Finanzen & Vorsorge

Kostenrechnung

Optimiertes Kostenmanagement gegen die Frankenstärke

So unterschiedlich die Reaktionen auf die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank waren, so vielfältig sind auch die Massnahmenpakete der Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht zu verlieren. Dabei rückt vor allem ein effizientes Kostenmanagement in den Blickpunkt.
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Nach der Aufhebung der Euro-Kurs-Untergrenze durch die Schweizerische Nationalbank reagieren die Schweizer Unternehmen mit einem ganzen Bündel von Massnahmen, um ihre Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Die Unternehmen verlängern die Arbeitszeiten bei gleichen Löhnen (erwogen unter anderem von den Industriefirmen Georg Fischer, Feintool, Bühler), verhängen einen Investitions- (Lantal) oder Einstellungsstopp oder planen gar den Personalbestand zu reduzieren.

Schwachstellen aufdecken

Auch am Anfang und Ende der Wertschöpfungskette wird versucht, zu verbessern: Bei den Beschaffungs- und bei den Verkaufspreisen werden Optimierungen angestrebt. Auf der Agenda stehen Effizienzprogramme und Outsourcing ganz weit oben. Das Problem liegt bei den meisten Unternehmen bei den Einnahmen, die Lösung jedoch auf der Kostenseite. Die Kosten stehen wieder im Fokus und damit die Herausforderung nach einem schlagkräftigen Kostenmanagement. Die elementaren Aufgaben der Kostenrechnung stellen die Dokumentation, Wirtschaftlichkeitskontrolle und Entscheidungsvorbereitung dar. Allerdings lassen sich bei der klassischen Kostenrechnung in einem dynamischen Umfeld zahlreiche Schwachstellen identifizieren. Die Kostenrechnung ist in vielen Unternehmen zu undifferenziert, zu stark intern orientiert und zu wenig auf die Anforderungen ihrer Kunden ausgelegt. In gewissen Bereichen ist sie sogar sträflich vernachlässigt (Schiller et al. 2007). Eine aktuelle Studie von Deloitte («Serial acquirers – Getting your ducks in a row») kommt zum Ergebnis, dass in 53 Prozent der Transaktionen die Ausschöpfung von Synergiepotenzialen bei Firmenübernahmen nicht gemessen wird. Das verunmöglicht die flexible Anpassung der Kosten an sich rasch ändernde Rahmenbedingungen. Die Kostenrechnung muss deshalb zu einem Kostenmanagement ausgebaut werden.

Ziele und Instrumente

Im Zentrum des Kostenmanagements steht die Gesamtheit aller Steuerungsmassnahmen, die der Beeinflussung der Kostenstruktur und des Kostenverhaltens sowie der Senkung des Kostenniveaus dienen. Die Objekte des Kosten-managements sind die Ressourcen, die Prozesse und die Produkte beziehungsweise die Dienstleistungen über die gesamte Wertschöpfungskette. Das Kostenmanagement muss grundsätzlich in der Lage sein, die angestrebten Kostenveränderungen wertmässig zu erfassen, um im Anschluss daran relevante Erkenntnisse für das operative und strategische Management zur Verfügung zu stellen. Um den Kostendruck von den Unternehmen zu nehmen, verfolgt das Kostenmanagement primär nachfolgende Ziele:

  • Kostentransparenz
  • Kostensenkungen
  • Preiskalkulation
  • Prozessverbesserung
  • Outsourcing beziehungsweise Offshoring-Entscheidungen.

Mit dem Einsatz bewährter Instrumente des Kostenmanagements wird die Gestaltung von Informationssystemen zur besseren Entscheidungsunterstützung angestrebt. Wichtige Merkmale dieser Instrumente sind die Berücksichtigung der nicht finanziellen Kennzahlen, die Verknüpfung historischer und zukünftiger Massnahmen und die prozessorientierte, interorganisationale Analyse der Kosten.

Die mit dem Kostenmanagement in Verbindung gebrachten Instrumente umfassen Prozesskostenrechnung, Target Costing, Benchmarking, Balanced Scorecard, Wertanalyse, Lebenszykluskostenrechnung und die Kennzahlensysteme. Diese Instrumente werden allerdings von KMU oft nur situativ oder auch gar nicht eingesetzt (Schiller et al. 2007). Durch die zum Beispiel im Rahmen der Prozesskostenrechnung notwendige Prozessanalyse und die mit dem Target Costing verfolgten Zielsetzungen wird die Bedeutung der Instrumente zur Beeinflussung und speziell zur Senkung der Kosten herausgestellt. Zur Erfassung der Kosten der indirekten Bereiche eignen sich einerseits die Gemeinkostenwertanalyse, andererseits das Zero Base Budgeting. Die damit gewonnenen Kosteninformationen über die Produkte oder die Dienstleistungen sind die Ausgangslage für die Verbesserung der Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit.

Kostenanalyse

Für das Kostenmanagement ist es elementar, welche Aktivitäten im Unternehmen welche Kosten verursachen. Auf dieser Grundlage erfolgt die Analyse der Kostenschwerpunkte und der Kostentreiber, um wirksame Massnahmen für die wettbewerbsfähigen Kosten ergreifen zu können. Das Management der Kosten wird durch diese drei Dimensionen charakterisiert: Kostenstruktur, Kostenverlauf und Kostenniveau (vergleiche mit der Abbildung 1). Auf Basis dieser drei Dimensionen ergeben sich unterschiedliche Analyseobjekte und -perspektiven, welche die Kostensituation unternehmensintern sowie unternehmensübergreifend fundiert betrachten.

