Finanzen & Vorsorge

Krankenversicherungen: Anspruch und Leistung (Teil 4 von 5)

Mit Krankentaggeld Beistand leisten

Unternehmen müssen grundsätzlich keine Krankentaggeld- oder Unfallzusatzversicherung für ihre Mitarbeitenden abschliessen. Aber es liegt im beiderseitigen Interesse. Und Betriebe, die ihre Angestellten für den Ernstfall umfassend absichern, schaffen sich eine treue Belegschaft und ein gutes Image.
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Gute Arbeitskräfte zu finden und dauerhaft im Unternehmen zu halten, wird angesichts des an vielen Orten grassierenden Fachkräftemangels sowohl für kleine als auch für grosse Unternehmen zunehmend schwieriger. Der anhaltende Kostendruck erschwert es zudem, mit überdurchschnittlichen Lohn- und Lohnnebenleistungen den Ruf des eigenen Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber auszubauen. Was aber bei den Vertretern der Generation Y und Z auch nicht unbedingt zielführend ist, denn für diese Fachleute von morgen ist gemäss diverser Umfragen das Einkommen nicht das entscheidende Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers.

Armutsrisiko Krankheit

Ein machbarer Weg, um sich als Arbeitgeber von anderen zu differenzieren, ist die attraktive Ausgestaltung der Sozialversicherungen. Anstatt hier jeweils auf die minimalste, obligatorische Leistung zu dem niedrigsten Preis zu greifen, kann es sich lohnen, etwas mehr zu investieren als das Obligate und damit das Unternehmen in die Lage zu versetzen, seinen Mitarbeitenden im Falle von Krankheit oder Unfall überdurchschnittliche Leistungen bieten zu können. So stellt beispielsweise eine längere krankheitsbedingte Absenz für Arbeitnehmer oftmals ein finanzielles Risiko dar. Ein erkrankter Mitarbeitender hat zwar für eine gewisse Zeit ein Anrecht darauf, dass der Arbeitgeber ihm den Lohn weiter auszahlt, allerdings liegt dieser in den meisten Fällen bei 80 Prozent des normalen Einkommens. Bereits eine Lohneinbusse von 20 Prozent ab dem 3. Tag der Arbeitsunfähigkeit kann eine Familie mit zahlreichen finanziellen Verpflichtungen in einen Engpass bringen. Zudem muss ein Erkrankter für alle medizinischen Leistungen die gesetzlichen zehn Prozent Selbstbehalt aus eigener Tasche zahlen und, sofern er eine hohe Franchise bei der Krankenversicherung gewählt hat, auch diese noch zusätzlich tragen.

Schutz vor hohen Belastungen

Als Arbeitgeber kann man diesem Armutsrisiko seiner Mitarbeitenden entgegenwirken, indem man etwa den Lohnausfall der Mitarbeitenden zu 100 Prozent statt der üblichen 80 Prozent versichert – dies sowohl im Krankheitsfall als auch infolge eines Unfalls. Denn auch wenn ein Mitarbeitender infolge eines Unfalls dem Arbeitsplatz fernbleiben muss und die obligatorische Unfallversicherung den Einkommensausfall zahlt, erhält der Verunfallte im Normalfall 80 Prozent des versicherten Lohnes; hier wäre der Lohn zudem auf 148200 plafoniert, falls keine Zusatzdeckung abgeschlossen wird. Über eine Unfall-Zusatzversicherung kann der Arbeitgeber diese Höhe der Lohnfortzahlung aber auf 100 Prozent aufstocken und auch die Obergrenze erhöhen.

Der Abschluss der Unfallzusatzversicherung ist zwar dem Arbeitgeber freigestellt, doch die Versicherung liesse sich mit der ebenfalls freiwilligen Krankentaggeldversicherung kombinieren. Der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung ist aber – im Gegensatz zu einer Unfall­versicherung – für Arbeitgeber keinesfalls obligatorisch. Allerdings ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, den Lohn eines erkrankten Mitarbeitenden für eine bestimmte Zeit weiter zu zahlen. Die Länge dieses Zeitraums bemisst sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Region, in der das Unternehmen seinen Sitz hat, und ist in den sogenannten Berner, Basler und Zürcher Skalen festgelegt. Demnach ist ein Arbeitgeber in Zürich verpflichtet, einem erkrankten Mitarbeitenden, der dem Betrieb seit 40 oder mehr Jahren angehört, den Lohn im Krankheitsfall 46 Wochen weiter zu zahlen.

