.

Es ist nun zu befürchten, dass daraus abzuleiten ist, dass in der EU-ansässige Arbeitnehmer Schweizer Firmenfahrzeuge inskünftig nur noch für das Zurücklegen des Arbeitsweges und für geschäftliche Fahrten (z. B. Kundenbesuche durch Aussendienstmitarbeitende) auf dem Zollgebiet der EU verwenden dürfen. Es empfiehlt sich, mit Blick auf diese Änderung, Arbeitsverträge in geeigneter Weise anzupassen. Selbstverständlich muss der Vertragswortlaut in der Folge auch «gelebt» werden. Die Tendenz geht in die Richtung

  • private Nutzung ganz ausschliessen,
  • über die Car Allowance den PW durch den Mitarbeiter zu beschaffen und Kilometerentschädigungen zu leisten,
  • den PW zu verzollen.

Die Verzollung sollte vorgängig geprüft werden, damit die Erhebung der Abgaben beim Zoll gemindert werden können.

Informationen

Die Treuhand-Kammer wird diese Problematik detailliert behandeln und sowohl die korrekte Abrechnung nach deutschem Recht wie auch die zollrechtliche Optimierung in ihren diesjährigen MwSt- und Zoll-Seminaren behandeln und schulen. Mit diesem Wissen können kleine und mittelgrosse Unternehmen den Risiken von Steueraufrechnungen wirksam entgegentreten.