Die Kostenstruktur beschreibt die Zusammensetzung der Kosten aus unterschiedlichen Kostenarten und Kostenblöcken. Neben dem generellen Anstieg der Gemeinkostenanteile sind die Kostenstrukturen vieler Unternehmen durch einen dominanten Fixkostenblock gekennzeichnet. Während die variablen Kosten kurzfristig verändert werden können, bleiben die Fixkosten unbeeinflusst und können von den Unternehmen nicht kurzfristig abgebaut werden. Ein hoher Fixkostenanteil ist bei einem starken Schweizer Franken vor allem problematisch, wenn den Fixkosten in Franken die Einnahmen in einer Fremdwährung gegenüberstehen.

Der Fixkostenblock ist somit nicht isoliert zu analysieren, sondern immer in Relation zu den Fremdwährungen, in denen die Umsätze generiert werden. Bei divergierenden Fremdwährungskursen können auch relativ geringe Fixkostenanteile massive Probleme verursachen. Und dies auch, wenn der Fixkostenblock in der Vergangenheit optimiert beziehungsweise reduziert worden ist.

Kostenverlauf gestalten

Die Gestaltungsobjekte des Kostenverlaufs beziehen sich auf das Verhalten der Kosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung (Outputmenge). Das Management des Kostenverlaufs strebt eine hohe Outputmenge an, um den Effekt der Fixkostendegression bestmöglich zu realisieren und Leerkosten zu vermeiden. Das Ziel des Managements des Kostenniveaus ist die signifikante Reduzierung der Höhe der Kosten. Als Ansatzpunkte bieten sich dazu die Mengen- und Wertkomponenten an. Die Ansätze der Mengenkomponente sind die Verbrauchsmengen, die Vermeidung von Doppelarbeiten, die Medienbrüche, die Ausschöpfung von Automatisierungspotenzialen und die Potenziale zur Spezialisierung oder Reduzierung der Durchlaufzeiten.

Das Wertgerüst der Kosten stellt den zweiten Ansatzpunkt des Kostenniveaumanagements dar. Im Zentrum stehen die kostenoptimale Standortwahl, Beschaffungswesen sowie Make-or-Buy-Entscheidungen unter Beachtung von Koordinationskosten. In diesem Bereich eröffnet die neue Währungssituation der einen oder anderen Unternehmung Chancen durch Firmenübernahmen. Der stärkere Schweizer Franken macht anvisierte ausländische Ziele günstiger. Durch eine Akquisition kann ein Unternehmen den Umsatz steigern und sich (währungspolitisch) diversifizieren, die Synergien und die Skalenerträge nutzen und von den günstigeren Produktionsstandorten profitieren. Es kann also den Umsatz, die Prozesskosten und die Faktorkosten verbessern (vergleiche mit der Abbildung 3).

Analyse der Kostentreiber

Die Grundlage für die Veränderung der Kosten ist die Kenntnis über ihre wich-tigsten Kosteneinflussgrössen und deren funktionalen Abhängigkeiten. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung, in welchem Ausmass die Kostenhöhe direkt oder indirekt durch die Variation der wesentlichen Kosteneinflussgrössen verändert werden kann. Neben der Analyse der Faktorkosten im Unternehmen (zum Beispiel die Lohnkosten) muss die Kostentreiberanalyse von Anfang an auf Kunden und Lieferanten ausgedehnt werden. Die Analyse der Kostentreiber über die gesamte Wertschöpfungskette stellt die Grundlage dar, um innerhalb der Wertschöpfungskette Ansatzpunkte zu identifizieren, wo inner- und zwischenbetrieblich die Prozesskosten gesenkt und der Kundenwert gesteigert werden kann.

Es ist ausserdem essenziell, die Interaktionen und Austauschbeziehungen zwischen den Kostentreibern zu betrachten. Die Analyse der Kostentreiber impliziert die Notwendigkeit, die gesamten Prozesse zu optimieren, um langfristig die Kostensituation gegenüber den Wettbewerbern zu verbessern.

Dazu kann auf eine grosse Bandbreite an strategischen und operativen Handlungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden. Nachfolgend sind ausgewählte Massnahmen zur Kostensenkung in Bezug auf die Ressourcen, die Prozesse und die Produkte oder Dienstleistungen dargestellt (vergleiche mit der Abbildung 2). Die Erfahrungen im Kostenmanagement zeigen auf, dass eine effektive Kostenbewirtschaftung die Unternehmensstrategie und dadurch festgelegte Bereiche und Prozesse wesentlich beeinflusst.

Fazit

Die kleinen und mittelgrossen Unternehmen in der Schweiz, bei denen hohe Fixkosten in Franken den Einnahmen in einer Fremdwährung gegenüberstehen, sind von der Aufhebung des Mindestkurses besonders betroffen. Diese Unternehmen sind gezwungen, teilweise massiv auf die Kostenbremse zu treten, um der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung gerecht zu werden. Dazu müssen adäquate Informationen zu den Kosten zeitnah für die Entscheidungsträger der Unternehmen aufbereitet werden.

In der aktuellen Situation stellt daher die Beherrschung der Kosten einen signifikanten Wettbewerbsvorteil dar beziehungsweise ist von existenzieller Bedeutung. Unternehmen in der Schweiz stehen deshalb vor der Herausforderung, zeitnah ein schlagkräftiges Kostenmanagement aufzubauen, um die Kostenstruktur, den Kostenverlauf und das Kostenniveau anzupassen. Doch die Einsparungen der Kosten sollten nicht mit einem generellen «Cost Cutting» erfolgen. Vielmehr ist der gezielte Einsatz der Instrumente des Kostenmanagements angebracht. Denn nur so lassen sich die relevanten Kostentreiber exakt und zuverlässig identifizieren und wohl überlegte Reaktionen vornehmen. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses besteht bei den Unternehmen in der Schweiz ein verstärkter Bedarf nach Themen rund um das Kostenmanagement.

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