Unüberschaubares Angebot

Dies kann unter Umständen zu einer grossen finanziellen Belastung für ein Unternehmen werden, vor allem für kleinere Betriebe. Daher liegt es auch im Interesse des Arbeitgebers, freiwillig eine entsprechende Krankentaggeldversicherung und eine allfällige Unfall-Zusatzversicherung, wie oben erwähnt, abzuschliessen. Da dem Arbeitgeber der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung freigestellt ist, kann er die dafür zu entrichtenden Prämien theoretisch dem Arbeitnehmer voll belasten. Allerdings ist es in der Praxis üblich, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Prämien hälftig teilen. Zudem kann ein Gesamtarbeitsvertrag den Arbeitgeber zum Abschluss einer Krankentaggeldversicherung und Übernahme der Prämien verpflichten.  


Krankentaggeldversicherungen werden von den Allbranchenversicherern und den Krankenversicherern offeriert und es ist Aufgabe des Unternehmers, aus dem grossen Angebot das für seinen Betrieb und die Bedürfnisse seiner Mitarbeitenden passende Angebot zu finden. Da das Unternehmen als Versicherungsnehmer der Krankentaggeldversicherung fungiert, kann es auch die Konditionen festlegen und sogar bestimmte Teile der Belegschaft, zum Beispiel Teilzeitkräfte, von der Police ausschliessen. Aufgrund des differierenden Preis- und Leistungsspektrums der verschiedenen Versicherer lohnt es sich, die Leistungen vorher genau abzuklären, verschiedene Angebote einzuholen und zu vergleichen und die für den eigenen Betrieb passende Lösung auszuwählen. So kann eine Unfallzusatzversicherung und eine Taggeldversicherung für ein neu gegründetes Unternehmen aus der IT-Branche mit jungen Mitarbeitenden völlig anders ausgestaltet sein als eine entsprechende Police für einen alteingesessenen Schreinereibetrieb mit geringer Fluktuation und einem höheren Verletzungsrisiko.

Ein weiteres Kriterium bei der Wahl einer Taggeldversicherung ist die Koordination des nahtlosen Übergangs der Leistungen für einen erkrankten Mitarbeitenden nach Ablauf der maximalen Bezugsdauer von Krankentaggeldern, die bei zwei Jahren (720 Tagen) liegt. Darüber hinaus kann auch das Einkommen des Arbeitgebers in die kollektive Krankentaggeldversicherung integriert werden. Zudem sollte ein Versicherer einem Unternehmen mit einem guten Schadenverlauf auch Prämienvergünstigungen anbieten beziehungsweise zu­mindest den Prämiensatz anpassen. Ebenso kann der Übergang in die Einzelversicherung geregelt werden, sodass einem Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt, gleichbleibende Leistungen zustehen, auch wenn er dafür die Prämie einer Einzelversicherung entrichten muss, die naturgemäss höher ausfällt als bei einer kollektiven Taggeldversicherung, aber im Normalfall immer noch günstiger ist als der Neuabschluss bei einer anderen Versicherungsgesellschaft.

Insgesamt haben solche, über das vorgeschriebene Minimum hinausgehende zusätzliche Absicherungen der Mitarbeiter zwar einerseits höhere Personalnebenkosten zur Folge, bieten dem Unternehmen aber eine gute und sinnvolle Möglichkeit, sich mit überschaubaren und kalkulierbaren Mehrkosten bei der Belegschaft und innerhalb der Region und in der Branche als fürsorglicher Arbeitgeber zu positionieren. Daher ist es ebenso wichtig, die Mitarbeitenden über die getroffenen zusätzlichen Absicherungsmassnahmen zu orientieren und dies auch in Stellenausschreibungen und auf  anderen Kanälen proaktiv gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

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