Finanzen & Vorsorge

Studie: Verwaltungsräte

Honorare für das oberste Exekutivorgan gesunken

Das typische Verwaltungsratsmitglied in Schweizer KMU ist männlich, 50 Jahre oder älter, hat zwei bis drei VR-Mandate und verdient durchschnittlich rund 22 000 Franken. Damit sind die VR-Löhne seit dem Jahr 2014 um 12 Prozent gesunken.
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Die durchschnittlichen Honorare von Verwaltungsratsmitgliedern in Schweizer KMU sind im Vergleich zu 2014 um 12 Prozent gesunken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der BDO AG. Am stärksten zurückgegangen sind demnach die Entschädigungen bei den VR-Delegierten, den VR-Vizepräsidenten und den Mitgliedern von VR-Ausschüssen. Genau das sind gemäss Studie auch die Personengruppen, bei denen es seit Ende der 1990er-Jahre zu den stärksten Anstiegen gekommen war. Dieser Trend setzte sich ab dem Jahr 2008, dem Beginn der Finanzkrise, nicht mehr fort, und 2017 ist für die meisten Funktionen sogar ein deutlicher Rückgang feststellbar.

Gesunkene Honorare

In Zahlen: Über alle untersuchten Unternehmen und Positionen werden Verwaltungsratsmitglieder von KMU durchschnittlich mit etwa 22000 Franken pro Jahr entschädigt. VR-Präsidenten erhalten durchschnittlich etwas mehr als 30000 Franken. Verwaltungsratsdelegierte üben eine Doppelfunktion als VR-Mitglied und als Geschäftsleiter aus. Sie werden im Durchschnitt mit 27000 Franken für ihre Verwaltungsratstätigkeit entschädigt.


Deutlich geringer fallen die durchschnittlichen Entschädigungen für die anderen Funktionsträger aus. VR-Vizepräsidenten, Mitglieder von VR-Ausschüssen und VR-Mitglieder ohne Spezialfunktionen erhalten eine mittlere Entschädigung von 15000 bis 17000 Franken pro Jahr. Die Entschädigung unterscheidet sich laut BDO erwartungsgemäss zusätzlich zur Funktion im Verwaltungsrat auch nach der Grösse des Unternehmens, der Branche und weiterer Merkmale, auf die wir noch eingehen werden.

Starke Unterschiede

Ähnlich wie in den früheren Erhebungen der BDO gibt es deutliche Unterschiede in der Entschädigung des Verwaltungsrats nach Branchen, die allerdings im Vergleich zu den Vorjahren kleiner geworden sind. Mittelgrosse Industrieunternehmen sowie Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen entschädigen ihren Verwaltungsrat im Durchschnitt mit etwa 26000 Franken am höchsten. In allen anderen Branchengruppen liegt dieser Wert einige tausend Franken tiefer, überall jedoch über 20000 Franken.

Beim Zentralwert sind die Unterschiede etwas ausgeprägter als beim Durchschnittswert. Hier liegt die Finanzdienstleistungsbranche vorne, in welcher der entsprechende Wert 19000 Franken beträgt. Die Tatsache, dass der Zentralwert relativ nahe beim Durchschnittswert liegt, zeigt, dass die Entschädigungen in dieser Branche relativ homogen auf einem hohen Niveau sind. In der Vergangenheit war das laut BDO schon einmal anders.

Ein Vergleich über die Jahre zeigt, dass es insbesondere im Handel und bei Finanzdienstleistern zu einem deutlichen Rückgang der durchschnittlichen Entschädigung gekommen ist. Dies in den Branchen, in denen es von 1999 bis 2011 den stärksten Anstieg gegeben hatte. Der sprunghafte Anstieg der Entschädigung des Jahres 2008 bei Finanzdienstleistern wurde erneut nach unten korrigiert. BDO vermutet fehlende Erfolgshonorare als Grund dafür, dass die durchschnittliche Entschädigung von Verwaltungsräten von Finanzdienstleistern heute signifikant tiefer als vor einigen Jahren liegt.

Deutlich mehr für Präsidenten

Die besondere Stellung des Verwaltungsratspräsidenten wird auch bei der Entschädigung von durchschnittlich 30667 Franken pro Jahr deutlich, die über jener der anderen VR-Positionen liegt. Hinter diesem Durchschnittswert verbergen sich deutliche Unterschiede. Etwa drei Viertel aller VR-Präsidenten erhalten nur 30 000 Franken oder weniger für ihre Leitungs- und Kontrollfunktion; 42 Prozent erhalten sogar weniger als 10000 Franken. Demgegenüber liegt die Entschädigung bei knapp 14 Prozent höher als 50000 Franken und bei 6,4 Prozent sogar über 100000 Franken.

