Finanzen & Vorsorge

Management-Vergütung

Lohnabweichungen bis zu 400 Prozent

Schweizer KMU haben in der Regel ein klar strukturiertes Vergütungssystem für Manager, die am Schweizer Hauptsitz arbeiten. Bei ihren Tochtergesellschaften im Ausland fehlt aber oft ein klar strukturiertes Vergütungssystem. Häufig wird den Managern zu viel bezahlt: Je höher die Funktion, desto grösser sind die Abweichungen zur marktüblichen Vergütung.
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Die Problematik der überdurchschnittlichen Vergütung in Tochtergesellschaften ist besonders häufig in Schweizer Familienunternehmen anzutreffen. Die Eigentümerfamilien haben klare Lohnvorstellungen, deren Unternehmen eine entsprechend vorgegebene Gehaltspolitik. Diese orientiert sich an den Marktprinzipien und wird von Generation zu Generation weitergegeben. In den Tochtergesellschaften im Ausland herrschen aber häufig Unklarheiten bezüglich einer angemessenen Vergütung. Die meisten dieser Schweizer KMU sind nicht börsen-kotiert und unterstehen deshalb keiner Pflicht zur Offenlegung der Löhne.

Vertrauen statt Kontrolle

Schweizer Unternehmer setzen eher auf Vertrauen als Kontrolle und machen sich dadurch angreifbarer. Tochterunternehmen von Schweizer KMU und Familienunternehmen zahlen im Ausland häufig höhere Löhne als die Tochterfirmen deutscher oder anderer europäischer Unternehmen. Die Korn Ferry Hay Group hat
bei der Managementvergütung in Tochterunternehmen im Ausland zum Teil deutliche Abweichungen zur marktkonformen Vergütung festgestellt. In der Regel erhalten die Manager zu viel. Je höher die Funktion des Managers, desto grösser ist die Abweichung. Bei den C-Suite-Positionen wie CEO, CFO oder CTO wurden die grössten Abweichungen zu einer marktkonformen Vergütung vor Ort festgestellt.

Gründe für die Diskrepanzen

Die Vergütungsunterschiede, die teils bis zu 400 Prozent des marktüblichen Salärs betragen, haben diverse Gründe. Die häufigsten sind:

  • Die verschiedenen Nebenleistungen werden nicht berücksichtigt, wenn der Lohn beurteilt wird.
  • Manager werden nach Titeln bezahlt, ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Stellenwerts.
  • Lokale Anbieter werden mit den Lohnvergleichen beauftragt. Es entstehen Gefälligkeitsgutachten.

Aus Sicht des Schweizer Hauptsitzes stehen bei der Managementvergütung im Ausland oft nur die Cash-Komponenten, der Grundlohn und Bonus, im Fokus. Der Lohn wird ohne die Nebenleistungen, wie etwa Housing Allowances, Pensionsregelungen oder Gesundheitsfürsorge, dargestellt, oder diese werden verschleiert. Die Nebenleistungen sind jedoch zwingend zu betrachten oder zu ermitteln, wenn der Lohn beurteilt wird. Gemäss den Untersuchungen der Korn Ferry Hay Group betrugen die Nebenleistungen in einzelnen Fällen zwischen 200 und 300 Prozent der Cash-Komponenten. 

Oft bezahlen die Schweizer Unternehmen die Manager in den ausländischen Tochterunternehmen nach ihren Titeln, ohne dass sie den tatsächlichen Stellenwert berücksichtigen. Es kommt häufig vor, dass Titel von Managern im Ausland aus der legalen Verantwortung für (häufig sehr kleine) rechtlich selbstständige Einheiten abgeleitet werden und nicht die tatsächliche Geschäftsverantwortung widerspiegeln. Betrachtet man den Job­inhalt, stellt sich heraus, dass die eigentliche Arbeit einen tieferen Stellenwert hat.

Oft wird weiter ausser Acht gelassen, dass der CEO des Schweizer Hauptsitzes im Vergleich zu seinem Kollegen im Ausland ein Mehrfaches an Umsatz generiert und die Verantwortung über die volle Wertschöpfungskette trägt. Ein weiterer Grund für die enormen Diskrepanzen liegt bei Lohnvergleichen. Diese werden häufig durch lokale Anbieter durchgeführt. Teilweise sind es der Landes-CEO oder das Management vor Ort, welche die Aufträge dafür erteilen. Dabei entstehen einerseits Gefälligkeitsgutachten ohne Relation zur Salärpolitik des Hauptsitzes. Andererseits hat der lokale Anbieter keine Möglichkeiten, Vergleiche im internationalen Markt anzustellen. Der Lohn wird etwa vom Schweizer Franken in die Landeswährung umgerechnet. Der CEO des Tochterunternehmens verdient so im gleichen Rahmen wie der CEO des Schweizer Hauptsitzes. Auch kann es vorkommen, dass die mit der Suche des CEOs beauftragten Executive-Search-Unternehmen ein unklares Briefing erhalten und dadurch zu teure Kandidaten anbieten. 

