Finanzen & Vorsorge

Börsenradar

Noch hält der Aufwärtstrend

Kaufen, Halten oder Verkaufen – ein speziell auf den Schweizer Aktienmarkt ausgerichtetes Analysesystem prüft auf Basis von fünf Einzelsignalen, in welche Richtung der Börsenradar ausschlägt.
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Die Aktienbörsen in aller Welt blieben trotz der saisonal ungünstigen Zeit bisher relativ fest. Selbst höhere Inflationszahlen in den USA und Europa wurden bisher ignoriert, ebenso die wieder steigenden Corona-Infektionsdaten. Offenbar gehen die Anleger mit gewissem Recht davon aus, dass den Börsen nicht viel passieren kann, solange die Zentralbanken nicht zu einer strafferen Geldpolitik zurückkehren.

Andererseits gibt es aber auch starke Argumente für eine Korrektur von rund 20 Prozent. Denn im Durchschnitt sind vor allem US-Aktien sehr teuer ge­worden. Die 30 im Dow Jones befindlichen Aktien werden derzeit durchschnittlich mit ihrem sechsfachen Buchwert gehandelt. Das ist historischer Rekord! 

Zugegeben: Die Geschäftsergebnisse im zweiten Quartal waren meist besser als erwartet. Aber die Erfahrung lehrt, dass Grossanleger gute Unternehmensnachrichten vor allem im Sommer auch einmal nutzen, um Kursgewinne zu sichern. Dass europäische Aktien demgegenüber wesentlich günstiger bewertet sind, hilft nichts. Denn die Grossanleger verkaufen gerade dann europäische Aktien verstärkt, wenn die US-Börse schwächer wird. Doch was sagen unsere Frühindikatoren?

1. Zinssignale: Negativ

Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, steigende Zinsen schlecht. So steht es jedenfalls in allen ökonomischen Lehrbüchern. Wir achten dabei auf die Renditen der zehnjährigen Bundesobligationen und des Libor-Zinses für zwölf Monate in Schweizer Franken. Zwar haben wir in der Schweiz Minuszinsen, sowohl bei den langfristigen Obli­gationen als auch bei den kurzfristigen Geld­marktzinsen unter Banken. Zehnjährige Bundes­obligationen «rentieren» momentan bei minus 0,42 Prozent, einjährige CHF-Libor-Zinsen bei minus 0,60. Und die Zehnjährigen gingen seit acht Wochen sogar wieder stärker ins Minus, wie die Grafik zeigt. Trotzdem zeigt der Trend seit Mitte 2019 nach oben, und das ist für Aktien-Anleger ein Warnzeichen. Der Grund sind nicht zuletzt steigende Preise, vor allem bei Rohstoffen und elektronischen Bauteilen.

2. Der Saisoneffekt: Negativ

Zahlreiche Statistiken haben bewiesen, dass die Monate November bis April eine wesentlich bessere Performance am Aktienmarkt aufweisen als die Monate Mai bis Oktober. Dieses Warnzeichen wird uns also noch bis in den Herbst hinein begleiten.

3. Die Anzahl der Schweizer Aktien mit 9-Monats-Hochs und -Tiefs: Positiv

Dieser Indikator zeigt, dass der Aktienmarkt im­mer noch auf Hausse gestimmt ist. Mitte August wiesen von den 60 wichtigsten Aktien der Schweiz 30 Werte ein neues 9-Monats-Hoch auf. Und keine Aktie meldete ein 9-Monats-Tief. Aber genau dieser starke Trend nach oben ist auch ein Warn­signal. Wo sollen die Kurse denn noch hin? Aller Erfahrung nach sollte es dann auch mal wieder zu einer kurzfristigen Gegenbewegung kommen, die sich in den bekannten Baisse-Monaten Septem­ber und Oktober einstellen könnte. Anleger machen bestimmt keinen Fehler, wenn sie mal zwei Monate aus dem Aktienmarkt aus­steigen und in Ruhe die weitere Entwicklung ab­warten. Von den Standardwerten erscheinen besonders folgende Aktien vom Trend her gefährdet: Credit Suisse, Adecco, Flughafen Zürich, Baloise, Swiss RE, Zurich Insurance, Clariant.

4. Der SMI-Index: Positiv

Der Swiss Market Index liegt weiter im Auf­wärtstrend und meldet keine Schwächen. Anfang August lag der Index bei rund 12 200 Punkten. Für ein Verkaufssignal nach unserem System müsste der SMI unter einen Stand von 10 400 Punkten sinken.

5. Der Banken-Index: Positiv

Den Banken-Index beobachten wir deshalb so genau, weil er mögliche Gefahren für die Weltwirtschaft durch drohende Insolvenzen in der Regel eher anzeigt als übliche Aktienindizes wie der SMI. Er setzt sich aus zehn wichtigen Grossbanken aus aller Welt zusammen; auch die UBS ist im Banken-Index enthalten. 

Der Banken-Index meldet ebenfalls noch einen ungebrochenen Aufwärtstrend. Letzter Stand vor Redaktionsschluss 127 Punkte. Für ein Baisse-Signal nach unserem System müsste dieser Index unter 104 Punkte fallen. Ein Umstand freilich ist auch hier bedenklich. Bei 138 Punkten geriet der Banken-Index im Juni auf charttechnischen Widerstand und scheiterte damit nach dem Januar 2020 zum zweiten Mal an dieser Marke, wie die Grafik zeigt. Im Grund ist das ebenfalls ein Warnsignal. Über www.boersensignale.ch können Sie den Banken-Index wöchentlich verfolgen.

6. Summe der fünf Signale: 3:2 positiv

Es bleibt bei der knappen, aber noch stabilen Mehrheit für einen weiterhin positiven Börsentrend. Aber die steigenden Übernahmen und Aktien-Neuemissionen mahnen neben den erwähnten hohen Bewertungen zur Vorsicht. Vor allem die Tatsache, dass US-Aktien ja insgesamt viel zu hoch gehandelt werden, gibt zu denken. Man sollte sich daher vor Käufen bei jeder Aktie stets vergewissern, dass sie keinesfalls überbewertet ist. Vor allem sollten Aktien gemieden werden, die trotz guter Nachrichten nicht mehr so recht steigen wollen. Da ist ein Absturz vorprogrammiert. Kurz: Wer jetzt aussteigt, versäumt bis Ende Oktober vermutlich nicht viel.

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