Der Durchschnittswert ergibt sich daher durch eine breite Basis von eher moderaten Entschädigungen und einen kleinen Teil von vergleichsweise hohen Entschädigungen. Der Zentralwert der Entschädigung des VR-Präsidenten beträgt 15000 Franken. Die Hälfte aller VR-Präsidenten von KMU in der Schweiz erhalten also nicht mehr als 15000 Franken pro Jahr.

Honorar nach Betriebsgrösse

Die Unternehmensgrösse – gemessen am Personalbestand – ist gemäss Studie ein wichtiger Bestimmungsfaktor der Honorare von Verwaltungsräten, was sich auch schon bei der Analyse der Werte für die Funktion des VR-Präsidenten gezeigt hat. Hinter dem Gesamtdurchschnitt von 22065 Franken reicht das Spektrum von 12399 Franken bei Kleinstunternehmen bis zu 46026 Franken bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden.

Bei der Interpretation des Wertes für Kleinstunternehmen ist zu berücksichtigen, dass häufig eine Personalunion zwischen der Führung des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung besteht und daher in vielen Fällen keine genaue VR-Entschädigung ausgewiesen werden konnte. Im Vergleich über die Jahre zeigt sich Folgendes: Die Konvergenz der Entschädigungen, die wir 2014 feststellen konnten, ist wieder rückläufig. Die durchschnittlichen Entschädigungen sind bei den Klein- und Kleinstunternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitenden stärker gefallen als bei den Mittelunternehmen mit 51 bis 250 Mitarbeitenden.

Kompetenzen

Erstmalig befragte die BDO AG in diesem Jahr die Verwaltungsratspräsidenten danach, wie wichtig verschiedene Aspekte bei der Zusammenstellung des Verwaltungsrats sind. Über alle Unternehmensgrössenklassen und Branchen hat die Berücksichtigung der Interessen der Eigentümer die grösste Bedeutung. Lediglich bei Grossunternehmen und Finanzdienstleistern ist dieser Aspekt etwas von geringerer Bedeutung.

Branchen- und Marktkenntnisse sowie die technologische / fachliche Kompetenz werden durchschnittlich ebenfalls als «ziemlich wichtig» eingeschätzt. Die Unabhängigkeit gegenüber der Geschäftsleitung wird deutlich unterschiedlich nach Unternehmensgrösse eingeschätzt. Während dieser Aspekt für Klein- und Kleinstunternehmen weniger wichtig ist, messen Grossunternehmen der Unabhängigkeit eine höhere Bedeutung zu. Der Aspekt einer unabhängigen Kontroll- und Steuerungsinstanz ist daher bei Grossunternehmen tendenziell eher gegeben, bei welchen gleichzeitig deutlich seltener eine Personalunion von VR-Präsident und CEO besteht.

Digitalisierung und Internationalisierung sind zwei zentrale ökonomische Trends, die die meisten Klein- und Mittelunternehmen direkt oder indirekt stark betreffen oder betreffen werden. Bei der Besetzung des Verwaltungsrats spielt die Kompetenz in Bezug auf die Digitalisierung oder die Kompetenz in Bezug auf die Internationalisierung aber nur eine untergeordnete Rolle. Die meisten befragten Verwaltungsratspräsidenten stufen diesen Aspekt als gar nicht oder weniger wichtig ein. Lediglich grössere Unternehmen messen diesem Thema eine grössere Bedeutung bei und berücksichtigen dies dann auch bei der Zusammenstellung des Verwaltungsrats.

Zahl der Mandate

Nach Branchen ist die Digitalisierung in den Bereichen Handel, Finanzdienstleistungen und Dienstleistungen allgemein noch am ehesten von Bedeutung bei der Besetzung des Verwaltungsrates. Gleiches gilt für die Industrie beim Thema
Internationalisierung. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Besetzung des Verwaltungsrats ist, wie viele andere Mandate der Verwaltungsratspräsident und die anderen Verwaltungsräte innehaben. Die Anzahl anderer Verwaltungsratsmandate ist ein Indiz für die Professionalisierung der Verwaltungsratstätigkeit.

Verwaltungsräte mit anderen Mandaten haben mehr Erfahrung und können einen besseren Vergleich mit anderen Unternehmen ziehen. Aus diesem Grund sind sie eher in der Lage, ihre Leitungs- und Kontrollfunktion unabhängig und professionell wahrzunehmen. Daher wurde die Anzahl der ausgeübten VR-Mandate auch bei der diesjährigen Durchführung der BDO Verwaltungsratsstudie erhoben. Insgesamt üben VR-Präsidenten durchschnittlich etwa 2,7 VR-Mandate aus, wobei es deutliche Unterschiede nach der Branche und der Grösse des Unternehmens gibt. Für die anderen Mitglieder des Verwaltungsrats liegt der Wert etwas niedriger, bei etwa 2,2 VR-Mandaten.
 