Jede Managementvergütung im In- und Ausland muss eingehend überprüft werden. Denn eine unstrukturierte und nicht transparente Salärpolitik führt einerseits zu übermässigen Kosten für das Unternehmen und andererseits zu internen Unruhen durch mögliche Ungerechtigkeiten beim internen und externen Lohnvergleich. Zwei Effekte sind bei einer nicht marktkonformen Managementvergütung in den ausländischen Tochterunternehmen ausgeprägt:

1. Die zu hohe Vergütung des CEOs zieht eine zu hohe Vergütung der nächsten Management-Ebene nach sich. Damit fällt die hohe Vergütung des CEOs nicht mehr auf. Dies hat wiederum eine Erhöhung der Gesamtlohnkosten zur Folge.

2. Die zu hohe Vergütung des CEOs zieht eine im Marktvergleich zu tiefe Vergütung weiterer Mitarbeitergruppen nach sich. Damit wird das Lohnbudget ausgeglichen. Da der CEO zu viel erhält, bleibt den anderen Mitarbeitenden weniger als marktüblich. 

Lösungsansätze für KMU

Bei Neurekrutierungen orientiert sich das Unternehmen meist am Lohn des Vorgängers. In diesem Moment lohnt es sich insbesondere, die Situation neu zu beurteilen, um langfristige Kosten im Rahmen zu halten. KMU haben diverse Möglichkeiten, ihre Lohnstrukturen sowohl am Hauptsitz wie auch in ihren Tochtergesellschaften im Ausland zu überprüfen:

Job-Grading-System implementieren

Unternehmen führen Funktionsbewertungen durch und implementieren gemeinsam mit den Vergütungsexperten ein international gültiges Job-Grading-System, welches als Basis für Lohnvergleiche dient.

Internationale Provider beiziehen

Unternehmen führen regelmässig Lohnvergleiche mit international tätigen Providern durch. Diese haben Zugriff auf weltweit gültige, aktuelle Lohndaten. Um vorgefärbte Vergleiche zu vermeiden, ist von einheimischen Anbietern abzuraten, etwa einen kolumbianischen Anbieter für ein kolumbianisches Unternehmen beizuziehen. 

Nebenleistungen analysieren

Die Unternehmen analysieren das komplette Vergütungspaket der Manager und beziehen dabei neben den Cash-Komponenten die wichtigsten, landesspezifisch üblichen Nebenleistungen mit ein. Vorallem die Housing Allowances, Pensions­regelungen oder die Krankenkasse machen oftmals einen beträchtlichen Teil der Kosten aus.

Executive-Search-Unternehmen briefen

Unternehmen erstellen ein detailliertes Briefing für die Executive-Search-Berater. Dieses basiert auf den ermittelten Stellenwerten und ist nicht mehr an Stellentiteln orientiert.

Das Job-Grading-System

Von allen möglichen Lösungswegen ist die Implementierung des Job-Grading-Systems am effizientesten. Die Analyse der Position dient bei Bedarf auch in Zukunft bei Neurekrutierungen als Basis für die Managementvergütung. Bereits 1943 entwickelt, ist die Hay-Methodik heute weltweit führend in Unternehmen, die ihre Lohnstrukturen überprüfen möchten. Mithilfe der Methodik wird die Position durch die Vergütungsexperten nach drei Kriterien analysiert:

  • Wissen
  • Denkleistung /Problemlösung
  • Verantwortungswert

Diesen drei Kriterien werden zwei beziehungsweise drei Dimensionen zugeordnet. Der Bewertung des Kriteriums Wissen liegen die Dimensionen Ausbildung und Erfahrung, Führungskompetenz und Sozialkompetenz zugrunde. Für die Ermittlung der Denkleistung werden das strategische Denken und die Kreativität analysiert. Und der Verantwortungswert setzt sich aus der Handlungsfreiheit, dem Einflussbereich und der Art des Einflusses zusammen:

Für die drei Kriterien beziehungsweise ihre Dimensionen werden Punkte vergeben. Diese ergeben addiert den Stellenwert. Darauf basierend ermitteln die Vergütungsexperten den landesspezifischen Lohn. Die Erfahrung zeigt, dass sich durch die ermittelten Einsparungen an vorher zu hohen Salären die Kosten für Vergütungsberater schon nach kurzer Zeit amortisieren. Ist die Position offen, profitieren die Unternehmen von einem sauberen Schnitt. Der neue Manager erhält den ermittelten Lohn. Geht es um die Rückstufung eines Managers, der nach wie vor beim Unternehmen arbeitet, ist der Fall komplexer. Lediglich Einzelfallentscheidungen lösen das Problem. Teilweise werden, vor allem bei Ausreissern, drastische Lohnkürzungen vorgenommen – z. B. über die Housing Allowances. Teilweise wird nichts unternommen, wenn der besagte Manager kurz vor der Pensionierung steht. 

Fazit

Schweizer KMU und Familienunternehmen sind gut darin beraten, die Lohnpolitik in ihren Tochterunternehmen im Ausland zu überprüfen. Etwa durch üppige Nebenleistungen erhalten Manager – verglichen mit dem tatsächlichen Wert ihrer Stelle – einen zu hohen Lohn. Eine konsequent am Stellenwert ausgerichtete, auf objektiven Lohnvergleichen internationaler Anbieter basierende Vergütungspolitik schafft Abhilfe bei Lohnungerechtigkeiten. Dadurch lassen sich Fehler in der Managementvergütung im Ausland und vor allem unnötig hohe Kosten vermeiden. 

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