Mit dem Start ins neue Jahr überprüfen viele Unternehmen ihre Strategien und bringen ihre Buchhaltung auf Vordermann. Für Finanzteams kann dies mitunter eine ziemlich unangenehme Angelegenheit sein. Finanzexperten wissen nur zu gut, wie viel Zeit und umfangreiche Kontrollen nötig sind, um sicherzustellen, dass alle Rechnungen pünktlich bezahlt, Mehrwertsteuerrückforderungen in der Buchhaltung erfasst und Spesenabrechnungen bearbeitet werden.
Erhebliche Geldstrafen möglich
Doch die Bearbeitung von Zahlungen und deren Einreichung sind nur die Spitze des Eisbergs. Alle, die schon einmal in einer Finanzabteilung gearbeitet haben, wissen auch, dass ein grosser Teil der Arbeit in der Überprüfung von Informationen auf deren Richtigkeit liegt – und darin zu vermeiden, dass Zahlungen verarbeitet werden, die nicht den Reglements des Unternehmens entsprechen.
Versäumen es Arbeitgeber, fehlerhafte Spesenabrechnungen und Rechnungen auszusondern, könnten sie sich in der Folge mit erheblichen Geldstrafen konfrontiert sehen.
Künstliche Intelligenz (KI) kann Unternehmen in diesem Prozess entlasten, wird aber noch nicht in grossem Umfang eingesetzt. Dies geht aus unserem aktuellen Bericht «The Hidden Cost of Expense Fraud and Non-Compliance» hervor, in dem die Gewohnheiten von 1500 Führungskräften aus dem Finanz- und Reisebereich sowie von 2500 Mitarbeitern in ganz Europa untersucht wurden. Interessanterweise sind es nicht nur Wissenslücken, die Arbeitgeber daran hindern, KI zu nutzen.
Kosten durch Spesenbetrug
Aber lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die Kosten werfen, die mit Spesenbetrug einhergehen. Nach unseren Studienergebnissen riskiert ein durchschnittliches europäisches Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern einen Verlust von 15 000 Euro pro Jahr. In der Schweiz liegt dieser Betrag bei 14 162 CHF und ist damit umgerechnet etwas niedriger. Dennoch sprechen beide Zahlen für sich.
Es gibt zudem weitere unsichtbare Kosten: die Zeit, die Finanz- und Reiseteams benötigen, um Spesenschummlern auf die Schliche zu kommen. Sie wenden im Durchschnitt mehr als zwei Arbeitstage pro Woche für die Bekämpfung von Spesenbetrug auf. Dieser Prozess umfasst das Erkennen fehlerhafter Spesenabrechnungen – einschliesslich unbeabsichtigter Fehler – vor und nach der Erstattung, die Überprüfung von Spesenabrechnungen sowie die Lösung von Compliance-Problemen aufgrund fehlerhafter Abrechnungen bei Prüfungen.
Überraschenderweise verlässt sich ein Viertel der europäischen Unternehmen immer noch auf Stift und Papier oder umständliche Excel-Listen, um diese komplexen Aufgaben zu erledigen. Und so verwundert es nicht, dass in der Schweiz 31 Prozent der Befragten die ausstehende Digitalisierung von Prozessen als Hürde bei der Überführung von Spesenbetrug nennen. Damit einher gehen zusätzlicher Druck für das Finanzteam sowie die Gefahr menschlicher Fehler.
Selbst diejenigen, die ihre Ausgabenprozesse digitalisiert haben, schöpfen die Möglichkeiten genutzter Software-Lösungen nicht voll aus: Nur 15 Prozent der Unternehmen in der Schweiz nutzen bereits ein automatisiertes Ausgabenmanagement. In der Folge müssen sich Finanzteams mit aufwendigen Kleinstarbeiten befassen, die leicht automatisiert werden könnten.
Die Chance durch KI
Viele Führungskräfte im Finanzwesen erkennen die unmittelbaren Vorteile an, die KI-basierte Lösungen bringen können: Etwa die Hälfte der Schweizer Befragten glaubt, dass sie ihnen helfen können, Ausgabenbetrug aufzudecken (49%) und ihre Compliance-Prozesse zu vereinfachen (57%).
Der grösste Vorteil von KI liegt in der Automatisierung alltäglichster Prozesse. Darüber hinaus kann sie Muster erkennen und helfen, betrügerische Aktivitäten vorherzusehen, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen. Auf diese Weise können sich Reise- und Finanzteams darauf konzentrieren, Mitarbeiter über Spesenreglements und die Gefahren durch vermeintlich kleine Schummeleien aufzuklären. Dadurch sind sie besser gewappnet, Betrug zu bekämpfen und reibungslosere Compliance-Prozesse zu schaffen – eine grosse Erleichterung für die alltägliche Arbeit.
Beinahe die Hälfte der Befragten im europäischen Durchschnitt ist jedoch der Meinung, dass ihr Team nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt, um KI-Tools effektiv einzusetzen. In der Schweiz zeichnet sich ein ähnliches Bild: Hier zweifeln immerhin 40 Prozent daran, dass ihr Team für den Einsatz künstlicher Intelligenz bereit ist.
Infolgedessen nutzen derzeit nur knapp zwei von zehn Schweizer Unternehmen KI zur Erkennung von internem Spesenbetrug (17%). Doch trotz dieser offensichtlichen Wissenslücken lohnt es sich, noch einen genaueren Blick auf die Gründe zu werfen, die einen stärkeren Einsatz von KI-basierten Tools bisher verhindern. So hängen einige dieser Herausforderungen auch mit einer eher emotionalen Reaktion auf KI zusammen.
Grosse Skepsis
In unserer Umfrage stellt sich heraus, dass viele Führungskräfte im Finanz- und Reisebereich über unbeabsichtigte Folgen besorgt sind. In der Schweiz ist etwa die Hälfte aller Befragten beunruhigt hinsichtlich der Auswirkungen auf die Datensicherheit und den Schutz der Privatsphäre (42%) und befürchtet, dass es zu Fehlalarmen kommen könnte, sprich, dass Mitarbeiter fälschlicherweise beschuldigt werden (40%).
Die Schweizer Befragten befürchten demnach, dass KI der Unternehmenskultur schaden könnte. Zu ihren Bedenken zählt aber auch die Sorge, dass Mitarbeiter den Einsatz von KI-Tools im Compliance-Prozess ablehnen könnten (48%). Und nicht zuletzt scheint die Angst zu bestehen, dass die Technologie zu effektiv sein könnte – 44 Prozent der befragten Schweizer Finanz- und Reiseverantwortlichen sorgen sich, dass KI ihren Arbeitsplatz gefährden könnte. Vor diesem Hintergrund sollten Finanz- und Reiseteams es vermeiden, ohne das richtige Know-how in die Welt der KI einzusteigen. Um ihnen den Start zu erleichtern, ist die Zusammenarbeit mit Partnern, die diese Technologie verstehen und wissen, wie sie im Ausgaben- und Compliance-Prozess eingesetzt werden kann, von entscheidender Bedeutung. Ebenso wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen, um Mitarbeiter zu schulen und ihre Bedenken ernst zu nehmen.