Hinter den angegebenen Durchschnittswerten zeigt sich jedoch eine Zweiteilung: Jeweils etwa 40 Prozent der VR-Präsidenten und der anderen VR-Mit-glieder verfügen nur über 1 VR-Mandat. Diese Personen sind vermutlich nur aufgrund ihrer Branchenkenntnisse oder der familiären Zugehörigkeit und nicht hinsichtlich ihrer VR-Erfahrungen im Verwaltungsrat aktiv. Im Gegensatz dazu haben 18 Prozent der VR-Präsidenten und 8 Prozent der übrigen VR-Mitglieder 5 oder mehr VR-Mandate inne.

Mitglieder

Die Anzahl der VR-Mitglieder ist ein wichtiges strukturelles Merkmal des Verwaltungsrats. Ähnlich wie im Jahr 2014 verfügt der Verwaltungsrat von KMU im Durchschnitt über 3 bis 4 Mitglieder (inkl. VR-Präsident). Der genaue Durchschnittswert über alle betrachteten Branchen und Grössenklassen liegt bei 3,7 Personen und ist damit genauso hoch wie bei der letzten Befragung. Der seit 2002 zu beobachtende Trend der Vergrösserung des Verwaltungsrats hat sich damit 2017 nicht weiter fortgesetzt.

Nach Branchen haben Finanzdienstleistungsunternehmen die grössten Verwaltungsräte. Wie 2017 finden sich am unteren Ende der Auflistungen die Handelsunternehmen. Wie zu erwarten, nimmt die Grösse des Verwaltungsrats mit steigender Unternehmensgrösse zu. Während der Verwaltungsrat von Kleinstunternehmen durchschnittlich mit 3,0 Personen besetzt ist, liegt dieser Wert bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden bei 5,6 Personen.

Altersstruktur und Gender

Als oberstes Exekutivorgan der Aktiengesellschaften werden Verwaltungsräte von Personen im mittleren Alter dominiert. Nur 10 Prozent der Mitglieder von Verwaltungsräten in der Schweiz sind jünger als 40 Jahre. 30 Prozent hingegen sind 60 Jahre oder älter. Im Vergleich zu 2014 lassen sich vergleichsweise wenig Veränderungen feststellen. Der Anteil der Personen im Alter von 50 bis 59 Jahren ist wieder leicht rückläufig. Andererseits ist der Anteil der Personen unter 40 Jahre nach dem vorherigen Rückgang wieder leicht angestiegen. Trotz dieser Entwicklung kann man dennoch nicht von einer spürbaren Verjüngung sprechen. Im Gegenteil, mehr als zwei Drittel aller Verwaltungsräte – und damit nur minimal weniger als 2014 – sind 50 Jahre oder älter.

Insgesamt sind 14 Prozent aller Verwaltungsräte von KMU in der Schweiz Frau-en. Der Anteil von Frauen im Verwaltungsrat liegt damit deutlich niedriger als der Frauenanteil bei der Belegschaft. Im Verwaltungsrat von Kleinstunternehmen findet man mit 17 Prozent den höchsten Anteil von Frauen. Häufig handelt es sich um Familienmitglieder. Mit zunehmender Unternehmensgrösse sinkt der Anteil und beträgt bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden nur noch 11 Prozent. Im Vergleich zu 2014 hat sich ein leichter Rückgang des Frauenanteils von 15 Prozent auf 14 Prozent ergeben. Seit den 1990er-Jahren war der Frauenanteil im VR kontinuierlich gestiegen; bereits bei der letzten Umfrage konnten wir allerdings keine weitere Zunahme mehr feststellen. Der diesjährige Rückgang ist nur klein und statistisch nicht signifikant.

Haftpflicht

Jedes Mitglied eines Verwaltungsrats eines Schweizer Unternehmens kann für den Schaden, der sich aus einer absichtlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung ergibt, haftbar gemacht werden. Eine Organhaftpflichtversicherung kann gegen die entstehenden Risiken wie Schadenersatzforderungen oder Abwehrkosten absichern. In 33 Prozent der befragten Unternehmen besitzen die Verwaltungsräte eine Organhaftpflichtversicherung.

Mit zunehmender Unternehmensgrösse nimmt gemäss der Befragung der Einsatz von Organhaftpflichtversicherungen zu. Nur ein Viertel aller Kleinstunternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitenden, jedoch fast drei Viertel aller Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden sichern ihren Verwaltungsrat entsprechend ab.

Im Vergleich zu den Vorjahren hat der Anteil der Unternehmen mit einer Organhaftpflichtversicherung kontinuierlich zugenommen (2011: 25 Prozent, 2014: 28 Prozent, 2017: 33 Prozent). Auch Klein- und Kleinstunternehmen nutzen immer stärker eine solche Versicherung, wenn auch auf niedrigem Niveau. 2011 und 2014 betrug der Anteil bei diesen Unternehmen (1–10 Mitarbeitende) nur 18 Prozent.